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BVerwG - Entscheidung vom 28.08.2018

3 B 28.17

Normen:
KHRG § 5 Abs. 2
SGB V § 136c Abs. 3

BVerwG, Beschluss vom 28.08.2018 - Aktenzeichen 3 B 28.17

DRsp Nr. 2018/13648

Anspruch eines Krankenhauses auf Rügen auf einen Sicherstellungszuschlag nach § 5 Abs. 2 des Krankenhausentgeltgesetzes i.d.F. des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes (KHRG); Erfüllung des Tatbestands des geringen Versorgungsbedarfs im Sinne von § 5 Abs. 2 S. 1 KHEntgG a.F.

1. Unter Versorgungsbedarf i.S.d. § 5 Abs. 2 S. 1 KHEntgG a.F. ist der in dem jeweiligen Versorgungsgebiet (Einzugsgebiet) zu deckende Bedarf an Krankenhausleistungen zu verstehen ist. Die Bedarfsfeststellung ist an den tatsächlichen Gegebenheiten und Bedarfsstrukturen im jeweiligen Einzugsbereich auszurichten.2. Der Tatbestand des geringen Versorgungsbedarfs kann nicht mit dem Befund geringer Fallzahlen in einem Krankenhaus gleichgesetzt werden, da der Versorgungsbedarf gebietsbezogen zu bestimmen ist, während eine Kostenunterdeckung i.S.d. § 5 Abs. 2 S. 1 KHEntgG a.F. krankenhausbezogen festzustellen ist. Deshalb reicht es für den Anspruch auf Gewährung eines Sicherstellungszuschlags nach § 5 Abs. 2 KHEntgG a.F. nicht aus, dass die (notwendige) Vorhaltung von Leistungen mit den Entgelten nach § 17b Abs. 1 S. 1 KHG nicht kostendeckend finanzierbar ist. Hinzukommen muss, dass die das Defizit verursachenden geringen Fallzahlen in der Versorgungsstruktur des Einzugsgebiets (z.B. ländliches Gebiet) oder in der Leistungsart (unregelmäßig oder selten auftretende Behandlungsfälle) begründet sind.3. Gegen die Heranziehung eines landesweiten Vergleichsmaßstabs zu der Frage, wann ein Versorgungsbedarf als "gering" anzusehen ist, bestehen aus Sicht des Bundesrechts keine durchgreifenden Bedenken. § 17b Abs. 1 S. 7 KHG a.F. zeigt, dass bei der Gewährung von Sicherstellungszuschlägen die Krankenhausstrukturen des jeweiligen Landes und deren Besonderheiten berücksichtigt werden dürfen.4. Es ist eine Frage der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall, welche Krankenhäuser in die Vergleichsbetrachtung einbezogen werden und welcher Schluss aus den ermittelten Fallzahlen und Auslastungsgraden gezogen wird. Das Gleiche gilt für die Frage, ob Fallzahlen und Auslastungsgrade geeignete Kriterien zur Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens eines geringen Versorgungsbedarfs sind.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 25. Januar 2017 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 323 686 € festgesetzt.

Normenkette:

KHRG § 5 Abs. 2; SGB V § 136c Abs. 3 ;

Gründe

I

Die Klägerin ist Trägerin eines Krankenhauses auf Rügen. Sie begehrt einen Sicherstellungszuschlag nach § 5 Abs. 2 des Krankenhausentgeltgesetzes i.d.F. des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes (KHRG) vom 17. März 2009 (BGBl. I S. 534 ; im Folgenden: KHEntgG a.F.).

