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BVerwG - Entscheidung vom 10.09.2018

5 B 20.18 D

Normen:
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 103 Abs. 1
GVG § 198

BVerwG, Beschluss vom 10.09.2018 - Aktenzeichen 5 B 20.18 D

DRsp Nr. 2018/17560

Angemessenheit der Dauer eines Gerichtsverfahrens bei Eintritt der Entscheidungsreife des Falles; Kenntnisnahme der Ausführungen der Prozessbeteiligten durch das Gericht

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. Februar 2018 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2 532,56 € festgesetzt.

Normenkette:

GG Art. 3 Abs. 1 ; GG Art. 103 Abs. 1 ; GVG § 198 ;

Gründe

Die auf die Zulassungsgründe der Abweichung (1.), der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (2.) und des Verfahrensmangels (3.) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die Revision ist nicht wegen der von der Klägerin gerügten Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ) zuzulassen.

Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz liegt nur vor, wenn das vorinstanzliche Gericht in Anwendung derselben Vorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden (abstrakten) Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung des übergeordneten Gerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen ist. Die Beschwerdebegründung muss darlegen im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO , dass und inwiefern dies der Fall ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14 und vom 17. Juli 2013 - 5 B 71.12 - juris Rn. 3 m.w.N.). Daran fehlt es hier.

Die Beschwerde macht zwar geltend, das Oberverwaltungsgericht sei in der angefochtenen Entscheidung von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Juli 2013 - 5 C 23.12 D - abgewichen. Hierzu trägt sie vor (Beschwerdebegründung S. 4 ff.), Ausgangpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts sei der Rechtssatz, dass es bei der Feststellung der Unangemessenheit der Verfahrensdauer auf die Umstände des Einzelfalles ankomme. Das Oberverwaltungsgericht zitiere in der angefochtenen Entscheidung das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Juli 2013 - 5 C 23.12 D -, halte sich aber tatsächlich nicht daran. Eine Abweichung von diesem Urteil liege im Hinblick auf die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts vor, wann die Entscheidungsreife des Falles eingetreten sei. Das Oberverwaltungsgericht habe die konkreten Umstände des Einzelfalles nicht berücksichtigt und sei deshalb von dem genannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen. Tatsächlich habe der Zeitpunkt der möglichen Entscheidungsreife im vorliegenden Fall nicht erst im Dezember 2014, sondern bereits im Mai jenes Jahres gelegen.

Mit diesem und ihrem weiteren diesbezüglichen Vortrag (Beschwerdebegründung S. 4 - 7) legt die Beschwerde jedoch nicht - wie es erforderlich gewesen wäre - dar, dass das Oberverwaltungsgericht einen abstrakten Rechtssatz gebildet hat, welcher einem von dem Bundesverwaltungsgericht formulierten Rechtssatz widerspricht. Die teilweise in der Art einer Revisionsbegründung gehaltene Kritik der Beschwerde an der angegriffenen Entscheidung konzentriert sich vielmehr darauf, dem Oberverwaltungsgericht eine fehlerhafte Rechtsanwendung der vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätze im Einzelfall vorzuwerfen. Unabhängig davon, inwieweit diese Kritik überhaupt berechtigt ist, vermag dieses Beschwerdevorbringen die Zulassung der Revision wegen Divergenz jedenfalls deshalb nicht zu rechtfertigen, weil das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung einer Vorschrift oder eines Rechtssatzes, den das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, den Zulässigkeitsanforderungen nicht genügt (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14, vom 25. August 2014 - 4 BN 9.14 - juris Rn. 8 f. und vom 30. März 2016 - 5 B 11.16 [ECLI:DE:BVerwG:2016: 300316B5B11.16.0] - juris Rn. 5).

Aus diesem Grund ist die Revision auch nicht wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ) zuzulassen, soweit die Beschwerde weiter geltend macht, eine Abweichung der angefochtenen Entscheidung von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Juli 2013 - 5 C 23.12 D - bestehe "erst Recht bei der Begründung des OVG für die Zeit nach der von ihm im Dezember 2014 gesehenen Entscheidungsreife des Falles". Hierzu bringt die Beschwerde unter anderem vor, dass und warum das Oberverwaltungsgericht ihrer Auffassung nach "von dem Zeitraum der völligen Untätigkeit zwischen Dezember 2014 und 7.1.2016" zu Unrecht neun Monate "zu Lasten der Klägerin" als "angeblichen Gestaltungszeitraum" abgesetzt habe (Beschwerdebegründung S. 7 ff.). Auch insoweit beschränken sich die Ausführungen der Beschwerde im Kern darauf, die Rechtsanwendung des Oberverwaltungsgerichts im Hinblick auf die genannten Merkmale anzugreifen, ohne darzulegen, dass es mit der Aufstellung abstrakter Sätze von einem Rechtssatz abgewichen ist, den das Bundesverwaltungsgericht in dem in Bezug genommenen Urteil aufgestellt hat.

