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BGH - Entscheidung vom 12.02.2018

AnwZ (Brfg) 67/17

Normen:
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7
BRAO § 112e S. 2

BGH, Beschluss vom 12.02.2018 - Aktenzeichen AnwZ (Brfg) 67/17

DRsp Nr. 2018/4850

Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögenverfalls; Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Rechtsanwalts

Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist wegen Vermögensverfall zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Nach der gesetzlichen Regelung wird ein Vermögensverfall unter anderem dann vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet ist.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das ihm am 11. Oktober 2017 an Verkündungs statt zugestellte Urteil des I. Senats des Anwaltsgerichtshofs Baden-Württemberg wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Normenkette:

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7 ; BRAO § 112e S. 2;

Gründe

I.

Der Kläger wurde am 17. Februar 1993 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom 9. Oktober 2016 widerrief die Beklagte die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ). Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, den er jedoch nicht begründete. Der Vorstand der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 17. März 2017 zurück. Die hiergegen gerichtete Klage des Klägers hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen. Der Kläger beantragt nunmehr die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs.

II.

Der Antrag des Klägers ist nach § 112e Satz 2 BRAO , § 124a Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.

1. Ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 112e Satz 2 BRAO , § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ) bestehen nicht. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (BGH, Beschluss vom 29. Dezember 2016 - AnwZ (Brfg) 36/16, juris Rn. 3 mwN). Daran fehlt es. Das Urteil des Anwaltsgerichtshofs steht im Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats.

a) Ein Vermögensverfall gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Nach der gesetzlichen Regelung wird ein Vermögensverfall unter anderem dann vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet ist. So liegt der Fall hier.

Zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides am 17. März 2017 (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 4) dauerte das gegen den Kläger am 14. Juni 2013 eröffnete Insolvenzverfahren über sein Vermögen wegen Zahlungsunfähigkeit an. Der Kläger hat selbst eingeräumt, dass es ihm nicht möglich sei, die Vermutung des Vermögensverfalls zu widerlegen.

b) Mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts ist nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Diese Annahme ist regelmäßig schon im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Fremdgeldern und den darauf möglichen Zugriff von Gläubigern gerechtfertigt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 29. Dezember 2016 - AnwZ (Brfg) 53/16, juris Rn. 15 f., mwN). Auch wenn diese Regelung nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen ist, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahmslos schon aus dem Vorliegen eines Vermögensverfalls folgt, kann die Gefährdung im nach der gesetzlichen Wertung vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden, wobei den Rechtsanwalt die Feststellungslast trifft. Die Annahme einer derartigen Sondersituation setzt jedoch zumindest voraus, dass der Rechtsanwalt seine anwaltliche Tätigkeit nur noch für eine Rechtsanwaltssozietät ausübt und mit dieser rechtlich abgesicherte Maßnahmen verabredet, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern. Selbst auferlegte Beschränkungen des in Vermögensverfall geratenen Einzelanwalts sind demgegenüber nicht geeignet, eine Gefährdung der Rechtsuchenden auszuschließen. Entgegen dem Vorbringen des Klägers reicht es als Sicherungsmaßnahme nicht aus, dass er auf seinen Schriftsätzen ein Kanzleikonto nicht angibt, um versehentliche Zahlungen Dritter an ihn zu verhindern, und dass er Dritte auffordert, Mandantengelder direkt an die Mandanten zu leisten. Eine Kontrolle der Zahlungsflüsse in dem Sinne, dass eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden ausgeschlossen ist, ist hierdurch gerade nicht gewährleistet.

2. Darüber hinausgehende Gründe für die Zulassung der Berufung hat der Kläger nicht vorgetragen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO , § 154 Abs. 2 VwGO , die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO .

Vorinstanz: AnwGH Baden-Württemberg, vom 11.10.2017 - Vorinstanzaktenzeichen AGH 19/17 (I)