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BGH - Entscheidung vom 11.10.2018

I ZR 178/15

Normen:
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG § 24 Abs. 1
MarkenG § 24 Abs. 2

BGH, Urteil vom 11.10.2018 - Aktenzeichen I ZR 178/15

DRsp Nr. 2019/5472

Verletzung von Markenrechten der eingetragenen Wortmarke "Gazin®" i.R.d. Vertriebs wegen Veränderung der Produktpackung durch Aufkleber (hier: sterile Mullkompressen); Eintritt der Erschöpfung des Markenrechts; Markenverletzung unter dem Gesichtspunkt der Doppelidentität der Zeichen

Der Inhaber einer Marke kann sich dem weiteren Vertrieb eines aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführten Arzneimittels in einem Mitgliedstaat widersetzen, wenn der Importeur es umgepackt und die Marke wieder darauf angebracht hat, es sei denn, es liegen die nachfolgend wiedergegebenen fünf Voraussetzungen vor: Es ist erwiesen, dass die Geltendmachung einer Marke durch den Markeninhaber zu dem Zweck, sich dem Vertrieb der umgepackten Waren unter der Marke zu widersetzen, zu einer künstlichen Abschottung der Märkte zwischen Mitgliedstaaten beitragen würde. Es ist dargetan, dass das Umpacken den Originalzustand der in der Verpackung enthaltenen Ware nicht beeinträchtigen kann. Auf der neuen Verpackung ist klar angegeben, von wem das Arzneimittel umgepackt worden ist und wer deren Hersteller ist. Das umgepackte Erzeugnis ist nicht so aufgemacht, dass dadurch der Ruf der Marke und ihres Inhabers geschädigt werden kann. Der Importeur unterrichtet den Markeninhaber vor dem Inverkehrbringen des umgepackten Erzeugnisses und liefert ihm auf Verlangen ein Muster der umgepackten Ware. Der Begriff des Umpackens umfasst auch die Neuetikettierung von mit der Marke versehenen Arzneimitteln.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 28. Juli 2015 aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 21. Juli 2014 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Normenkette:

MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 1 ; MarkenG § 24 Abs. 1 ; MarkenG § 24 Abs. 2 ;

Tatbestand

Die Klägerin ist Inhaberin der am 9. August 1979 für "Verbandsstoffe" und "Spenderbox aus Kunststoff für bandförmiges Material" eingetragenen deutschen Wortmarke Nr. 988866 "GAZIN". Sie stellt her und vertreibt unter anderem das Produkt "Gazin®". Es handelt sich dabei um in unterschiedlichen Größen angebotene sterile Mullkompressen, die unter anderem zur Wundreinigung und Wundabdeckung bestimmt sind.

Die Beklagte zu 1 (nachfolgend: Beklagte) vertreibt unter anderem die von der Klägerin hergestellten und in der Europäischen Union in den Verkehr gebrachten sterilen Mullkompressen "Gazin®". Der nur in der ersten Instanz am Verfahren beteiligte Beklagte zu 2 war der Geschäftsführer der Beklagten.

Am 30. Juli 2013 erwarb die Klägerin bei einem Testkauf bei einem Pharmagroßhändler in Essen das Produkt "Gazin®" in drei verschiedenen Größen. Die Produkte waren zuvor von der Beklagten an den Pharmagroßhändler geliefert worden. Auf den Faltschachteln der Produkte hatte die Beklagte die EAN-13-Barcodes und die Pharmazentralnummer (PZN) der Klägerin wie nachfolgend aus der Wiedergabe im Klageantrag ersichtlich mit weißen Etiketten überklebt. Die Aufkleber wiesen einen Barcode und eine PZN auf. Außerdem enthielten sie die im Folgenden wiedergegebenen Angaben:

Version 1:

B. Naturprodukte:

Tel.: ... Fax: ... eMail: …

oder

Version 2:

Inverkehrbringer BRD:

B. Naturprodukte,

Tel.: ... Fax: ...

Internet: info@...de

eMail: …

Die Beklagte hatte die Klägerin nicht über den Vertrieb der von ihr mit diesen Aufklebern versehenen Produkte "Gazin®" vorab informiert und ihr auch keine durch einen Aufkleber veränderte Produktpackung zur Verfügung gestellt. Die Klägerin sieht in dem Verhalten der Beklagten eine Verletzung ihrer Marke. Eine Erschöpfung ihres Markenrechts sei nicht eingetreten, weil die Beklagte sie über den Vertrieb der streitgegenständlichen Produkte nicht vorab informiert und ihr auch kein Muster einer veränderten Packung überlassen habe.

