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BVerwG - Entscheidung vom 05.11.2018

1 B 77.18

Normen:
AufenthG § 78
AufenthG § 78a Abs. 1 S. 2 Nr. 7
GG Art. 6 Abs. 1

BVerwG, Beschluss vom 05.11.2018 - Aktenzeichen 1 B 77.18

DRsp Nr. 2018/18782

Darstellen des deutschen Namens auf dem deutschen Aufenthaltstitel in gleicher Schriftgröße wie der ausländische Geburtsname i.R.d. sog. hinkenden Namensführung

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juli 2018 wird verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Normenkette:

AufenthG § 78 ; AufenthG § 78a Abs. 1 S. 2 Nr. 7 ; GG Art. 6 Abs. 1 ;

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig. Sie legt die geltend gemachten Zulassungsgründe eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ) (dazu 1.) sowie einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ) (dazu 2.) nicht in einer Weise dar, die den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt.

1. Die Rüge, das Berufungsurteil leide an dem Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ) einer Verletzung der Pflicht zur Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO ), genügt schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO .

1.1 Die Rüge einer solchen Verletzung erfordert eine substantiierte Darlegung, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, durch einen Beweisantrag hingewirkt worden ist und die Ablehnung der Beweiserhebung im Prozessrecht keine Stütze findet, oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 15. Februar 2013 - 8 B 58.12 - ZOV 2013, 40 und vom 12. Juli 2018 - 7 B 15.17 - juris Rn. 23).

1.2 Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde ersichtlich nicht. Sie hat schon die für erforderlich gehaltenen weiteren Aufklärungsmaßnahmen nicht hinreichend konkretisiert und auch nicht vorgetragen, welche tatsächlichen Feststellungen bei deren Vornahme voraussichtlich getroffen worden wären. Zudem ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen nicht, dass der Kläger durch einen Beweisantrag oder eine hinreichend bestimmte Beweisanregung im Berufungsverfahren auf eine Beweiserhebung hingewirkt hätte oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Berufungsgericht eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen.

1.3 Auch soweit die Beschwerde sinngemäß eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers durch eine Überraschungsentscheidung geltend macht, genügt sie nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO .

a) Eine Überraschungsentscheidung ist nur gegeben, wenn das Gericht, das auf den Inhalt der beabsichtigten Entscheidung regelmäßig nicht vorab hinweisen muss, auf eine rechtliche Sichtweise oder auf eine bestimmte Bewertung des Sachverhalts abstellt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht (BVerwG, Beschluss vom 8. August 2018 - 1 VR 9.18 - juris Rn. 3).

b) Dies ist mit dem Hinweis auf das erstinstanzliche Urteil, das der Klage hinsichtlich der Ausstellung eines elektronischen Aufenthaltstitels (Niederlassungserlaubnis), auf dem die deutsche Namensführung des Klägers in der gleichen Schriftgröße wie sein ägyptischer Name aufgebracht ist, stattgegeben hatte, und die Anwesenheit des Klägers in der mündlichen Verhandlung (und damit der Möglichkeit einer weiteren Substantiierung) schon deswegen nicht dargelegt, weil der Beklagte im Rahmen der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung u.a. eine entscheidungserhebliche Beeinträchtigung als Folge allein der Schriftgröße in Abrede gestellt hatte und damit - so das Berufungsgericht (UA S. 14 f.) - auf diesen "Substanzmangel" und zudem darauf hingewiesen habe, dass dieser eine Vielzahl von privatrechtlichen und Verwaltungs-Vorgängen aufgezählt habe, die der Kläger mit seinem deutschen Familiennamen abgewickelt habe. Schon dies schließt - auch ohne Rückgriff auf die dieses Ergebnis selbständig tragende weitere Begründung des Berufungsgerichts (ebd.), der Senat habe "im Verhandlungstermin die Möglichkeit eines einfachen Hinweises auf das Feld Anmerkungen ausdrücklich angesprochen", also der Sache nach den von der Beschwerde vermissten Hinweis gegeben - eine hinreichende Darlegung einer Überraschungsentscheidung aus.

