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BGH - Entscheidung vom 04.09.2018

VIII ZR 127/17

Normen:
ZPO § 45 Abs. 1

BGH, Beschluss vom 04.09.2018 - Aktenzeichen VIII ZR 127/17

DRsp Nr. 2018/13619

Zulässigkeit eines Ablehnungsgesuchs gegen mehrere Richter aufgrund behaupteter Parteilichkeit; Begründetheit einer Anhörungsrüge

Ein Ablehnungsgesuch, das zwar eine Begründung für eine angebliche Befangenheit enthält, dessen Begründung aber aus zwingenden rechtlichen Gründen ein Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens oder das Verhalten des abgelehnten Richters nicht erfordert, ist zur Begründung der Besorgnis einer Befangenheit grundsätzlich ungeeignet und steht einem von vornherein unzulässigen Ablehnungsgesuch ohne Angabe eines Ablehnungsgrundes gleich.

Tenor

1.

Die erneuten Ablehnungsgesuche des Klägers gegen die Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Milger, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fetzer sowie die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bünger und Kosziol werden als unzulässig verworfen.

2.

Die Anhörungsrügen des Klägers gegen die Senatsbeschlüsse vom 4. Juli 2017, vom 26. September 2017 und vom 10. April 2018 werden auf seine Kosten zurückgewiesen.

3.

Die Gegenvorstellungen und die sonstigen "Rechtsbehelfe" des Klägers gegen die Senatsbeschlüsse vom 26. September 2017 und 10. April 2018 werden auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

4.

Die erneuten Anträge des Klägers auf Beiordnung eines Notanwalts werden abgelehnt.

5.

Die erneuten Ablehnungsgesuche des Klägers gegen den Richter am Bundesgerichtshof Dr. Schneider werden zurückgewiesen.

6.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Landgerichts München I - 14. Zivilkammer - vom 4. Mai 2017 wird - bei Ansatz eines Streitwerts von 30.000 € - auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

Normenkette:

ZPO § 45 Abs. 1 ;

Gründe

I.

1. Die erneuten, nach dem 17. Juli 2018 eingereichten Ablehnungsgesuche des Klägers gegen die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Fetzer sowie die Richter Dr. Bünger und Kosziol sind - und zwar unter Mitwirkung dieser Richter, soweit diese nach der Geschäftsverteilung des Senats zur Entscheidung berufen sind - als unzulässig zu verwerfen.

Grundsätzlich entscheidet über ein Ablehnungsgesuch zwar das Gericht, dem der abgelehnte Richter angehört, ohne dessen Mitwirkung (§ 45 Abs. 1 ZPO ). Aus Gründen der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens ist der abgelehnte Richter in klaren Fällen eines unzulässigen oder missbräuchlich angebrachten Ablehnungsgesuchs aber zur Vermeidung eines aufwendigen und zeitraubenden Ablehnungsverfahrens an der weiteren Mitwirkung nicht gehindert. Denn bei eindeutig unzulässigen oder rechtsmissbräuchlichen Ablehnungsgesuchen setzt die Prüfung des Ablehnungsgesuchs keine Beurteilung des eigenen Verhaltens des abgelehnten Richters voraus und stellt mithin auch keine echte Entscheidung in eigener Sache dar.

Ein Ablehnungsgesuch, das - rein formal betrachtet - zwar eine Begründung für eine angebliche Befangenheit enthält, dessen Begründung aber aus zwingenden rechtlichen Gründen - ohne nähere sachliche Prüfung und losgelöst von den konkreten Umständen des Einzelfalls - ein Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens oder das Verhalten des abgelehnten Richters nicht erfordert, ist zur Begründung der Besorgnis einer Befangenheit grundsätzlich ungeeignet und steht einem von vornherein unzulässigen Ablehnungsgesuch ohne Angabe eines Ablehnungsgrundes gleich. Darüber kann deshalb abweichend vom Wortlaut des § 45 Abs. 1 ZPO das Gericht unter Mitwirkung des abgelehnten Richters entscheiden (st. Rspr; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 25. Januar 2016 - I ZB 15/15, juris Rn. 4 f.; vom 20. Juli 2016 - VIII ZA 32/15, juris Rn. 2 f.; vom 13. Juni 2018 - IV ZA 5/18, juris Rn. 5; BVerfG, NJW 2005, 3410 , 3412; jeweils mwN).