Die Klägerin hat beantragt,

es der Beklagten bei Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr ohne Zustimmung der Klägerin die Marke "GAZIN" zur Kennzeichnung von Verbandsmaterial, insbesondere Mullkompressen zu benutzten, insbesondere anzubieten und/oder zu vertreiben und/oder zu den vorgenannten Zwecken zu besitzen, wenn sie nicht die Markeninhaberin vorab vom Feilhalten der wie hier ersichtlichen

an relevanter Stelle vergrößert:

und

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und

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veränderten Verbandsmaterialien, insbesondere Mullkompressen, unterrichtet haben und ihr auf Verlangen ein Muster der veränderten Ware zur Verfügung gestellt haben (Klageantrag zu I).

Ferner hat die Klägerin beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, die gemäß Ziffer I gekennzeichneten, nicht vorab angezeigten und auf Verlangen als Muster vorgelegten Waren zurückzurufen, sie endgültig aus den Vertriebswegen zu entfernen sowie solche in ihrem Besitz oder Eigentum stehenden Waren zu vernichten (Klageantrag zu V).

Einen auf Auskunftserteilung und Herausgabe von Belegen im Umfang der zu erteilenden Auskunft gerichteten Antrag (Klageantrag zu III) hat die Klägerin nach Erteilung der begehrten Auskunft in erster Instanz für erledigt erklärt. Die Klägerin hatte die Beklagte ursprünglich ferner auf Zahlung von nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnetem Schadensersatz in Höhe von 15.436,96 € nebst Zinsen (Klageantrag zu II) und auf Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 4.191,63 € nebst Zinsen (Klageantrag zu IV) in Anspruch genommen. Diese Anträge hat sie ebenfalls für erledigt erklärt, nachdem der Beklagte zu 2 die geforderten Beträge nach Abschluss der ersten Instanz entrichtet hatte. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung im Hinblick auf die Klageanträge zu II und IV angeschlossen.

Das Landgericht hat festgestellt, dass sich der ursprünglich gestellte Antrag zu III (Auskunft) erledigt hat. Im Übrigen hat es der Klage antragsgemäß stattgegeben und den Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt (LG Düsseldorf, Urteil vom 21. Juli 2014 - 34 O 132/13, juris). Das Berufungsgericht hat die allein von der Beklagten eingelegte Berufung zurückgewiesen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. Juli 2015 - I-20 U 135/14, juris). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe

A. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe mit dem beanstandeten Verhalten die Marke der Klägerin gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG verletzt. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Der Annahme einer Markenverletzung stehe nicht entgegen, dass die Klägerin das streitgegenständliche Produkt ursprünglich in den Verkehr gebracht habe. Eine Erschöpfung des Markenrechts der Klägerin sei dadurch nicht eingetreten. Sie könne sich dem weiteren Vertrieb der Ware durch die Beklagte aus berechtigten Gründen widersetzen. Im Streitfall liege in der Aufbringung der Aufkleber durch die Beklagte eine Neuetikettierung im Sinne der vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellten Grundsätze zur markenrechtlichen Behandlung von umgepackten und neuetikettierten parallelimportierten Arzneimitteln. Diese Grundsätze seien vorliegend jedenfalls insoweit anzuwenden, als die Zulässigkeit des Vertriebs durch die Beklagte davon abhänge, dass die Beklagte die Klägerin vor dem Inverkehrbringen der Produkte über die Neuetikettierung informiere und dieser auf Verlangen ein Muster der Ware liefere. Dass der Gerichtshof der Europäischen Union seine Grundsätze zur Produktgruppe der Arzneimittel aufgestellt habe, während es vorliegend um ein Medizinprodukt gehe, ändere daran wegen der vergleichbaren Bedeutung der mit der Marke verbundenen Herkunftsgarantie für Hersteller und Verbraucher nichts.

B. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hat Erfolg. Eine Verletzung der Marke der Klägerin liegt nicht vor, weil sich die Beklagte mit Erfolg auf die Erschöpfung des Markenrechts der Klägerin gemäß § 24 Abs. 1 MarkenG berufen kann.

