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BGH - Entscheidung vom 12.06.2018

EnVR 43/16

Normen:
ARegV § 12 Abs. 1 S. 1
ARegV § 30 S. 2
EnWG § 3 Nr. 7
EnWG § 21a Abs. 2 S. 4

BGH, Beschluss vom 12.06.2018 - Aktenzeichen EnVR 43/16

DRsp Nr. 2018/9332

Ordnungsgemäße Durchführung des Effizienzvergleichs für die zweite Regulierungsperiode Gas im Rahmen der Festsetzung der Erlösobergrenzen eines Betreibers von Gasverteilernetzen durch die Bundesnetzagentur; Festlegung der Erlösobergrenzen auf der Grundlage eines Effizienzwerts von 91,01 %; Schätzung der Werte für den Parameter "versorgte Fläche"

Der Regulierungsbehörde stehen bei der Ausgestaltung des Effizienzvergleichs im Einzelnen erhebliche Spielräume zu, die hinsichtlich einiger Aspekte einem Beurteilungsspielraum, hinsichtlich anderer Aspekte einem Regulierungsermessen gleichkommen. Ein solcher Spielraum besteht auch hinsichtlich der Frage, durch welche methodische Vorgehensweise einzelnen strukturellen Besonderheiten Rechnung getragen wird. Die diesbezügliche Entscheidung der Bundesnetzagentur ist deshalb nur dann rechtsfehlerhaft, wenn objektiv gegebene Besonderheiten gänzlich unberücksichtigt geblieben sind, wenn ihre Bedeutung verkannt wurde oder wenn die Art und Weise, in der sie berücksichtigt wurden, nicht geeignet ist, um angemessene Ergebnisse zu erzielen.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde wird der Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 14. September 2016 teilweise aufgehoben.

Der Beschluss der Bundesnetzagentur vom 22. September 2014 wird auch insoweit aufgehoben, als die Erlösobergrenzen auf der Grundlage eines Effizienzwerts von 91,01 % festgelegt worden sind.

Im Umfang der Aufhebung wird die Bundesnetzagentur verpflichtet, die Betroffene unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Die Bundesnetzagentur trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Betroffenen.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf drei Millionen Euro festgesetzt.

Normenkette:

ARegV § 12 Abs. 1 S. 1; ARegV § 30 S. 2; EnWG § 3 Nr. 7 ; EnWG § 21a Abs. 2 S. 4;

Gründe

A. Die Betroffene betreibt ein Gasverteilernetz. Mit Beschluss vom 22. September 2014 hat die Bundesnetzagentur die Erlösobergrenzen für die zweite Regulierungsperiode niedriger als von der Betroffenen begehrt festgelegt. Hierbei hat sie einen Effizienzwert von 91,01 % angesetzt.

Das Beschwerdegericht hat die Bundesnetzagentur hinsichtlich des Wertansatzes für Neuanlagen, die im Basisjahr aktiviert wurden, zur Neubescheidung verpflichtet. Die weitergehende Beschwerde, mit der sich die Betroffene gegen die Ermittlung des Effizienzwerts und gegen die zeitlichen Vorgaben für den Abbau von Ineffizienzen gewendet hat, ist erfolglos geblieben.

Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Betroffene ihr Begehren hinsichtlich der Ermittlung des Effizienzwerts weiter. Die Bundesnetzagentur tritt dem Rechtsmittel entgegen.

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.

I. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung, soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse, im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Durchführung des Effizienzvergleichs für die zweite Regulierungsperiode Gas sei nicht zu beanstanden. Die Bundesnetzagentur habe die erforderlichen Daten ermittelt und auf Plausibilität überprüft. Die von ihr beauftragten Stellen hätten die gesammelten Werte zusammengeführt und auf dieser Grundlage den Effizienzvergleich durchgeführt. Hierbei seien Veränderungen im Vergleich zur ersten Regulierungsperiode berücksichtigt worden, insbesondere eine starke Steigerung der Heterogenität bei den Parametern "versorgte Fläche" und "Jahreshöchstlast".