So liegt der Fall hier. Objektive Gründe, die geeignet erscheinen könnten, vom Standpunkt des Klägers bei vernünftiger Betrachtung aller Umstände die Befürchtung zu wecken, die abgelehnten Richter hätten der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber gestanden, sind auch mit den jetzigen Eingaben weder aufgezeigt noch sonst erkennbar. Vielmehr zielen die vom Kläger erhobenen Vorwürfe in der Sache auch weiterhin darauf ab, dass er die vom Senat in diesem Verfahren zu seinem Nachteil geäußerte Rechtsauffassung für verfehlt hält (vgl. hierzu bereits Senatsbeschluss vom 10. April 2018 - VIII ZR 127/17, juris Rn. 6).

2. Die Anhörungsrügen gegen die Senatsbeschlüsse vom 4. Juli 2017, vom 26. September 2017 und vom 10. April 2018 sind unbegründet.

Der Senat hat das vom Kläger als übergangen gerügte Vorbringen jeweils geprüft, aber mangels Erheblichkeit nicht für durchgreifend erachtet. Der Umstand, dass der Senat eine dem Kläger nicht genehme Rechtsposition eingenommen hat, stellt keine Verletzung des Rechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs dar (vgl. BVerfGE 64, 1 , 12; BGH, Beschlüsse vom 9. März 2016 - IV ZR 266/14, juris Rn. 1; vom 18. August 2016 - III ZR 168/15, juris Rn. 2; vom 4. Oktober 2016 - VIII ZA 32/15, juris Rn. 3).

3. Im Übrigen sind die Senatsbeschlüsse vom 26. September 2017 und 10. April 2018 nicht anfechtbar; die vom Kläger eingelegten "Rechtsbehelfe" sowohl gegen die Ablehnung auf Beiordnung eines Notanwalts als auch gegen die Zurückweisung des gegen den Richter Dr. Schneider gerichteten Ablehnungsgesuchs sind unstatthaft (§ 78b Abs. 2 , § 567 Abs. 1 ZPO sowie § 46 Abs. 2 Alt. 2, § 567 Abs. 1 ZPO ). Ebenso wenig vermag der Kläger im Wege von Gegenvorstellungen die von ihm begehrte Aufhebung dieser Senatsbeschlüsse zu erreichen (vgl. hierzu etwa BGH, Beschlüsse vom 27. Juli 2018 - I ZB 101/17, juris Rn. 1; vom 22. Oktober 2015 - VI ZR 25/14, juris Rn. 1; jeweils mwN); solche wären überdies aus den in den betreffenden Beschlüssen ausgeführten Gründen auch in der Sache unbegründet.

4. Die erneuten, nach dem 26. September 2017 eingegangenen Anträge des Klägers auf Beiordnung eines Notanwalts (§ 78b Abs. 1 ZPO ) werden nach erneuter Prüfung ebenfalls aus den im Senatsbeschluss vom 26. September 2017 ausgeführten und nach wie vor zutreffenden Gründen abgelehnt.

5. Die erneuten, nach dem 10. April 2018 eingegangenen Ablehnungsgesuche gegen den Richter Dr. Schneider sind unbegründet. Soweit der Kläger diese Ablehnungsgesuche auch auf die Mutmaßung gestützt hat, der Richter und/oder seine Ehefrau könnten möglicherweise direkt oder mittelbar aufgrund der Herkunft des Richters aus der Münchener Justiz Leistungen von Rechtsanwälten oder anderen am Verfahren beteiligten oder hierdurch begünstigten Personen erhalten haben, ist dies - wie zusätzlich die dienstliche Äußerung des Richters belegt - ohne jeglichen objektiven Anhalt.

6. Die am 8. Juni 2017 eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht durch einen beim Revisionsgericht zugelassenen Rechtsanwalt innerhalb der von der Vorsitzenden bis zum 25. September 2017 verlängerten Frist begründet worden ist (§ 544 Abs. 2 , § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO ). Damit haben sich auch die Gegenvorstellung und sonstige "Rechtsbehelfe" des Klägers gegen den Senatsbeschluss vom 4. Juli 2017, mit welchem der Senat die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus den Urteilen der Vorinstanzen abgelehnt hat, ebenso wie erneute Anträge nach § 719 Abs. 2 ZPO , erledigt.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO .

Vorinstanz: AG München, vom 14.12.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 452 C 23314/15
Vorinstanz: LG München I, vom 04.05.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 14 S 22108/16