I. Die Beklagte hat ein mit der Marke der Klägerin identisches Zeichen für Waren benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt, und hat damit den Tatbestand einer Markenverletzung unter dem Gesichtspunkt der Doppelidentität im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG verwirklicht.

II. Das Markenrecht der Klägerin ist jedoch gemäß § 24 MarkenG erschöpft.

1. Nach der Bestimmung des § 24 Abs. 1 MarkenG gewährt die Marke ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung im Inland, in einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin hat die von ihr beim Testkauf am 30. Juli 2013 erworbenen "Gazin"-Produkte unstreitig zuvor innerhalb der Europäischen Union in den Verkehr gebracht.

2. Der Annahme einer Erschöpfung des Markenrechts steht im Streitfall nicht der in § 24 Abs. 2 MarkenG geregelte Ausnahmetatbestand entgegen.

a) Gemäß § 24 Abs. 2 MarkenG kann sich ein Dritter nicht auf die Erschöpfung des Rechts des Markeninhabers berufen, wenn sich der Inhaber der Marke der Benutzung der Marke im Zusammenhang mit dem weiteren Vertrieb der Waren aus berechtigten Gründen wiedersetzt, insbesondere wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

b) Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, eine Erschöpfung des Markenrechts der Klägerin sei nach den auch auf Medizinprodukte anzuwendenden Grundsätzen abzulehnen, die der Gerichtshof der Europäischen Union für den Parallelimport von Arzneimitteln entwickelt hat und nach denen die im Streitfall fehlende Vorabinformation des Markeninhabers Voraussetzungen der Erschöpfung darstellen.

aa) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann sich der Inhaber einer Marke dem weiteren Vertrieb eines aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführten Arzneimittels in einem Mitgliedstaat widersetzen, wenn der Importeur es umgepackt und die Marke wieder darauf angebracht hat, es sei denn, es liegen die nachfolgend wiedergegebenen fünf Voraussetzungen vor (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juli 1996 - C-427/93, C-429/93 und C-436/93 Slg. 1996, I-3545 = GRUR Int. 1996, 1144 Rn. 79 - Bristol-Myers Squibb/Paranova; Urteil vom 26. April 2007 - C-348/04, Slg. 2007, I-3391 = GRUR 2007, 586 Rn. 21 - Boehringer Ingelheim/Swingward II):

-

Es ist erwiesen, dass die Geltendmachung einer Marke durch den Markeninhaber zu dem Zweck, sich dem Vertrieb der umgepackten Waren unter der Marke zu widersetzen, zu einer künstlichen Abschottung der Märkte zwischen Mitgliedstaaten beitragen würde. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Markeninhaber das gleiche Arzneimittel in unterschiedlichen Packungen in verschiedenen Mitgliedstaaten in den Verkehr gebracht hat und das Umpacken durch den Importeur erforderlich ist, um das Arzneimittel im Einfuhrmitgliedstaat vertreiben zu können.

-

Es ist dargetan, dass das Umpacken den Originalzustand der in der Verpackung enthaltenen Ware nicht beeinträchtigen kann.

-

Auf der neuen Verpackung ist klar angegeben, von wem das Arzneimittel umgepackt worden ist und wer deren Hersteller ist.

-

Das umgepackte Erzeugnis ist nicht so aufgemacht, dass dadurch der Ruf der Marke und ihres Inhabers geschädigt werden kann. Die Verpackung darf folglich nicht schadhaft, von schlechter Qualität

oder unordentlich sein.

-

Der Importeur unterrichtet den Markeninhaber vor dem Inverkehrbringen des umgepackten Erzeugnisses und liefert ihm auf Verlangen ein Muster der umgepackten Ware.