Die Ermittlung der Effizienzwerte werde nicht dadurch in Frage gestellt, dass die nach früherem Recht als regionale Fernleitungsnetzbetreiber eingestuften Unternehmen in den Vergleich einbezogen worden seien. Diese Unternehmen seien nach der neuen Fassung von § 3 Nr. 5, 7 und 37 EnWG als Verteilernetzbetreiber zu qualifizieren und deshalb gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 ARegV in den für alle Verteilernetzbetreiber durchzuführenden Effizienzvergleich einzubeziehen. Der höheren Heterogenität sei durch eine Ausreißeranalyse Rechnung getragen worden. Im Ergebnis habe sich die Streuung der Effizienzwerte nur geringfügig geändert.

Den Parameter "versorgte Fläche" habe die Bundesnetzagentur für die ehemaligen regionalen Fernleitungsnetzbetreiber rechtsfehlerfrei geschätzt, weil diese Unternehmen im Zeitpunkt der Datenerhebung noch nicht als Verteilernetzbetreiber einzustufen gewesen seien und die für diesen Parameter einschlägigen Informationen deshalb nicht hätten ermittelt werden können. Die stattdessen angestellte Schätzung auf der Grundlage der Flächen aller Gemeinden, durch die Leitungen dieser Unternehmen verliefen, entspreche der Vorgehensweise bei den anderen Netzbetreibern.

II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

1. Rechtsfehlerfrei ist das Beschwerdegericht allerdings zu dem Ergebnis gelangt, dass die früher als Betreiber regionaler Fernleitungsnetze eingestuften Unternehmen in den Effizienzvergleich für Verteilernetzbetreiber für die zweite Regulierungsperiode einzubeziehen sind.

a) Zu Recht ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass der Bundesnetzagentur bei der Auswahl der in den Effizienzvergleich einzubeziehenden Unternehmen kein Ermessen zusteht.

Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 ARegV führt die Bundesnetzagentur vor Beginn der Regulierungsperiode jeweils einen bundesweiten Effizienzvergleich für die Betreiber von Gasverteilernetzen durch. Damit ist der Kreis der einzubeziehenden Unternehmen verbindlich vorgegeben.

b) Für den danach maßgeblichen Begriff "Betreiber von Gasverteilernetzen" gilt die Definition in § 3 Nr. 7 EnWG .

Die Begriffsbestimmungen in § 3 EnWG dienen der Festlegung von Begriffen, die für das Energiewirtschaftsgesetz und die dazu gehörenden Verordnungen von erheblicher Bedeutung sind (vgl. BT-Drucks. 17/6072 S. 50). In Einklang mit dieser Zwecksetzung sieht § 12 Abs. 1 Satz 1 ARegV von einer eigenständigen Umschreibung des Kreises der in den Effizienzvergleich einzubeziehenden Unternehmen ab und knüpft stattdessen an einen in § 3 EnWG definierten Begriff an. Der Kreis der einzubeziehenden Unternehmen ergibt sich mithin aus § 3 Nr. 7 EnWG in der jeweils relevanten Gesetzesfassung.

c) Nach der für den Streitfall maßgeblichen, seit 5. August 2011 geltenden Fassung des Energiewirtschaftsgesetzes sind die Unternehmen, gegen deren Einbeziehung sich die Betroffene wendet, als Betreiber von Gasverteilernetzen im Sinne von § 3 Nr. 7 EnWG anzusehen.

Diese von der Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel gezogene Beurteilung ergibt sich, wie der Senat in einer anderen, nach gemeinsamer Verhandlung ergangenen Entscheidung vom gleichen Tag näher dargelegt hat (BGH, Beschluss vom 12. Juni 2018 - EnVR 53/16 - Stadtwerke Essen AG), aus der dem Gesetz zugrunde liegenden Unterscheidung zwischen den Betreibern von Fernleitungsnetzen und den Betreibern von Verteilernetzen.