Nachdem in den Entgeltverhandlungen mit den Kostenträgern keine Einigung erzielt worden war, beantragte die Klägerin im März 2011 beim Beklagten, ihr für die Jahre 2010 und 2011 für die Fachabteilung Gynäkologie/Geburtshilfe einen Sicherstellungszuschlag dem Grunde nach zu bewilligen. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 29. November 2011 ab. Die dagegen erhobene Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Gewährung eines Sicherstellungszuschlags lägen nicht vor. Der Tatbestand des geringen Versorgungsbedarfs im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG a.F. sei nicht erfüllt. Von einem geringen Versorgungsbedarf könne jedenfalls dann nicht ausgegangen werden, wenn sich die Zahl der Behandlungsfälle des Krankenhauses wie hier im Landesdurchschnitt bewege. Im Jahr 2010 seien in der Abteilung Gynäkologie/Geburtshilfe des Krankenhauses der Klägerin 1 657 Fälle behandelt worden (bei einer Abteilungsgröße von 24 Betten). Der Landesdurchschnitt für Krankenhäuser mit vergleichbar großen gynäkologischen Abteilungen (Bettenzahl von 20 - 30) habe bei 1 355 Fällen gelegen (bei einer durchschnittlichen Bettenzahl von 23). Auch der Auslastungsgrad sei im Krankenhaus der Klägerin überdurchschnittlich gewesen. Im Jahr 2011 seien die Fallzahlen in der Abteilung Gynäkologie/Geburtshilfe (1 392 Fälle) nur unwesentlich hinter dem Landesdurchschnitt (1 417 Fälle) zurückgeblieben. Der Auslastungsgrad habe zwar erheblich unter dem landesdurchschnittlichen Wert gelegen. Das sei aber darauf zurückzuführen, dass die Klägerin die Bettenzahl entgegen den Festlegungen im Krankenhausplan auf 26 erhöht habe. Ein Grund für diese Kapazitätserweiterung sei weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich.

II

Die auf alle drei Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Berufungsurteil bleibt ohne Erfolg.

1. Das angegriffene Urteil weicht nicht im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ab. Die gerügte Divergenz zum Beschluss des Senats vom 12. Oktober 2016 - 3 B 66.15 [ECLI:DE: BVerwG:2016:121016B3B66.15.0] - (Buchholz 451.75 KHEntgG Nr. 8) besteht nicht.

a) Der Senat hat entschieden, dass unter Versorgungsbedarf im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG a.F. der in dem jeweiligen Versorgungsgebiet (Einzugsgebiet) zu deckende Bedarf an Krankenhausleistungen zu verstehen ist. Die Bedarfsfeststellung ist an den tatsächlichen Gegebenheiten und Bedarfsstrukturen im jeweiligen Einzugsbereich auszurichten (BVerwG, Beschluss vom 12. Oktober 2016 - 3 B 66.15 - Buchholz 451.75 KHEntgG Nr. 8 Rn. 9). Der Tatbestand des geringen Versorgungsbedarfs kann nicht mit dem Befund geringer Fallzahlen in einem Krankenhaus gleichgesetzt werden, da der Versorgungsbedarf gebietsbezogen zu bestimmen ist, während eine Kostenunterdeckung im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG a.F. krankenhausbezogen festzustellen ist. Danach reicht es für den Anspruch auf Gewährung eines Sicherstellungszuschlags nach § 5 Abs. 2 KHEntgG a.F. nicht aus, dass die (notwendige) Vorhaltung von Leistungen mit den Entgelten nach § 17b Abs. 1 Satz 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes ( KHG ) nicht kostendeckend finanzierbar ist. Hinzukommen muss, dass die das Defizit verursachenden geringen Fallzahlen in der Versorgungsstruktur des Einzugsgebiets (z.B. ländliches Gebiet) oder in der Leistungsart (unregelmäßig oder selten auftretende Behandlungsfälle) begründet sind (BVerwG, Beschluss vom 12. Oktober 2016 a.a.O. Rn. 10).