Diese Grundsätze finden somit nur Anwendung, wenn der Importeur die Ware umgepackt hat, wobei der Begriff des Umpackens nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auch die Neuetikettierung von mit der Marke versehenen Arzneimitteln umfasst (GRUR 2007, 586 Rn. 28 - Boehringer Ingelheim/Swingward II).

bb) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat auf das Vorabentscheidungsersuchen des Senats im Rechtsstreit "Debrisoft I" (Beschluss vom 6. Oktober 2016 - I ZR 165/15, GRUR 2017, 71 = WRP 2017, 189 ) ausgesprochen, dass es sich bei dem dort in Rede stehenden Anbringen eines Aufklebers auf der Originalverpackung eines Medizinprodukts nicht um ein Umpacken im Sinne seiner Rechtsprechung handele, weil - anders als in den bislang von ihm beurteilten Fällen - die Verpackung nicht verändert und die ursprüngliche Aufmachung der Verpackung nicht anders beeinträchtigt worden sei als durch Anbringen eines kleinen Aufklebers auf einem unbedruckten Teil der ungeöffneten Verpackung, der die Marke nicht verdecke und den Parallelimporteur unter Angabe seiner Kontaktdaten, eines Strichcodes und einer Pharmazentralnummer als Verantwortlichen für das Inverkehrbringen ausweise (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Mai 2018 - C-642/16, GRUR 2018, 736 Rn. 31 bis 35 = WRP 2018, 929 - Junek Europ Vertrieb/Lohmann & Rauscher International). Das Anbringen eines solchen Aufklebers beeinträchtige nicht die Herkunftsfunktion der Marke und sei für den Markeninhaber kein berechtigter Grund im Sinne von Art. 13 Abs. 2 GMV, sich dem weiteren Vertrieb des Medizinprodukts zu widersetzen. Bei einer solchen Fallgestaltung sei das Markenrecht gemäß Art. 13 Abs. 1 GMV erschöpft (EuGH, GRUR 2018, 736 Rn. 36 bis 38 - Junek Europ Vertrieb/Lohmann & Rauscher International).

cc) Die Anbringung der vorliegend in Rede stehenden Aufkleber auf die Verpackungen der Medizinprodukte stellt danach gleichfalls keinen berechtigten Grund im Sinne von § 24 Abs. 2 MarkenG für die Klägerin dar, sich dem weiteren Vertrieb der Produkte zu widersetzen. Es fehlt an einem Umpacken im Sinne der vorstehenden Grundsätze.

(1) Die Beklagte hat die Originalverpackung nicht geöffnet oder verändert, sondern lediglich kleine Aufkleber angebracht, die die Marke der Klägerin nicht verdecken und die Beklagte als für den Parallelvertrieb Verantwortliche unter Angabe ihrer Kontaktdaten, eines Strichcodes und einer Pharmazentralnummer ausweisen.

(2) Eine dem Umpacken gleichstehende Neuetikettierung ist nicht deshalb anzunehmen, weil die Beklagte - abweichend von dem der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Sache "Junek Europ Vertrieb/Lohmann & Rauscher International" (GRUR 2018, 736 ) zugrundeliegenden Sachverhalt - die Aufkleber nicht auf einem unbedruckten Teil der Originalverpackung angebracht, sondern den Barcode und die PZN der Klägerin überklebt hat.

Die Frage, ob ein Umpacken im Sinne der für den Parallelvertrieb von Arzneimitteln entwickelten Grundsätze vorliegt, ist maßgeblich danach zu beantworten, ob das nach dem Inverkehrbringen erfolgte Anbringen eines Aufklebers den spezifischen Gegenstand der Marke beeinträchtigt, der darin besteht, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Herkunft der mit ihr versehenen Ware zu garantieren (EuGH, GRUR 2018, 736 Rn. 36 - Junek Europ Vertrieb/Lohmann & Rauscher International). Eine solche Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke durch die in Rede stehenden Aufkleber ist im Streitfall nicht ersichtlich. Die auf der ansonsten unveränderten und ungeöffneten Originalverpackung angebrachten Aufkleber verdecken weder die Marke noch die geschäftliche Bezeichnung und die Angaben zum Sitz der Klägerin als Herstellerin der Erzeugnisse und zu ihrem Firmensitz. Die überklebte Pharmazentralnummer der Klägerin stellt - anders als die Marke - nicht die Herkunft der Ware sicher, sondern dient dazu, den Warenverkehr mit Apotheken zu organisieren und die vereinfachte Abrechnung der Apotheken mit den Krankenkassen zu ermöglichen (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2016 - I ZR 165/15, GRUR 2017, 71 Rn. 4 = WRP 2017, 189 - Debrisoft I). Dass im Hinblick auf den Strichcode etwas anderes gilt, ist weder festgestellt worden noch ersichtlich.

Eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion ergibt sich auch nicht aus dem Inhalt der übrigen Angaben auf dem fraglichen Aufkleber der Beklagten. Voraussetzung dafür wäre, dass der angesprochene Verkehr die auf dem Aufkleber abgedruckten Angaben der Klägerin als Markeninhaberin zurechnet (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2012 - I ZR 72/11, GRUR 2013, 739 Rn. 43 und 49 = WRP 2013, 902 - Barilla; BGH, GRUR 2017, 71 Rn. 21 - Debrisoft I; Thiering in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG , 12. Aufl., § 24 Rn. 94). Dies ist im Streitfall weder festgestellt noch ersichtlich.

Soweit die Revisionserwiderung vorbringt, durch das Überkleben des Strichcodes und der Pharmazentralnummer der Klägerin werde für den Anwender, der im Hinblick auf das Produkt sicherheitsrelevante Beanstandungen habe, die Rückverfolgbarkeit des Produkts wesentlich erschwert und die Gefahr begründet, dass er sich an die Beklagte und nicht an die Klägerin wende, kann sie schon deshalb keinen Erfolg haben, weil es sich dabei um neuen Sachvortrag handelt, der in der Revisionsinstanz grundsätzlich ausgeschlossen ist (§ 559 Abs. 1 ZPO ). Die Revisionserwiderung legt nicht im Rahmen einer Gegenrüge dar, dass die Klägerin einen entsprechenden Vortrag in den Tatsacheninstanzen gehalten hat. Im Übrigen entspricht es nicht der Lebenserfahrung, dass Anwender der in Rede stehenden Medizinprodukte die jeweils prominent angebrachte und nicht überklebte geschäftliche Bezeichnung oder das Firmenschlagwort der Klägerin übersehen und stattdessen aufgrund des kleinen Aufklebers die Beklagte als Herstellerin der Medizinprodukte ansehen.

Die Revisionserwiderung macht ferner ohne Erfolg geltend, die Beklagte habe den Aufkleber auf der Packung mit der Referenznummer 13 613 (REF 13 613) schief angebracht, so dass eine erhebliche Gefahr bestehe, dass bei einer ungenauen Aufbringung der Etiketten Pflichtangaben verdeckt würden. Dass die Klägerin das Hervorrufen einer solchen Gefahr durch die Beklagte bereits in den Tatsacheninstanzen vorgetragen hat, legt die Revisionserwiderung nicht dar, so dass sie sich wiederum in unzulässiger Weise auf erstmals in der Revisionsinstanz gehaltenen Tatsachenvortrag beruft. Vorgetragen hatte die Klägerin in den Tatsacheninstanzen lediglich den auch aus der oben wiedergegebenen Abbildung ersichtlichen Umstand, dass der Aufkleber auf der Packung mit der Referenznummer 13 613 (leicht) schief aufgebracht ist. Dass damit Pflichtangaben verdeckt wurden, ist weder festgestellt noch vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich. Ob eine eventuelle schiefe Anbringung des Aufklebers zur Annahme einer unordentlichen Verpackung im Sinne der vierten Voraussetzung der vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellten Grundsätze zur Zulässigkeit des Parallelimports von Arzneimitteln führt, kann offenbleiben. Auf diesen von der Revisionserwiderung erstmals in der mündlichen Revisionsverhandlung und damit ebenfalls verspätet geltend gemachten Gesichtspunkt käme es lediglich an, wenn ein Umpacken im Sinne dieser Grundsätze vorgelegen hätte. Daran fehlte es jedoch im Streitfall.

C. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 - C.I.L.F.I.T.; Urteil vom 1. Oktober 2015 - C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 Rn. 43 - Doc Generici, mwN). Im Streitfall stellen sich über die bereits durch das Vorabentscheidungsverfahren in der Sache "Junek Europ Vertrieb/Lohmann & Rauscher International" (EuGH, GRUR 2018, 736 ) geklärten Fragen hinaus keine weiteren entscheidungserheblichen Fragen zur Auslegung des Unionsrechts.

D. Danach ist auf die Revision der Beklagten das Berufungsurteil aufzuheben, auf die Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO .

Von Rechts wegen

Verkündet am: 11. Oktober 2018

Vorinstanz: LG Düsseldorf, vom 21.07.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 34 O 132/13
Vorinstanz: OLG Düsseldorf, vom 28.07.2015 - Vorinstanzaktenzeichen I-20 U 135/14