Als Betreiber von Fernleitungsnetzen sind nach der seit 5. August 2011 geltenden Fassung von § 3 Nr. 5 EnWG nur noch Unternehmen anzusehen, deren Netze an Grenz- oder Marktgebietsübergangspunkten Buchungspunkte oder -zonen aufweisen, für die Transportkunden Kapazitäten buchen können. Hierzu gehören die in Rede stehenden Unternehmen nicht. Demgegenüber erfüllen sie alle in § 3 Nr. 7 und 37 EnWG normierten Voraussetzungen für die Einordnung als Betreiber eines Gasverteilernetzes.

d) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde steht die in § 12 Abs. 1 Satz 1 ARegV vorgeschriebene Einteilung in Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben.

aa) Wie auch die Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel zieht, umfasst die in § 24 Satz 1 Nr. 1 EnWG erteilte Ermächtigung zur Regelung von Methoden zur Bestimmung der Entgelte für den Netzzugang gemäß §§ 20 bis 23 EnWG die Befugnis, den in § 21a Abs. 5 Satz 1 EnWG als Grundlage für Effizienzvorgaben vorgeschriebenen Effizienzvergleich näher auszugestalten.

bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde steht § 21a Abs. 5 Satz 1 EnWG einer Einbeziehung von Unternehmen, die nach früherem Recht als Betreiber von Fernleitungsnetzen anzusehen waren, nicht entgegen.

(1) Gemäß § 21a Abs. 5 Satz 1 EnWG müssen bei der Bestimmung von Effizienzvorgaben unter anderem auch objektive strukturelle Unterschiede berücksichtigt werden.

Diese Anforderung gilt grundsätzlich auch für die Durchführung des Effizienzvergleichs, auf dessen Grundlage die Vorgaben erfolgen. Die Anreizregulierungsverordnung trägt ihr unter anderem dadurch Rechnung, dass sie in § 12 und § 22 ARegV jeweils gesonderte Regelungen über den Effizienzvergleich für Betreiber von Verteilernetzen und für Betreiber von Übertragungs- bzw. Fernleitungsnetzen enthält.

(2) Eine weitergehende Differenzierung dahingehend, dass für die Betreiber bestimmter Arten von Verteilernetzen ebenfalls ein gesonderter Effizienzvergleich durchzuführen ist, wird durch die gesetzlichen Vorgaben zwar nicht ausgeschlossen. Sie ist in der im Streitfall zu beurteilenden Konstellation aber nicht geboten.

Das Gebot der Berücksichtigung objektiver struktureller Unterschiede wäre allerdings verletzt, wenn Netze miteinander verglichen würden, die sich aufgrund von grundlegend unterschiedlichen Eigenschaften oder Rahmenbedingungen schlechterdings nicht miteinander vergleichen lassen. Dieses Verbot greift indes nicht schon dann, wenn einzelne der in den Vergleich einbezogenen Netze aufgrund ihrer Versorgungsaufgabe oder anderer objektiver Umstände Besonderheiten aufweisen, die bei den übrigen Netzen nicht oder nicht in gleicher Ausprägung vorhanden sind. Ein gesonderter Effizienzvergleich für bestimmte Arten von Netzen ist vielmehr nur dann zwingend geboten, wenn solchen Besonderheiten durch geeignete Ausgestaltung eines gemeinsamen Effizienzvergleichs nicht angemessen Rechnung getragen werden kann.

(3) Anhaltspunkte dafür, dass die zuletzt genannte Voraussetzung im Streitfall erfüllt ist, ergeben sich weder aus dem Vorbringen der Betroffenen noch aus sonstigen Umständen.

Die Rechtsbeschwerde verweist auf Vortrag der Betroffenen, wonach die besondere Struktur der nach früherem Recht als Fernleitungsnetze eingestuften Netze, insbesondere der nahezu bei 100 % liegende Anteil von Leitungen, die mit Hochdruck (mehr als 16 bar) betrieben werden, die großen Entfernungen und Durchsatzmengen sowie die im Verhältnis dazu geringe Zahl von Anschlusspunkten und sonstigen Betriebseinrichtungen dazu führten, dass sich für diese Netze insbesondere bei den Parametern "versorgte Fläche", "Jahreshöchstlast" und "Ausspeisepunkte pro km Leitungslänge" Werte ergäben, die sich von den Werten der übrigen Netze um Größenordnungen unterschieden.