b) Von diesen Grundsätzen ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen; es hat sich der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausdrücklich angeschlossen (UA S. 15 f.). Es hat im Weiteren zugrunde gelegt, dass der Sicherstellungszuschlag nicht dazu diene, einen zu niedrigen Landesbasisfallwert zu kompensieren, sondern den Ausgleich eines strukturellen Nachteils des Einzugsgebiets bezwecke. Daraus hat es geschlossen, dass der Versorgungsbedarf "gering" sei, wenn er vom durchschnittlichen Versorgungsbedarf vergleichbarer Krankenhäuser abweiche. Die Vergleichsbetrachtung sei landes- und nicht bundesbezogen vorzunehmen, um der Krankenhausstruktur des jeweiligen Bundeslandes und insbesondere den regionalen Besonderheiten hinreichend Rechnung zu tragen. Ein landesweiter Vergleich entspreche auch dem Zweck des Sicherstellungszuschlags, strukturelle Nachteile auszugleichen. Diese seien länderspezifisch zu ermitteln, was auch daran deutlich werde, dass die Fallpauschalen in den einzelnen Bundesländern nach unterschiedlichen Landesbasisfallwerten berechnet würden (UA S. 16). Ausgehend davon hat das Oberverwaltungsgericht festgestellt, ein geringer Versorgungsbedarf sei jedenfalls nicht gegeben, wenn die Fachabteilung Gynäkologie/Geburtshilfe eines Krankenhauses Fallzahlen und eine Auslastung aufweise, die im oder über dem landesweiten Durchschnitt vergleichbar großer Fachabteilungen anderer Krankenhäuser lägen (UA S. 17).

c) Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass das Oberverwaltungsgericht damit einen abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, der von einem Rechtssatz der geltend gemachten Divergenzentscheidung abweicht. Das Oberverwaltungsgericht hat geprüft, unter welchen Voraussetzungen das Tatbestandsmerkmal "gering" erfüllt ist. Für die Beurteilung, ob der Versorgungsbedarf im jeweiligen Einzugsgebiet und die Fallzahlen des Krankenhauses als gering anzusehen sind, bedarf es der Festlegung eines Maßstabs. Ohne eine Bezugsgröße, zu der Bedarf und Fallzahlen in ein Verhältnis gesetzt werden können, fehlt die Grundlage für die Feststellung, dass ein Wert "gering" ist. Das Oberverwaltungsgericht hat als Maßstab die landesdurchschnittlichen Fallzahlen und den landesdurchschnittlichen Auslastungsgrad von Krankenhäusern mit einer vergleichbar großen Abteilung Gynäkologie/Geburtshilfe herangezogen. Daraus ergibt sich keine Divergenz zu der Senatsentscheidung vom 12. Oktober 2016 - 3 B 66.15 -, weil sich diese nicht zu den Voraussetzungen verhält, unter denen der Versorgungsbedarf oder die Fallzahlen des Krankenhauses als "gering" einzustufen sind. Dazu bestand kein Anlass, weil sich die dortige Grundsatzrüge allein auf die Frage bezog, ob es für den Anspruch nach § 5 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG a.F. darauf ankommt, wodurch die geringen Fallzahlen eines Krankenhauses verursacht sind.

2. Die Rechtssache hat auch nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO .

a) Die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen,

"Ist zur Ermittlung eines geringen Versorgungsbedarfs nach § 5 Abs. 2 KHEntgG (a.F.) kein bundesweiter Vergleich, sondern ein Vergleich der Krankenhäuser des jeweiligen Landes vorzunehmen?" und

