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BVerwG - Entscheidung vom 25.04.2018

6 B 78.17

Normen:
VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1-3

BVerwG, Beschluss vom 25.04.2018 - Aktenzeichen 6 B 78.17

DRsp Nr. 2018/14685

Erstattung von in einem gegen den Wahlausschuss geführten einstweiligen Rechtsschutzverfahren vor den Verwaltungsgerichten entstandenen Kosten; Geltendmachung eines personalen subjektiven Rechts auf das Amt des Gleichstellungsbeauftragten

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 12. September 2017 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 813,20 € festgesetzt.

Normenkette:

VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1 -3;

Gründe

Der Kläger, der im Oktober 2009 zum Stellvertreter der Gleichstellungsbeauftragten der Fakultät für Maschinenbau der Beklagten gewählt worden war, begehrt die Erstattung von Kosten, die ihm in einem gegen den Wahlausschuss der Beklagten geführten einstweiligen Rechtsschutzverfahren vor dem Verwaltungsgericht Chemnitz und vor dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht entstanden sind. Die Klage hat in der Berufungsinstanz Erfolg gehabt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.

Die Beschwerde der Beklagten, die sich auf die Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO stützt, bleibt ohne Erfolg. Soweit sie geltend macht, das Berufungsurteil weiche von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bzw. des Bundesverfassungsgerichts ab (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ) und es liege ein entscheidungserheblicher Verfahrensmangel vor (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ), sind die Darlegungsanforderungen gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO offensichtlich nicht erfüllt, da die Beschwerdebegründung insoweit keine Ausführungen enthält.

Die Rechtssache hat auch nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20. Juli 2016 - 6 B 35.16 [ECLI:DE:BVerwG:2016: 200716B6B35.16.0] - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 425 Rn. 3 und vom 21. Dezember 2017 - 6 B 43.17 [ECLI:DE:BVerwG:2017: 211217B6B43.17.0] - NVwZ 2018, 496 Rn. 6 m.w.N.). Den nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO maßgeblichen Darlegungen der Beschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.

Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf:

"Macht ein bisheriger Amtsinhaber einen Anspruch aus einem innerorganschaftlichen Recht im Interesse der Körperschaft geltend, wenn er bei der Wahl für die nächste Amtszeit nicht wiedergewählt wird und sich darauf beruft, dass die Festlegung der Amtszeit in einer Satzung (hier: Grundordnung) von Beginn an rechtswidrig gewesen sei [,] oder handelt es sich dabei allein um die Geltendmachung eines personalen subjektiven Rechts auf das Amt?"

Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision schon deshalb nicht, weil sie sich nicht auf Vorschriften des revisiblen Rechts im Sinne des § 137 Abs. 1 VwGO bezieht.

Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, dass Aufwendungen, die einem Organ oder Funktionsträger im Rahmen einer Organstreitigkeit in Wahrnehmung seiner Befugnisse entstehen, nicht von dem beteiligten Organ oder Funktionsträger selbst zu tragen sind, sondern von der juristischen Person (Gemeinde, Hochschule, etc.), in deren Interesse die Aufgabenwahrnehmung erfolgt. Die Rechtsgrundlage für die Kostentragungspflicht der Körperschaft nach einer organisationsinternen Auseinandersetzung ergebe sich aus dem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch des mit Kosten belasteten Funktionsträgers. Hiervon ausgehend hat das Oberverwaltungsgericht die von dem Kläger gegen den Wahlausschuss der Beklagten geführten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes als Organstreitverfahren mit dem Ziel der Verteidigung innerorganisatorischer Kompetenzen im Gegensatz zur Geltendmachung bloß subjektiver Rechte des Klägers bewertet und deshalb die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme bejaht. Zur Begründung hat es darauf abgestellt, der Kläger habe im Eilverfahren die Feststellung begehrt, dass seine Amtszeit als stellvertretender Gleichstellungsbeauftragter fortdauere. Das gegen die vorzeitige Beendigung der Amtszeit verteidigte Recht an dem Amt enthalte sowohl subjektive wie organschaftliche Komponenten: Einerseits stelle das Recht auf Ausübung des einmal übertragenen Amtes bis zum Ende der Amtszeit die logische Fortsetzung des subjektiven Rechts auf das Amt dar. Andererseits sei das Recht am Amt logische Voraussetzung für die Geltendmachung der Rechte aus dem Amt. Der Kläger habe auch nicht lediglich eine bloß objektive Rechtswidrigkeit der von der Beklagten auf ihn angewendeten Bestimmungen über seine Amtszeit gerügt, sondern die sich hieraus ergebende Verletzung seiner organschaftlichen Rechte als Funktionsträger geltend gemacht.

Diese Erwägungen betreffen in der Sache allein die Auslegung und Anwendung des einschlägigen Hochschulorganisationsrechts, selbst wenn das Oberverwaltungsgericht seinen rechtlichen Ausgangspunkt unter Bezugnahme auf vergleichbare Problemlagen im Kommunalverfassungsrecht und hierzu ergangene Rechtsprechung auf den ersten Blick weiter zu fassen scheint. Dass das Oberverwaltungsgericht den Kostenerstattungsanspruch des belasteten Funktionsträgers als Anwendungsfall des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs qualifiziert hat, ändert nichts an der landesrechtlichen Natur des Anspruchs. Denn dieser gewinnt seine näheren Voraussetzungen aus den Besonderheiten des jeweiligen Landesrechts. Insbesondere bestimmen sich Umfang und Grenzen aus der Rücksichtnahme- und Treuepflicht des einzelnen Funktionsträgers, die nur aus dem organisationsrechtlichen Gefüge von Organen und den ihnen jeweils zugeordneten Aufgaben und Funktionen entwickelt werden können (vgl. zum Kommunalverfassungsrecht: BVerwG, Beschluss vom 2. Juni 2014 - 8 B 98.13 - juris Rn. 11).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO . Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG .

Vorinstanz: OVG Sachsen, vom 12.07.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 2 A 385/16