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BVerwG - Entscheidung vom 20.11.2018

2 B 15.18

Normen:
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 33 Abs. 5
GG Art. 143b Abs. 3

BVerwG, Beschluss vom 20.11.2018 - Aktenzeichen 2 B 15.18

DRsp Nr. 2019/1630

Eignung eines Arztes für ein Amt der Besoldungsgruppe A 14; Berücksichtigung eines fehlenden Anerkennung als Facharzt; Übertragung der beamtenrechtlichen Alimentationspflicht eines Dienstherrn auf juristische Personen

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. November 2017 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 18 241,86 € festgesetzt.

Normenkette:

GG Art. 3 Abs. 1 ; GG Art. 33 Abs. 5 ; GG Art. 143b Abs. 3 ;

Gründe

Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und einen Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO ) gestützte Beschwerde der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Die 1955 geborene Klägerin steht als Akademische Rätin (Besoldungsgruppe A 13) im Dienst des beklagten Freistaates und ist an der Chirurgischen Klinik einer Universität tätig. In ihrer periodischen Beurteilung vom 10. September 2012 ist unter Ziffer 5.1 ausgeführt, der Klägerin solle aufgrund ihrer Leistungen angesichts neuer Anforderungen an die Laufbahnbewährungen die Beförderung nach A 14 ermöglicht werden, obwohl sie nicht die Facharztanerkennung für Chirurgie besitze. Unter Ziffer 5.3 der Beurteilung wurde der Klägerin die Eignung für ein Amt der Besoldungsgruppe A 14 zugesprochen. Unter Vorlage dieser Beurteilung beantragte die Klägerin Mitte Februar 2013 ihre Beförderung. Dieser Antrag wurde aufgrund fehlender Facharztanerkennung vom Vorstand des Klinikums abgelehnt. Trotz ihrer seit 1987 währenden Beschäftigung in verschiedenen Bereichen der Chirurgischen Klinik sei es der Klägerin nicht gelungen, eine Facharztanerkennung gleich welcher Fachrichtung zu erlangen. Sie erfülle deshalb nicht die nach den verwaltungsinternen Leitlinien des Klinikums bei Ärzten im Lebenszeitbeamtenverhältnis notwendigen Voraussetzungen für eine Beförderung in die Besoldungsgruppe A 14. Der Widerspruch der Klägerin wurde zurückgewiesen. Daraufhin hat sie mit dem Antrag Klage erhoben, den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts den Antrag der Klägerin auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihr Begehren auf Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 14 erneut zu verbescheiden. Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben. Der Verwaltungsgerichtshof hat auf die Berufung des Beklagten die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:

Die Ablehnung der Beförderung der Klägerin sei rechtmäßig; sie habe keinen Anspruch auf erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung. Einen von der Stellensituation losgelösten Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über einen Beförderungswunsch gebe es nicht. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass das Klinikum auf der Grundlage der von seinem Vorstand beschlossenen verwaltungsinternen Leitlinien bei Ernennungen und Beförderungen von Ärzten und Wissenschaftlern im Lebenszeitbeamtenverhältnis die Ablehnung auf die fehlende Facharztanerkennung der Klägerin gestützt habe. Die Organisation der bayerischen Universitätskliniken begegne keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Kliniken seien auch zum Erlass verwaltungsinterner Leitlinien befugt. Für die Verleihung des Statusamtes eines in der Krankenversorgung tätigen Akademischen Oberrats (Besoldungsgruppe A 14) wie auch sonst für Oberärzte dürfe eine Facharztanerkennung gefordert werden, weil dieses Kriterium mit dem Leistungsprinzip des Art. 33 Abs. 2 und auch Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar sei.

2. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ), die ihr die Klägerin zuweist.

Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr., BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Das ist hier nicht der Fall.