"Lassen ein über dem Durchschnitt liegender oder zumindest den Durchschnitt nahezu erreichender Auslastungsgrad und eine überdurchschnittliche Fallzahl den Schluss zu, dass kein geringer Versorgungsbedarf nach § 5 Abs. 2 KHEntgG (a.F.) vorliegt, wobei in den Vergleich nur Krankenhäuser mit einer vergleichbaren (Abteilungs-)Größe einzubeziehen sind?",

verleihen der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie die Auslegung von ausgelaufenem oder auslaufendem Recht betreffen. Der hier streitige § 5 Abs. 2 KHEntgG i.d.F. des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes vom 17. März 2009 ist aufgrund von Art. 2 Nr. 5 Buchst. b des Krankenhausstrukturgesetzes (KHSG) vom 10. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2229 ) mit Wirkung vom 1. Januar 2016 durch den neu gefassten § 5 Abs. 2 KHEntgG ersetzt worden. Soweit nach § 5 Abs. 2 Satz 8 KHEntgG für Krankenhäuser, für die bereits vor dem 1. Januar 2016 Sicherstellungszuschläge vereinbart wurden, eine übergangsweise Anwendung der bisherigen Voraussetzungen vorgesehen ist, gilt diese Übergangsregelung nur für den Vereinbarungszeitraum bis zum 31. Dezember 2017.

Eine Rechtsfrage, die sich auf ausgelaufenes, auslaufendes oder nur übergangsweise geltendes Recht bezieht, hat regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung, da § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO eine richtungsweisende Klärung für die Zukunft herbeiführen soll. Eine Revisionszulassung kommt deshalb nur ausnahmsweise in Betracht, wenn sich die Frage für die Nachfolgeregelung offensichtlich in gleicher Weise stellt oder wenn ihre Beantwortung für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von Bedeutung ist und dies substantiiert dargelegt wird (stRspr, BVerwG, Beschlüsse vom 26. November 2009 - 6 B 33.09 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 169 Rn. 11 ff. und vom 21. Mai 2013 - 3 B 91.12 - juris Rn. 5, jeweils m.w.N.). Beides ist hier nicht der Fall.

aa) Durch die Neufassung des § 5 Abs. 2 KHEntgG i.V.m. den Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 136c Abs. 3 SGB V sind die Voraussetzungen für die Gewährung eines Sicherstellungszuschlags konkretisiert worden. Gemäß § 136c Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB V hat der Gemeinsame Bundesausschuss auch bundeseinheitliche Vorgaben zu der Frage zu beschließen, wann ein geringer Versorgungsbedarf besteht. Nach § 4 der "Regelungen des Gemeinsamen Bundesausschusses für die Vereinbarung von Sicherstellungszuschlägen gemäß § 136c Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ( SGB V ) - Sicherstellungszuschläge-Regelungen" i.d.F. vom 24. November 2016 (BAnz AT 21. Dezember 2016 B3), zuletzt geändert am 19. April 2018 (BAnz AT 22. Mai 2018 B1), liegt ein geringer Versorgungsbedarf vor, wenn die durchschnittliche Einwohnerdichte im Versorgungsgebiet des Krankenhauses unterhalb von 100 Einwohnern je Quadratkilometer liegt (§ 4 Abs. 1 Satz 2 der Sicherstellungszuschläge-Regelungen). Abweichend von Satz 2 liegt für die notwendigen Vorhaltungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Sicherstellungszuschläge-Regelungen (Fachabteilung Geburtshilfe oder Gynäkologie und Geburtshilfe) ein geringer Versorgungsbedarf vor, wenn die durchschnittliche Bevölkerungsdichte von Frauen im Alter zwischen 15 und 49 Jahren im Versorgungsgebiet des Krankenhauses unterhalb von 20 Frauen im Alter zwischen 15 und 49 Jahren je Quadratkilometer liegt (§ 4 Abs. 1 Satz 3 der Sicherstellungszuschläge-Regelungen). Das Versorgungsgebiet ergibt sich für Krankenhäuser nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Sicherstellungszuschläge-Regelungen aus den bewohnten geographischen Einheiten, die im 40-PKW-Fahrzeitminuten-Radius um das Krankenhaus liegen (§ 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 der Sicherstellungszuschläge-Regelungen). Für bestehende Krankenhäuser in Insellage gilt unbeschadet des Betroffenheitsmaßes (vgl. § 3 Satz 8 der Sicherstellungszuschläge-Regelungen) abweichend von Absatz 1 grundsätzlich ein geringer Versorgungsbedarf als gegeben (§ 4 Abs. 2 der Sicherstellungszuschläge-Regelungen). § 7 der Sicherstellungszuschläge-Regelungen enthält Verfahrensregeln, die bei der Bestimmung des Versorgungsbedarfs zu berücksichtigen sind (§ 4 Abs. 1 Satz 5 der Sicherstellungszuschläge-Regelungen). Mit Blick auf diese Konkretisierungen ist nicht erkennbar, dass sich die aufgeworfenen Fragen im Rahmen des geltenden Rechts offensichtlich in gleicher Weise wie bei § 5 Abs. 2 KHEntgG a.F. stellen.