Diesem von der Bundesnetzagentur in tatsächlicher Hinsicht nicht in Zweifel gezogenen Vorbringen ist zu entnehmen, dass die in Rede stehenden Netze Besonderheiten aufweisen, die bei der Durchführung des Effizienzvergleichs in angemessener Weise berücksichtigt werden müssen. Daraus ergibt sich indes nicht, dass dieser Anforderung nur durch einen gesonderten Effizienzvergleich genügt werden könnte.

cc) Die Regelung in § 21a Abs. 2 Satz 4 EnWG , wonach Vorgaben für Gruppen von Netzbetreibern voraussetzen, dass die Netzbetreiber strukturell vergleichbar sind, führt, wie die Bundesnetzagentur zu Recht geltend macht, schon deshalb nicht zu einer abweichenden Beurteilung, weil die Effizienzwerte nach § 12 Abs. 1 Satz 1 ARegV für jeden Netzbetreiber individuell ermittelt werden und es deshalb an einer Vorgabe für eine Gruppe von Netzbetreibern fehlt.

Dass die individuellen Werte aufgrund eines Modells ermittelt werden, in das die Daten aller betroffenen Netze einfließen, reicht für die Anwendbarkeit von § 21a Abs. 2 Satz 4 EnWG nicht aus. Der genannte Umstand führt zwar dazu, dass strukturelle Besonderheiten auch beim Effizienzvergleich zu berücksichtigen sind. Die dafür einschlägigen Anforderungen ergeben sich aber nicht aus § 21a Abs. 2 Satz 4 EnWG , sondern aus § 21a Abs. 5 Satz 1 EnWG .

2. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts hat die Bundesnetzagentur den Besonderheiten der in Rede stehenden Netze bei der Konzeption und Durchführung des Effizienzvergleichs nicht in jeder Hinsicht angemessen Rechnung getragen.

a) Wie auch die Rechtsbeschwerde im Ansatz nicht in Zweifel zieht, hat die Bundesnetzagentur den besonderen Verhältnissen der nach früherem Recht als Betreiber von Fernleitungsnetzen anzusehenden Unternehmen allerdings dadurch Rechnung getragen, dass sowohl bei der Modellbildung als auch bei der Ermittlung der individuellen Effizienzwerte Ausreißeranalysen durchgeführt wurden.

aa) Die Ausreißeranalyse im Rahmen der Modellbildung führte dazu, dass vier der fünf betroffenen Unternehmen als Ausreißer ermittelt wurden, so dass deren Daten nicht in die Modellbildung eingeflossen sind. Bei der Berechnung der Effizienzwerte auf der Basis des erstellten Modells wurden die fünf Unternehmen wieder einbezogen. Im Rahmen der Dateneinhüllungsanalyse (Data Envelopment Analysis, DEA) wurden aber alle fünf und im Rahmen der stochastischen Effizienzgrenzenanalyse (Stochastic Frontier Analysis, SFA) vier von ihnen als Ausreißer identifiziert, mit der Folge, dass die theoretischen Effizienzwerte dieser Unternehmen nicht als Maßstab für den Effizienzwert anderer Netzbetreiber herangezogen wurden.

bb) Diese Vorgehensweise lässt für sich gesehen keinen Rechtsfehler erkennen.

(1) Wie der Senat bereits an anderer Stelle entschieden und näher begründet hat, stehen der Regulierungsbehörde bei der Ausgestaltung des Effizienzvergleichs im Einzelnen erhebliche Spielräume zu, die hinsichtlich einiger Aspekte einem Beurteilungsspielraum, hinsichtlich anderer Aspekte einem Regulierungsermessen gleichkommen (BGH, Beschluss vom 21. Januar 2014 - EnVR 12/12, RdE 2014, 276 Rn. 21 ff. - Stadtwerke Konstanz GmbH).

Ein solcher Spielraum besteht auch hinsichtlich der Frage, durch welche methodische Vorgehensweise einzelnen strukturellen Besonderheiten Rechnung getragen wird. Die diesbezügliche Entscheidung der Bundesnetzagentur ist deshalb nur dann rechtsfehlerhaft, wenn objektiv gegebene Besonderheiten gänzlich unberücksichtigt geblieben sind, wenn ihre Bedeutung verkannt wurde oder wenn die Art und Weise, in der sie berücksichtigt wurden, nicht geeignet ist, um angemessene Ergebnisse zu erzielen.

