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BGH - Entscheidung vom 30.08.2018

III ZR 42/18

Normen:
KHG § 17 Abs. 1 S. 5
KHEntgG §§ 7 ff.

BGH, Beschluss vom 30.08.2018 - Aktenzeichen III ZR 42/18

DRsp Nr. 2018/12880

Zahlungsbegehren einer räumlich und organisatorisch mit einem Plankrankenhaus verbundenen Privatklinik für eine stationäre Krankenhausbehandlung; Bindung der Privatklinik an die sich aus dem Krankenhausfinanzierungsgesetz und dem Krankenhausentgeltgesetz ("DRG-Fallpauschalensystem") geltenden Entgeltobergrenzen

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe - Zivilkammer XIX - vom 2. Februar 2018 gemäß § 552a Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Beschlusses.

Normenkette:

KHG § 17 Abs. 1 S. 5; KHEntgG §§ 7 ff.;

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung restlichen Entgelts für eine stationäre Krankenhausbehandlung in Anspruch.

Bei der 1995 gegründeten A. Sportklinik handelt es um eine öffentlich nicht geförderte Privatklinik. Die in demselben Gebäudekomplex in der R. Straße in P. untergebrachte A. Klinik wurde im Jahr 2006 gegründet und wird als Plankrankenhaus durch das Land Baden-Württemberg öffentlich gefördert. Wegen der näheren Einzelheiten zur räumlichen und organisatorischen Verbundenheit der beiden Krankenhäuser wird auf das Senatsurteil vom 17. Mai 2018 - III ZR 195/17, BeckRS 2018, 10540 Rn. 2-4, 65-69 (zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) verwiesen.

Die Beklagte wurde am 21. März 2013 in der A. Sportklinik an der rechten Schulter operiert und anschließend bis zum 22. März 2013 stationär behandelt. Unter dem 26. März 2013 berechnete die Klägerin einen Betrag von 6.284,91 € (einschließlich Einbettzimmerzuschlag von 116,62 €). Hierauf wurden vonseiten der Beklagten - inklusive Einbettzimmerzuschlag - 2.167,79 € bezahlt. Der mit der Klage geltend gemachte Betrag von 4.117,12 € entspricht der Differenz zwischen den Privattarifen der Klägerin und dem Entgelt, das sich für die stationäre Behandlung in einem Plankrankenhaus auf der Basis des DRG-Fallpauschalensystems ergibt.

Die Klägerin hat geltend gemacht, sie sei als reine Privatklinik berechtigt, ihre Preise mit den Patienten im Rahmen des bürgerlichen Rechts frei zu vereinbaren, und unterliege nicht den preisrechtlichen Vorgaben des seit dem 1. Januar 2012 geltenden § 17 Abs. 1 Satz 5 Krankenhausfinanzierungsgesetz ( KHG ). Mit dieser Bestimmung, die die Entgelthöhe für allgemeine Krankenhausleistungen auf die Pflegesätze eines Plankrankenhauses beschränke, habe der Gesetzgeber auf die nachträgliche (missbräuchliche) Ausgründung von Privatkliniken aus bestehenden Plankrankenhäusern reagieren wollen. Demgegenüber sei die Klägerin schon vor der A. Klinik gegründet worden. § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG sei zudem formell und materiell verfassungswidrig und damit nichtig. Jedenfalls schließe § 20 KHG seine Anwendung aus. Die beiden Kliniken seien nicht organisatorisch verbunden. Es fehle auch an der erforderlichen räumlichen Nähe, da die A. Sportklinik in P. einen weiteren Standort unterhalte.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg gehabt. Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt sie ihren auf Zahlung von 4.117,12 € nebst Zinsen gerichteten Klageantrag weiter.

II.

Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht (mehr) vorliegen und das Rechtsmittel im Ergebnis keine Aussicht auf Erfolg hat.

1. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, einem weiteren Vergütungsanspruch der Klägerin stehe die Vorschrift des § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG entgegen, wodurch der Entgeltanspruch auf den bereits bezahlten Betrag gemäß § 134 BGB begrenzt werde. Gegen die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift bestünden keine Bedenken. Ihrer Anwendbarkeit stehe auch § 20 Satz 1 KHG nicht entgegen, wobei offen bleiben könne, ob ein Fall der Spezialität oder ein schlichtes Redaktionsversehen des Gesetzgebers vorliege. § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG sei nicht allein auf nachträglich - und missbräuchlich - aus einem bestehenden Plankrankenhaus ausgegründete Privatkliniken anwendbar, sondern finde auch im zeitlich umgekehrten Fall (mithin auch im Streitfall) Anwendung. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm lägen vor. Bei der A. Sportklinik handele es sich um eine "Einrichtung" im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG . Sie liege in "räumlicher Nähe" zu der A. Klinik und sei mit dieser auch "organisatorisch verbunden". Unstreitig sei die durchgeführte Operation vom Versorgungsauftrag der A. Klinik umfasst.