Die Klägerin sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in folgenden Fragen:

a) "Darf ein Dienstherr durch Gesetz die beamtenrechtliche Alimentationspflicht eines Dienstherrn auf Dritte, vom Dienstherrn zu unterscheidende juristische Personen übertragen, ohne dass ein Verstoß gegen das Alimentationsprinzip des Art. 33 Abs. 5 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG vorliegt?"

b) "Darf der Dienstherr die Alimentation auf demokratisch nicht ausreichend legitimierte Dritte delegieren?"

c) "Darf ein Gesetzgeber eine Alimentationsverpflichtung auf finanziell für diese Aufgabe nicht geeignete und befähigte juristische Personen übertragen?"

d) "Ist es mit dem Leistungsprinzip vereinbar, dass Dritte, mit dem Dienstherrn nicht identische juristische Personen für Beamte des Dienstherrn Beurteilungsrichtlinien und Beförderungsrichtlinien erlassen können, obwohl diesen Personen eine demokratische Legitimation fehlt?"

e) "Dürfen subjektive Voraussetzungen, die eine konkrete Laufbahnverordnung für das Eingangsamt nicht fordert, für Beförderungsämter der Laufbahn vorausgesetzt werden?"

f) "Ist ein Dienstherr, soweit er Gesetzgeber ist, im Hinblick auf Art. 143b Abs. 3 GG als Ausnahmevorschrift berechtigt, durch Gesetz sämtliche beamtenrechtlichen Verpflichtungen und Berechtigungen eines Dienstherrn auf Dritte zu übertragen, sodass trotz des formal-juristischen Verbleibs beim Dienstherrn die Rechtsbeziehung eines Beamten zu seinem Dienstherrn als entkernt angesehen werden muss?"

g) "Entspricht die Übertragung sämtlicher beamtenrechtlicher Verpflichtungen einschließlich Alimentation und amtsangemessene Beschäftigung auf Dritte den Ansprüchen auf Rechtsklarheit, Widerspruchsfreiheit und Vollständigkeit im Sinne der Entscheidung BVerwG vom 27.11.2014 ( 2 C 25.13) und wurde eine angemessene Berücksichtigung der Rechte der Beamten aus Art. 33 Abs. 2 GG i.V.m. Art. 33 Abs. 5 GG vorgenommen?"

h) "Darf für Landesbeamte im Beurteilungsverfahren die Vergleichsgruppe derart klein gehalten werden, dass in dieser Vergleichsgruppe nur diejenigen Landesbeamten aufgenommen werden, die am konkreten Dienstort tätig sind, ohne dass in einer zweiten, übergeordneten Ebene die am Dienstort erzielten Ergebnisse in Relation zu den Ergebnissen an anderen Dienstorten gestellt werden, insbesondere dann, wenn die Vergleichsgruppe nicht vom Dienstherrn, sondern von Dritten erstellt und die Beurteilung von Dritten vorgenommen wird?"

a) Die Fragen a) bis c) beziehen sich ausdrücklich auf die Alimentation der Klägerin. In der Beschwerdebegründung wird aber nicht entsprechend § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt, inwieweit sich aus der rechtsgrundsätzlichen Klärung der Fragen a) bis c) - soweit eine solche überhaupt möglich sein sollte - rechtliche Folgerungen für den mit der Klage geltend gemachten Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über das Begehren der Klägerin auf Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 14 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts ergeben.

Zudem ist die Klägerin, wie sich auch aus Art. 14 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 des Bayerischen Universitätsklinikagesetzes vom 23. Mai 2006 (GVBl. S. 285 - BayUniKlinG) ergibt, weiterhin Bedienstete des Freistaates und nicht Beamtin des Klinikums. Dementsprechend richtet sich ihr Anspruch auf amtsangemessene Alimentation gegen den Freistaat. Der Beklagte ist als Dienstherr verpflichtet, der Klägerin die sich aus seinem Besoldungsgesetz ergebende Besoldung zu dem im Gesetz bestimmten Zeitpunkt zufließen zu lassen. Die Herkunft dieser Mittel und insbesondere ihre haushaltsrechtliche Zuordnung sind für die aus Art. 33 Abs. 5 GG folgende Rechtsstellung der Klägerin unerheblich.

Der Regelung des Art. 14 Abs. 2 Nr. 4 Satz 4 BayUniKlinG, wonach das Klinikum verpflichtet ist, die ihm zugeordneten Bediensteten des Freistaates zu beschäftigen und die vollständigen Personalkosten zu tragen, kommt für die Frage, gegen welche Körperschaft sich der aus Art. 33 Abs. 5 GG folgende Anspruch der Klägerin auf amtsangemessene Alimentation richtet, keine Bedeutung zu. Ferner ist in Art. 3 Abs. 1 BayUniKlinG ausdrücklich bestimmt, dass für die Verbindlichkeiten des Klinikums - hier z.B. die Verpflichtung zur Tragung der vollständigen Personalkosten - neben dem Klinikum der beklagte Freistaat unbeschränkt haftet, wenn und soweit die Befriedigung aus dem Vermögen des Klinikums nicht zu erlangen ist (Gewährträgerschaft).