2. Die Beschwerde ist auch nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

2.1 Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung entscheidungserhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Die Begründungspflicht verlangt, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Urteils, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht, substantiiert auseinandersetzt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 8. Juni 2006 - 6 B 22.06 - NVwZ 2006, 1073 und vom 11. November 2011 - 5 B 45.11 - juris Rn. 3). Die Darlegung muss sich auch auf die Entscheidungserheblichkeit des jeweils geltend gemachten Zulassungsgrunds erstrecken.

2.2 Nach diesen Grundsätzen scheidet eine Zulassung der Revision wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Fragen aus,

"ob die aktuelle gewählte Lösung, dass bei hinkender Namensführung der deutsche Name auf dem Aufenthaltstitel nur in deutlich kleinerer Schrift aufgeführt wird, rechtswidrig ist, weil damit aufgrund der in der Praxis zu erlebenden Nachteile und Beschwerlichkeiten ein nicht gerechtfertigter Eingriff in das durch Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Namensrecht zu sehen ist" bzw.

"ob ein Ausländer, der seinen ausländischen Geburtsname[n] im Pass stehen hat, aber in Deutschland berechtigt ist, einen anderen Namen zu führen (hinkende Namensführung), einen Anspruch darauf hat, dass der deutsche Name auf dem deutschen Aufenthaltstitel in gleicher Schriftgröße dargestellt wird wie der ausländische Geburtsname".

Die Beschwerde bezeichnet damit schon nicht eine bestimmte, fallübergreifende Rechtsfrage zu bestimmten Normen des revisiblen Rechts. Sie zielt der Sache nach auf eine revisionsgerichtliche Überprüfung der Ergebnisrichtigkeit der berufungsgerichtlichen Entscheidung. Soweit sie zudem für den Eingriff in aus Sicht des Klägers grundrechtlich geschützte Rechte und Ansprüche auf in der Praxis zu erlebende Nachteile und Beschwerlichkeiten abstellt, steht dies zudem im Widerspruch zu den - nicht mit Erfolg (dazu 1.) mit der Verfahrensrüge angegriffenen - tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, nach denen die vom Kläger aufgestellte Behauptung von Schwierigkeiten indes unsubstantiiert sei, so dass sie der Berufungsentscheidung nicht zu Grunde gelegt werden könnte, und verdeutlicht, dass es nicht um eine Frage des rechtlichen Maßstabes, mithin eine klärungsbedürftige Rechtsfrage, sondern - zumindest auch - um eine Tatsachenfrage geht.

Im Rahmen der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der (vermeintlich) grundsätzlicher Klärung bedürftigen Rechtsfragen setzt sich das Beschwerdevorbringen zudem nicht einmal ansatzweise mit den rechtlichen Erwägungen des Berufungsgerichts auseinander, dass ein als gegeben unterstellter Eingriff - durch Wiedergabe seines deutschen Namens in aus Sicht des Klägers zu kleiner Schrift in dem Aufenthaltstitel - in den auch aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht folgenden Schutz der Führung des durch Ehenamenswahl erworbenen Familiennamens durch Rechtssatz, u.a. aus Unionsrecht (Verordnung [EG] Nr. 1030/2002 des Rates vom 13. Juni 2002 zur einheitlichen Gestaltung des Aufenthaltstitels für Drittstaatenangehörige [ABl. L 157 S. 1]) und nationalem Recht (§§ 78 , 78a Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 AufenthG ; § 61 AufenthV und deren Anlage D14a) folgenden Gestaltungsvorgaben des Feldes "Anmerkungen" in dem elektronischen Aufenthaltstitel, gerechtfertigt sei und dies auch für eine etwaige Beeinträchtigung von Rechten aus Art. 6 Abs. 1 GG gelte.

3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO . Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3 , § 52 Abs. 2 GKG .

Vorinstanz: VGH Bayern, vom 18.07.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 19 BV 17.1260