bb) Die Beschwerde zeigt auch nicht auf, dass die zweite Ausnahme eingreift. Die Klägerin hat auf sieben ihr bekannte weitere Verfahren verwiesen, die bei den Verwaltungsgerichten anhängig seien und in denen das Tatbestandsmerkmal des geringen Versorgungsbedarfs streitig sei. Diese Zahl spricht in absoluter Hinsicht gegen das Fortbestehen einer grundsätzlichen Bedeutung der aufgeworfenen Fragen (BVerwG, Beschlüsse vom 20. Dezember 1995 - 6 B 35.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9 S. 11 f. und vom 21. Mai 2013 - 3 B 91.12 - juris Rn. 7). Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass weitere Anträge auf Gewährung eines Sicherstellungszuschlags für zurückliegende Jahre zum Teil bereits gestellt und zu einem anderen Teil im Hinblick auf die anhängigen Verfahren zurückgestellt worden sind. Anhaltspunkte für eine erhebliche Bedeutung der absolut geringen Fallzahl für das Rechtsgebiet hat die Beschwerde nicht dargelegt.

b) Unabhängig hiervon bedürfen die aufgeworfenen Fragen auch aus weiteren Gründen keiner grundsätzlichen Klärung.

Die erste Frage lässt sich beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Weder § 5 Abs. 2 KHEntgG a.F. noch § 17b Abs. 1 Satz 6 bis 8 KHG a.F. enthalten Maßstäbe oder Vorgaben dazu, wann ein Versorgungsbedarf als "gering" anzusehen ist. Sie ergeben sich auch nicht aus bundeseinheitlichen Empfehlungen im Sinne des § 17b Abs. 1 Satz 6 KHG a.F.; nach den Feststellungen in dem angegriffenen Urteil sind solche Empfehlungen durch die Selbstverwaltungspartner auf Bundesebene nicht vereinbart worden (UA S. 12; vgl. BT-Drs. 18/5372 S. 62 f.). Danach bestehen gegen die Heranziehung eines landesweiten Vergleichsmaßstabs aus Sicht des Bundesrechts keine durchgreifenden Bedenken. § 17b Abs. 1 Satz 7 KHG a.F. zeigt, dass bei der Gewährung von Sicherstellungszuschlägen die Krankenhausstrukturen des jeweiligen Landes und deren Besonderheiten berücksichtigt werden dürfen (BVerwG, Beschluss vom 12. Oktober 2016 - 3 B 66.15 - Buchholz 451.75 KHEntgG Nr. 8 Rn. 6; BT-Drs. 14/7862 S. 7 f.).

Mit der zweiten Frage zeigt die Klägerin keinen über den Einzelfall hinausgehenden Klärungsbedarf auf. Es ist eine Frage der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall, welche Krankenhäuser in die Vergleichsbetrachtung einbezogen werden und welcher Schluss aus den ermittelten Fallzahlen und Auslastungsgraden gezogen wird. Das Gleiche gilt für die Frage, ob Fallzahlen und Auslastungsgrade geeignete Kriterien zur Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens eines geringen Versorgungsbedarfs sind.