Im Hinblick auf die entscheidungstragenden Rechtssätze hat das Oberverwaltungsgericht (UA S. 7 und 10) überdies gerade die Maßstäbe zur Angemessenheit der Dauer eines Gerichtsverfahrens übernommen, die das Bundesverwaltungsgericht in dem in Bezug genommenen Urteil im Wege der Auslegung des § 198 Abs. 1 GVG ermittelt hat. Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass dem Ausgangsgericht zur Ausübung seiner verfahrensgestaltenden Befugnisse - auch im Hinblick auf die richterliche Unabhängigkeit - ein Gestaltungsspielraum zuzubilligen ist, und im Hinblick darauf erläutert, dass und unter welchen Voraussetzungen Phasen der gerichtlichen Untätigkeit nach dem Eintritt der Entscheidungsreife gerechtfertigt sein können (BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 - 5 C 23.12 D - BVerwGE 147, 146 Rn. 42 ff.). Mit der Begründung der Beschwerde, die sich der Sache nach auf die Kritik beschränkt, das Oberverwaltungsgericht habe diese Maßstäbe in unzutreffender Weise angewendet, lässt sich die nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO vorausgesetzte Rechtssatzdivergenz nicht erfolgreich begründen.

2. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ) zuzulassen.

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> Nr. 26 S. 14 und vom 12. Januar 2017 - 5 B 75.16 [ECLI:DE:BVerwG: 2017:120117B5B75.16.0] - juris Rn. 4 m.w.N.). Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht.

a) Das gilt zunächst für ihr Vorbringen, dieser Fall habe

"grundsätzliche Bedeutung wegen der beiden vorstehend angesprochenen starken Verwässerungen des Begriffes der unangemessenen Dauer durch das OVG" (Beschwerdebegründung S. 9).

Insoweit trägt die Beschwerde unter anderem vor, das als überlang gerügte Ausgangsverfahren hätte in erster Instanz anstatt in zwei Jahren bereits in 58 Tagen beendet werden können, wenn der Richter den Fall zügig bearbeitet hätte. Demgegenüber habe das Oberverwaltungsgericht von diesen zwei Jahren noch sieben Monate "zu Lasten der Klägerin eliminiert, indem das OVG mit substanzlosen Floskeln eine Entscheidungsreife erst im Dezember 2014" angenommen habe. Darüber hinaus habe es eine weitere Verzögerung von neun Monaten mit der Formel vom angeblichen Gestaltungszeitraum des Richters eliminiert, "womit aber lediglich die durch die chronische Unterbesetzung des VG verursachte Verwaltung des Bearbeitungsnotstandes gemeint" sein könne, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht zu Lasten der Prozesspartei bei der Bestimmung der "unangemessenen Dauer des Verfahrens berücksichtigt werden dürfe. Es sei offenkundig, "dass in den 16 Monaten, die das OVG damit zu Lasten der Klägerin eliminiert" habe, "die Gerichtsakten der Klägerin beim VG unbearbeitet auf der Geschäftsstelle herumgelegen" hätten. Die grundsätzliche Frage sei, "ob eine solche starke Verwässerung des Anspruches aus § 198 GVG durch solche Vorgehensweise und Argumentation hingenommen werden" müsse (Beschwerdebegründung S. 10).

Die hierzu von der Beschwerde aufgeworfene Frage nach den "Verwässerungen des Begriffes der unangemessenen Dauer" durch das Oberverwaltungsgericht ist in einem Revisionsverfahren weder klärungsfähig noch klärungsbedürftig. Sie stellt sich nicht als Rechtsfrage des Bundesrechts dar, die in dieser Form einer Klärung in einem Revisionsverfahren zugeführt werden könnte. Sie betrifft nicht - wie es erforderlich wäre - den (bundes-)rechtlichen Maßstab, sondern die Rechtsanwendung im Einzelfall, die einer fallübergreifenden Betrachtung nicht zugänglich ist. Soweit die Beschwerde mit ihrer Begründung zum Ausdruck bringt, dass sie die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts sowohl hinsichtlich der Festlegung des Zeitpunkts der Entscheidungsreife als auch der Anerkennung und Bemessung eines gerichtlichen Gestaltungsspielraums nicht teilt, wendet sie sich dagegen, wie das Oberverwaltungsgericht die vom Bundesverwaltungsgericht übernommenen rechtlichen Maßstäbe im Einzelfall der Klägerin angewandt hat. Mit einer solchen Kritik an der Rechtsanwendung durch die Vorinstanz lässt sich die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache nicht schlüssig aufzeigen.

b) Die Zulassung der Revision wegen Grundsatzbedeutung ist ferner nicht mit Blick auf die von der Beschwerde aufgeworfene Frage gerechtfertigt,

"ob das Entschädigungsgericht als einzige Tatsacheninstanz in dem Verfahren nach § 198 GVG bestimmte Sachverhaltsannahmen einfach unsubstantiiert und beweislos aus der Luft greifen und vermuten darf" (Beschwerdebegründung S. 11).