(2) Die Vorgehensweise der Bundesnetzagentur hält einer Überprüfung anhand dieses Maßstabs stand.

Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts stellt die in verschiedenen Stufen durchgeführte Ausreißeranalyse grundsätzlich ein geeignetes Mittel dar, um zu verhindern, dass das Gesamtergebnis durch einzelne Extremwerte unangemessen beeinflusst wird.

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt dieses Mittel damit auch zur Identifikation und Aussonderung von Extremwerten in Betracht, die sich aus objektiven Besonderheiten einzelner Netze ergeben. Das Instrument der Ausreißeranalyse mag in erster Linie dem Zweck dienen, die Berechnung um zufällige Besonderheiten zu bereinigen, die bei der Datenerhebung nicht erkennbar waren. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass es nicht geeignet ist, auch solchen Besonderheiten Rechnung zu tragen, die von vornherein bekannt waren.

So zieht auch die Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel, dass die Einbeziehung der früher als Betreiber von Fernleitungsnetzen geltenden Unternehmen das Ergebnis der stochastischen Effizienzgrenzenanalyse (SFA) aufgrund der durchgeführten Ausreißeranalysen nicht wesentlich zu Lasten der Betroffenen beeinflusst hat. Dass die Einbeziehung der in Rede stehenden Netze das Ergebnis der Dateneinhüllungsanalyse (DEA) möglicherweise in gewissem Umfang beeinflusst hat, begründet für sich gesehen keinen Rechtsfehler.

Wie bereits dargelegt wurde, hat die Ausreißeranalyse auch im Rahmen dieser Berechnung dazu geführt, dass alle fünf betroffenen Unternehmen als Ausreißer identifiziert wurden, so dass deren theoretische Effizienzwerte nicht als Maßstab herangezogen wurden. Auswirkungen auf das Ergebnis können allenfalls dadurch eingetreten sein, dass bei einem gesonderten Effizienzvergleich weitere Unternehmen als Ausreißer identifiziert worden wären und der Vergleichsmaßstab deshalb abgesenkt worden wäre.

Dass solche Effekte im Streitfall eingetreten sind, kann zwar nicht ausgeschlossen werden. Weder aus der Dokumentation des Effizienzvergleichs (Bericht zum Effizienzvergleich für Verteilernetzbetreiber Gas, Juli 2013) noch aus sonstigen Umständen ergeben sich aber Anhaltspunkte dafür, dass das Ergebnis dadurch in unangemessener Weise beeinflusst wurde. So wurden neben vier Unternehmen, die nach früherem Recht als Betreiber regionaler Fernleitungsnetze anzusehen waren, sechs weitere Netzbetreiber als Ausreißer identifiziert (Bericht S. 73). Dies spricht gegen die Annahme, die Einbeziehung der vier Unternehmen habe die Identifikation weiterer Ausreißer in wesentlichem Umfang verhindert.

Zwar ist nicht auszuschließen, dass bei einer Beschränkung auf Unternehmen, die schon nach früherem Recht als Betreiber von Verteilernetzen anzusehen waren, eines oder mehrere der vier Unternehmen, deren rechnerischer Effizienzwert über 100 %, aber nicht über der als kritisch angesehenen Grenze von 112 % lag (Bericht S. 73), ebenfalls als Ausreißer identifiziert worden wäre. Der Umstand, dass sich für einzelne Netzbetreiber bei einer abweichenden Berechnungsweise möglicherweise ein günstigerer Wert ergeben hätte, führt aber noch nicht dazu, dass die von der Bundesnetzagentur gewählte Methode als rechtsfehlerhaft einzustufen ist.

b) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts hat die Bundesnetzagentur mit der von ihr vorgenommenen Schätzung der Werte für den Parameter "versorgte Fläche" den Besonderheiten der fünf in Rede stehenden Netzbetreiber vor dem aufgezeigten Hintergrund nicht in angemessener Weise Rechnung getragen.

aa) Nach § 30 Satz 2 ARegV kann die Regulierungsbehörde allerdings eine Schätzung vornehmen, soweit ihr keine oder offenkundig unzutreffende Daten vorliegen.