3. Die Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ) bleibt ebenfalls ohne Erfolg.

Die Klägerin bemängelt, der Vorsitzende habe das angefochtene Urteil verkündet, ohne abschließend mit den beisitzenden Richtern und ehrenamtlichen Richtern beraten und über die Entscheidung abgestimmt zu haben. Das ergebe sich aus dem Sitzungsprotokoll. Die mündliche Verhandlung sei um 15:10 Uhr unterbrochen und um 15:50 Uhr fortgesetzt worden. Die Beteiligten hätten Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme erhalten. Danach habe der Vorsitzende die mündliche Verhandlung geschlossen und - ohne eine erneute Unterbrechung der Sitzung - einen Abtrennungsbeschluss sowie das Urteil verkündet. Um 15:53 Uhr sei die Sitzung geschlossen worden. Eine Beratung und Abstimmung über die Sache könne allein während der Verhandlungsunterbrechung stattgefunden habe. Hierbei könne es sich aber nur um eine Zwischenberatung und -abstimmung gehandelt haben. Es liege daher ein Verstoß gegen § 112 VwGO vor, weil die endgültige Entscheidung allein durch den Vorsitzenden gefällt worden sei.

a) Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor. Gemäß § 112 VwGO kann das Urteil nur von den Richtern und ehrenamtlichen Richtern gefällt werden, die an der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung teilgenommen haben. Die Vorschrift verlangt die Identität der verhandelnden und der entscheidenden Richter (Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO , 4. Aufl. 2014, § 112 Rn. 1; Clausing, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO , Band II, Stand: Juni 2017, § 112, Rn. 2 f.; VGH Mannheim, Beschluss vom 5. Februar 2008 - 1 S 1922/07 - NVwZ-RR 2008, 429 Rn. 3). § 112 VwGO verbietet zum einen, dass an dem Urteil Richter mitwirken, die nicht auch am letzten Verhandlungstermin teilgenommen haben. Zudem muss das Urteil unter Beteiligung aller Richter gefällt werden, die zuletzt verhandelt haben. Daraus ergeben sich insbesondere prozessuale Regeln für den Fall des Richterwechsels (Wolff, a.a.O., Rn. 1; BVerwG, Beschlüsse vom 25. Juni 2010 - 9 B 99.09 - Buchholz 310 § 112 VwGO Nr. 13 Rn. 12 f., vom 14. März 2011 - 8 B 61.10 - ZOV 2011, 123 Rn. 23 f. und vom 26. August 2013 - 9 B 13.13 - juris Rn. 8; BGH, Urteil vom 21. April 2015 - II ZR 255/13 - NJW-RR 2015, 893 Rn. 9). Eine solche Fallkonstellation steht hier nicht in Rede.

Dass die Entscheidung eines Kollegialgerichts auf einer Beratung und Abstimmung der dazu berufenen Richter beruhen muss, folgt aus § 193 Abs. 1 GVG i.V.m. § 55 VwGO (BVerwG, Beschluss vom 13. November 2017 - 4 B 23.17 [ECLI:DE:BVerwG:2017:131117B4B23.17.0] - NVwZ 2018, 176 Rn. 14). Findet eine mündliche Verhandlung statt, kann daher über den Urteilstenor erst abschließend beraten und abgestimmt werden, wenn die Verhandlung geschlossen worden ist (§ 104 Abs. 3 Satz 1 VwGO ; BGH, Urteil vom 21. April 2015 - II ZR 255/13 - NJW-RR 2015, 893 Rn. 12). Eine Zwischenberatung ist zwar jederzeit möglich und zulässig. Ergeht das Urteil aber, ohne dass eine Schlussberatung und -abstimmung stattgefunden hat, liegt ein Verstoß gegen § 193 Abs. 1 GVG vor (Kissel/Mayer, GVG , 8. Aufl. 2015, § 193 Rn. 1 f., 33; BVerwG, Beschluss vom 13. November 2017 - 4 B 23.17 - a.a.O. Rn. 15 f.). Zudem ist § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt, wenn das Gericht bei seiner Entscheidung nicht die gesamte mündliche Verhandlung berücksichtigt.