Das Berufungsgericht hat die Revision im Hinblick auf eine Vielzahl parallel gelagerter Rechtsstreitigkeiten nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO zugelassen.

2. a) Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht (mehr) vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO ). Maßgeblich ist insoweit der Zeitpunkt der Entscheidung des Revisionsgerichts (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 24. September 2015 - III ZR 363/14, BeckRS 2015, 17165 Rn. 8 und vom 30. November 2017 - III ZR 622/16, BeckRS 2017, 135558 Rn. 8; BGH, Beschluss vom 20. Januar 2005 - I ZR 255/02, NJW-RR 2005, 650 f jew. mwN). Die im Streitfall entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind durch das in einer identisch gelagerten Sache ergangene Urteil des Senats vom 17. Mai 2018 ( III ZR 195/17, BeckRS 2018, 10540, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) inzwischen höchstrichterlich - zum Nachteil der Klägerin - geklärt.

b) Danach hat die Revision der Klägerin keine Aussicht auf Erfolg.

aa) Unstreitig ist ihre Entgeltforderung bis zur Höhe der nach dem DRG-System berücksichtigungsfähigen Fallpauschale (§ 17b KHG i.V.m. §§ 7 ff KHEntgG) durch Zahlung erfüllt. Einem darüber hinausgehenden Vergütungsanspruch steht die Regelung des § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG entgegen, wonach eine mit einem Plankrankenhaus räumlich und organisatorisch verbundene Privatklinik für allgemeine, dem Versorgungsauftrag des Plankrankenhauses entsprechende Krankenhausleistungen an die Entgeltobergrenzen gebunden ist, die sich aus dem Krankenhausfinanzierungsgesetz und dem Krankenhausentgeltgesetz ("DRG-Fallpauschalensystem") sowie der Bundespflegesatzverordnung ergeben (Senatsurteil aaO Rn. 16 mwN). Im Streitfall ist die Entgeltforderung der A. Sportklinik somit von Anfang an nur in Höhe der maßgeblichen - von der Patientin bereits bezahlten - Fallpauschale entstanden.

bb) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Verfassungsmäßigkeit von § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG . Die Vorschrift ist weder formell noch materiell verfassungswidrig (Senatsurteil aaO Rn. 17-59).

cc) Entgegen der Auffassung der Revision besteht keine Notwendigkeit, die Vorschrift des § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG unter Berücksichtigung ihrer Entstehungsgeschichte sowie ihres Sinns und Zwecks teleologisch bzw. verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass von ihrem Anwendungsbereich nur die von dem Träger eines vorbestehenden Plankrankenhauses "ausgegründete" oder erstmalig gegründete Privatklinik erfasst wird. Die mit der angeordneten Preisobergrenze verfolgten Ziele des Gesetzgebers gelten sowohl für den Fall der Ausgründung einer Privatklinik als auch für den Fall der Ausgründung eines Plankrankenhauses am Standort einer bereits bestehenden Privatklinik. In beiden Fallkonstellationen besteht in gleicher Weise die Möglichkeit der "Verlagerung" von Privatpatienten in die mit dem Plankrankenhaus verbundene private Einrichtung mit der Folge, für weitgehend identische Krankenhausleistungen deutlich höhere Entgelte verlangen zu können (Senatsurteil aaO Rn. 43-47).

dd) Zutreffend hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass die Anwendung von § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG auf nicht öffentlich geförderte Privatkliniken (ohne Versorgungsauftrag) nicht durch § 20 Satz 1 KHG ausgeschlossen ist. Beide Vorschriften haben unterschiedliche Regelungsgegenstände (Senatsurteil aaO Rn. 61). Außerdem greift der Grundsatz "lex posterior derogat legi priori" ein (Senatsurteil aaO Rn. 62).

ee) Das Berufungsgericht ist schließlich ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich bei der A. Sportklinik um eine Einrichtung im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG handelt, die in räumlicher Nähe zu der A. Klinik, einem Plankrankenhaus, liegt und mit dieser auch organisatorisch verbunden ist (Senatsurteil aaO Rn. 65-69).

Die organisatorische Verbundenheit zwischen der A. Sportklinik und der A. Klinik wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die zuständigen Landesbehörden nach regelmäßiger Überprüfung keine Beanstandungen gemäß § 32 des Landeskrankenhausgesetzes Baden-Württemberg (LKHG) erhoben haben. Diese Bestimmung verlangt lediglich eine eindeutige "Abgrenzung" in räumlicher, personeller und organisatorischer Hinsicht. Dies schließt jedoch - wie gerade das Beispiel der A. Sportklinik zeigt - eine "organisatorische Verbundenheit" im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG nicht aus (Senatsurteil aaO Rn. 69).

Vorinstanz: AG Pforzheim, vom 29.06.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 2 C 314/16
Vorinstanz: LG Karlsruhe, vom 02.02.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 19 S 140/17