Die Frage c) kann auch deshalb nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache führen, weil die dort ausgesprochene Wertung, das Universitätsklinikum, auf das der Gesetzgeber die Alimentationsverpflichtung übertragen habe, sei für diese Aufgabe finanziell nicht geeignet und befähigt, entsprechende tatsächliche Feststellungen des Berufungsgerichts voraussetzt. Die - gegenläufigen - tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs zur Finanzierung der Stellen am Universitätsklinikum durch den beklagten Freistaat hat die Klägerin aber nicht durch entsprechende Rügen angegriffen.

b) Bei sämtlichen von der Klägerin aufgeworfenen Fragen bleibt der Zusammenhang zwischen ihrer - angestrebten rechtsgrundsätzlichen - Klärung in einem Revisionsverfahren und dem geltend gemachten Anspruch auf Neubescheidung ihres Beförderungsbegehrens unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts unklar. Insoweit genügt die Beschwerdebegründung nicht dem Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO . Es lässt sich allenfalls vermuten, dass sich die aufgeworfenen Fragen auf die die Berufungsentscheidung selbstständig tragende Begründung des Verwaltungsgerichtshofs beziehen, gegen die Konzeption des Bayerischen Universitätsklinikagesetzes bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken, das Klinikum sei zum Erlass verwaltungsinterner Leitlinien befugt und für die Verleihung des Statusamtes eines in der Krankenversorgung tätigen Akademischen Oberrats (Besoldungsgruppe A 14) wie auch sonst für Oberärzte dürfe aufgrund dieser verwaltungsinternen Leitlinien eine Facharztanerkennung gefordert werden. Es ist aber nicht Aufgabe des Gerichts im Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, Mutmaßungen über den rechtlichen Zusammenhang zwischen den aufgeworfenen Fragen und dem klageweise geltend gemachten Anspruch anzustellen.

c) Ist eine Berufungsentscheidung - wie im vorliegenden Fall - auf mehrere selbstständig tragende Gründe gestützt, kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Revision nur zugelassen werden, wenn gegenüber jeder der Begründungen ein durchgreifender Revisionszulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (vgl. u.a. BVerwG, Beschlüsse vom 15. Juni 1990 - 1 B 92.90 - Buchholz 11 Art. 116 GG Nr. 20 S. 11, vom 20. August 1993 - 9 B 512.93 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 320 S. 51 und vom 9. Dezember 1994 - 11 PKH 28.94 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4 S. 4). Daran fehlt es hier.

Die Abweisung der Klage der Klägerin auf Verpflichtung des beklagten Freistaates zur Neubescheidung ihres Begehrens auf Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 14 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hat der Verwaltungsgerichtshof selbstständig tragend auch auf die Erwägung gestützt, es gebe keinen von der Stellensituation völlig losgelösten Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über einen Beförderungswunsch. Zu dieser das Berufungsurteil selbstständig tragenden Begründung wird in der Beschwerdebegründung kein Zulassungsgrund dargelegt.

3. Der von der Klägerin geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ) ist nicht in der § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise bezeichnet.

Liegt - wie hier - kein Fall des § 135 VwGO vor, können nur Verfahrensfehler des Berufungsgerichts mit der Verfahrensrüge geltend gemacht werden, es sei denn, ein Fehler der Eingangsinstanz hätte sich in der zweiten Instanz fortgesetzt (BVerwG, Urteil vom 3. Juni 2010 - 9 C 4.09 - BVerwGE 137, 105 Rn. 15; Beschluss vom 16. November 1982 - 9 B 3232.82 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 216). Denn das Gesetz setzt in § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO voraus, dass die vom Beschwerdeführer angegriffene Entscheidung auf dem Verfahrensmangel beruhen kann. Nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO muss in der Begründung der Verfahrensmangel bezeichnet werden. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

Die Beschwerdebegründung befasst sich eingehend mit den Ausführungen des Berufungsgerichts zur Frage der Vertretung des beklagten Freistaats im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht. Es wird aber nicht dargelegt, dass und inwieweit sich der - von der Klägerin geltend gemachte - Mangel der erstinstanzlichen Vertretung des Beklagten durch das Universitätsklinikum im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof fortgesetzt hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO . Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 und Satz 4 GKG .

Vorinstanz: VGH Bayern, vom 17.11.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 3 BV 16.1539