b) Ob das Unterlassen einer abschließenden Beratung und Abstimmung (auch) einen Verstoß gegen § 112 VwGO begründet, kann offen bleiben. Die Verfahrensrüge der Klägerin ist in jedem Fall unbegründet, weil nicht ersichtlich ist, dass die Urteilsberatung unterblieben ist.

In der Rechtsprechung ist geklärt, dass in einem Fall, in dem der weitere Verfahrensablauf keine für die Entscheidungsfindung wesentlichen Erkenntnisse mehr ergeben hat, die Schlussberatung auf die kurze Verständigung darüber beschränkt werden kann, dass es bei dem in der Zwischenberatung vorläufig beschlossenen Ergebnis bleiben soll. Diese Verständigung kann auch im Sitzungssaal herbeigeführt werden (BGH, Urteil vom 21. April 2015 - II ZR 255/13 - NJW-RR 2015, 893 Rn. 17; Beschlüsse vom 31. Juli 1992 - 3 StR 200/92 - NJW 1992, 3181 , vom 5. Oktober 2000 - 3 StR 357/00 - NStZ 2001, 106 und vom 29. November 2013 - BLw 4/12 - NJW-RR 2014, 243 Rn. 28). So liegt es hier. Der Vorsitzende des erkennenden Senats beim Oberverwaltungsgericht hat mit Vermerk vom 16. Juni 2017 (Bl. 896 f. der Gerichtsakte) erklärt, das Gericht habe sich nach einer ausführlichen mündlichen Verhandlung zu einer längeren Beratung zurückgezogen, in deren Verlauf sich die Richterinnen und Richter auf eine Entscheidungsformel verständigt hätten. Nach Abschluss dieser Zwischenberatung sei die mündliche Verhandlung fortgesetzt worden. Die Beteiligten hätten Gelegenheit zu einer abschließenden Stellungnahme erhalten, davon aber keinen Gebrauch gemacht. Für diesen Fall hätten die Richterinnen und Richter beschlossen, die vorberatene Entscheidungsformel ohne erneute förmliche Beratung als Urteil zu verkünden, da kein weiterer Beratungsbedarf entstanden sei. Dementsprechend - gegenteilige Äußerungen der übrigen Senatsmitglieder hätten nicht vorgelegen - habe er das Urteil verkündet.

Die Klägerin und der Beklagte haben im Beschwerdeverfahren bestätigt, sie hätten in der mündlichen Verhandlung auf abschließende Stellungnahmen verzichtet. Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe im Schlusswort um eine Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gebeten, führt dies nicht zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung. Über die Zulassung der Revision entscheidet das Berufungsgericht von Amts wegen. Die Entscheidung ist in der Regel - so auch hier - Bestandteil des Urteilstenors. Demzufolge ergibt sich aus der Erklärung des Vorsitzenden, dass die Frage der Revisionszulassung Gegenstand der Zwischenberatung gewesen sein muss und das vorläufige Beratungsergebnis der Nichtzulassung in die vorberatene Entscheidungsformel aufgenommen wurde. Damit hat sich auch die Schlussberatung hierauf erstreckt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO . Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG . Sie entspricht der Wertfestsetzung für das Berufungsverfahren (nach Abtrennung des Verfahrens 2 LB 56/17) und berücksichtigt das wirtschaftliche Interesse der Klägerin, die den begehrten Sicherstellungszuschlag für die Jahre 2010 und 2011 jeweils mit 161 843 € beziffert hat.

Vorinstanz: OVG Mecklenburg-Vorpommern, vom 25.01.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 2 L 225/13