Diese Frage wäre in einem Revisionsverfahren jedenfalls nicht klärungsbedürftig. Dass das Entschädigungsgericht in einem Verfahren nach § 198 GVG nicht "bestimmte Sachverhaltsannahmen einfach unsubstantiiert und beweislos aus der Luft greifen und vermuten darf", liegt nach verfahrensrechtlichen Grundsätzen auf der Hand und bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Mai 2017 - 5 B 75.15 D [ECLI:DE:BVerwG:2017: 020517B5B75.15D0] - juris Rn. 29). Bei der von der Beschwerde mit dieser Frage verknüpften Beanstandung, das Entschädigungsgericht sei bei der Festlegung der Entscheidungsreife des als überlang gerügten erstinstanzlichen Verfahrens zu einem falschen Ergebnis gelangt und habe zudem zu Unrecht einen gerichtlichen Gestaltungszeitraum des Ausgangsgerichts angenommen, handelt es sich überdies wiederum um Aspekte, welche nicht die bundesrechtlichen Maßstäbe, sondern die Rechtsanwendung durch das Oberverwaltungsgericht betreffen. Die diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerde (Beschwerdebegründung S. 9 - 11) beanstanden wiederum die Würdigung und Bewertung des Einzelfalles der Klägerin und lassen die Formulierung einer hinreichenden fallübergreifenden und noch ungeklärten Rechtsfrage des Bundesrechts nicht erkennen.

3. Aus dem Vorbringen der Beschwerde ergibt sich schließlich nicht, dass das angegriffene Urteil an einem Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ) leidet. Ein Verfahrensmangel ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. März 2014 - 5 B 48.13 - Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 62 Rn. 12 m.w.N.). Daran gemessen kommt die Zulassung der Revision nicht in Betracht.

a) Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG , § 108 Abs. 2 VwGO ) bleibt ohne Erfolg.

Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gericht ist allerdings nicht gehalten, sich mit jedem Vorbringen in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht den von ihm entgegengenommenen Vortrag der Beteiligten in seine Erwägungen einbezogen hat. Nur wenn besondere Umstände den eindeutigen Schluss zulassen, dass es die Ausführungen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen hat, wird der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 5. Februar 1999 - 9 B 797.98 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 4 S. 3 und vom 18. Februar 2015 - 5 B 16.15 - juris Rn. 26). Dies und die Entscheidungserheblichkeit des vermeintlich übergangenen Vorbringens sind von dem betreffenden Beteiligten darzulegen (BVerwG, Beschluss vom 30. Juni 2015 - 5 B 43.14 - ZOV 2015, 217 Rn. 7 m.w.N.). Dem genügt die Beschwerde nicht.

Der von ihr gerügte Verfahrensverstoß scheidet schon deshalb aus, weil ihre Schlussfolgerung nicht gerechtfertigt ist, das Oberverwaltungsgericht habe das Vorbringen der Klägerin nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in seine Erwägung einbezogen, "wie schnell die jeweilige Instanz ihres Prozesses bei zügiger Bearbeitung durch das VG und OVG hätte abgeschlossen werden können, nämlich innerhalb von 58 + 95 Tagen" (Beschwerdebegründung S. 12). Dem stehen bereits die Ausführungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils (UA S. 4) entgegen. Das Oberverwaltungsgericht hat dort den diesbezüglichen Vortrag der Klägerin ausdrücklich wiedergegeben. Allein der Umstand, dass es in den Gründen des Urteils auf dieses Vorbringen nicht nochmals explizit eingegangen und ihm im Ergebnis nicht gefolgt ist, sondern auf der Grundlage seiner rechtlichen Maßstäbe zu einer anderen Bewertung gelangt ist, rechtfertigt die Annahme mangelnder Kenntnisnahme und Erwägung schon im Ansatz nicht.

b) Einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zeigt die Beschwerde auch nicht auf, soweit sie rügt, die Vorgehensweise des Oberverwaltungsgerichts stelle sich als "Willkür im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts" dar (Beschwerdebegründung S. 12). Die Willkür liege darin, "dass das OVG die Entscheidungsreife des Falles beim VG erst im Dezember 2014 und nicht bereits im Mai 2014 gesehen hat und diese Zeitdifferenz von 7 Monaten, in der ausweislich der Gerichtsakte keine Aktivität des Richters zu erkennen" gewesen sei, "einfach ignoriert" habe. Willkürlich sei "sodann auch der zweite Schritt des OVG, indem es weitere 9 Monate ausweislich der Gerichtsakte ebenso offensichtlich fehlender Aktivität des·Richters mit der abwegigen Formel des Gestaltungspielraums zu Lasten der Klägerin elemiminiert" habe, "obwohl nach der Rechtsprechung·des BVerfG fehlende Personalkapazitäten und die daraus folgende Notstandsverwaltung der Bearbeitung der Fälle" der von der überlangen Prozessdauer betroffenen Partei gerade nicht als Minderungsgrund für ihren Anspruch aus § 198 GVG entgegengehalten werden dürften (Beschwerdebegründung S. 13).

Mit diesem Vorbringen wird jedoch ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht aufgezeigt. Damit sind Verstöße gegen Vorschriften gemeint, die den Verfahrensablauf bzw. den Weg zu dem Urteil und die Art und Weise des Urteilserlasses regeln, nicht jedoch Vorschriften, die den Urteilsinhalt betreffen und deren Verletzung sich als Mangel der sachlichen Entscheidung darstellt (BVerwG, Beschluss vom 2. November 1995 - 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 18). Der von der Beschwerde erhobene Vorwurf willkürlicher Rechtsanwendung betrifft der Sache nach die aus ihrer Sicht unzutreffende Anwendung materiellen Rechts durch das Oberverwaltungsgericht. Ein solcher Fehler, der die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung zum Gegenstand hat, kann grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 VwGO zur Zulassung der Revision führen (BVerwG, Beschlüsse vom 2. November 1995 - 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 18 f., vom 21. Februar 2003 - 9 B 64.02 - juris Rn. 6 und vom 4. Februar 2015 - 5 B 28.14 - juris Rn. 8). Diese Zulassungsgründe liegen hier indes - wie oben erläutert - nicht vor.

Zwar kann das Recht auf willkürfreie Rechtsanwendung (Art. 3 Abs. 1 GG ) auch die Auslegung und Anwendung des Verfahrensrechts betreffen (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 26. Oktober 2011 - 2 BvR 1856/10 - NJW-RR 2012, 302 Rn. 21 und vom 14. März 2012 - 2 BvR 2405/11 - NJW 2012, 1863 Rn. 20 m.w.N.). Auch wenn der von der Beschwerde erhobene Vorwurf willkürlicher Rechtsanwendung auf das Verfahrensrecht bezogen würde, könnte ihre Verfahrensrüge unter diesem Gesichtspunkt jedoch keinen Erfolg haben. Die Beschwerde hat insoweit bereits nicht aufgezeigt, welche Verfahrensnorm das Oberverwaltungsgericht in welcher Weise willkürlich verletzt haben soll.

Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wäre schließlich selbst dann nicht aufgezeigt, wenn man den Vortrag der Beschwerde dahin verstehen wollte, dass sie eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO ) rügen möchte. Ein einen Verfahrensfehler begründenden Verstoß gegen die Verpflichtung des Gerichts aus § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO , nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden, kann zwar ausnahmsweise dann anzunehmen sein, wenn das Urteil auf einer aktenwidrigen, gegen die Denkgesetze verstoßenden oder sonst von objektiver Willkür geprägten Sachverhaltswürdigung beruht (BVerwG, Beschlüsse vom 16. September 2015 - 4 VR 2.15 [ECLI:DE: BVerwG:2015:160915B4VR2.15.0] - juris Rn. 19 m.w.N. und vom 2. Mai 2017 - 5 B 75.15 D - juris Rn. 18). Für eine solche Willkür im verfahrensrechtlichen Sinne fehlen hier jedoch greifbare Anhaltspunkte. Die Beschwerde hat einen der vorgenannten Fälle nicht annähernd schlüssig aufgezeigt, sondern sich auf eine inhaltliche Kritik der tatrichterlichen Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung durch das Oberverwaltungsgericht beschränkt, der sie ihre eigene Bewertung entgegengesetzt hat. Mit dem Vorbringen, dass die dem Tatsachengericht vorbehaltene Feststellung des Sachverhalts und die Beweiswürdigung sachlich falsch gewesen seien, lässt sich die Revisionszulassung nicht erreichen.

4. Von einer weiteren Begründung wird nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO abgesehen.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO . Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3 GKG .

Vorinstanz: OVG Nordrhein-Westfalen, vom 21.02.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 13 D 62/17