Diese Voraussetzung war im Streitfall erfüllt, weil der Bundesnetzagentur keine Daten zu der versorgten Fläche vorlagen.

bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde war die Bundesnetzagentur nicht deshalb an einer Schätzung gehindert, weil die versorgte Fläche nach der einschlägigen Festlegung (Beschluss vom 1. März 2011 - BK9-10/603, Anlage V1, Nr. 10) grundsätzlich anhand des Konzessionsgebiets zu bestimmen war und die in Rede stehenden Netzbetreiber nicht über ein Konzessionsgebiet in diesem Sinne verfügen.

Die Festlegung vom 1. März 2011 weist insoweit eine planwidrige Regelungslücke auf, weil die in Rede stehenden Netze nach der damals geltenden Rechtslage nicht als Gasverteilernetze anzusehen waren und die übrigen Netzbetreiber über ein Konzessionsgebiet verfügen.

Diese Lücke ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht zwingend dadurch zu schließen, dass für die versorgte Fläche der Wert 0 angesetzt wird. Vielmehr ist entsprechend der Zielsetzung der Festlegung auf das Gebiet abzustellen, das durch das jeweilige Netz versorgt wird.

cc) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist der von der Bundesnetzagentur zur Ausfüllung der Lücke herangezogene Maßstab angesichts der großen Bedeutung, der dem Parameter im Rahmen des Effizienzvergleichs zukommt, nicht geeignet, den Besonderheiten der fünf in Rede stehenden Netzbetreiber in angemessener Weise Rechnung zu tragen.

Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Beschwerdegerichts hat die Bundesnetzagentur bei den fünf früher als Betreiber von Fernleitungsnetzen eingestuften Unternehmen die versorgte Fläche anhand der amtlichen Gemeindeschlüssel geschätzt. Hierbei hat sie die Schlüssel aller Gebiete herangezogen, durch die Leitungen der betreffenden Netzbetreiber verlaufen und in denen zu deren Netz gehörende Anlagen belegen sind.

Damit ist ein angemessener Vergleich mit Netzbetreibern, die innerhalb eines Konzessionsgebiets ein flächenhaftes Verteilernetz betreiben, nicht gewährleistet.

In diesem Zusammenhang kann dahingestellt bleiben, ob ein Gebiet schon dann durch ein Netz versorgt wird, wenn darin eine Leitung verläuft oder eine zum Betrieb eingesetzte Anlage belegen ist, oder ob erforderlich ist, dass aus dem Netz Gas in das örtliche Verteilernetz eingespeist wird. Auch hinsichtlich von Gebieten, bei denen diese Voraussetzung vorliegt, ist es systemwidrig, in gleicher Weise auf die gesamte Fläche abzustellen wie bei örtlichen Verteilernetzen.

Bei örtlichen Verteilernetzen ist die versorgte Fläche als potentieller Kostenfaktor insbesondere deshalb relevant, weil sich das Netz typischerweise über erhebliche Teile dieser Fläche erstrecken muss, damit die Aufgabe der örtlichen Verteilung erfüllt werden kann. Für Netze, die vor allem dazu dienen, Gas über weitere Entfernungen zu örtlichen Verteilernetzen zu transportieren, besteht ein solcher Zusammenhang typischerweise nicht.

Damit ist die schematische Heranziehung der amtlichen Gemeindeschlüssel für beide Arten von Netzen schon im Ansatz nicht geeignet, den typischerweise bestehenden Unterschieden angemessen Rechnung zu tragen. Sie hat zwar den Vorteil, dass auf eine vergleichbare Datenquelle zurückgegriffen werden kann. Dies reicht zur angemessenen Berücksichtigung der bestehenden Besonderheiten aber nicht aus, weil den auf diese Weise ermittelten Werten eine grundlegend unterschiedliche Bedeutung in Bezug auf die Versorgungsaufgabe zukommt.

Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob dies zwingend zur Konsequenz hat, dass ein einheitlicher Effizienzvergleich für beide Arten von Netzen unter Einbeziehung des - für die erste und zweite Regulierungsperiode in § 13 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ARegV in der bis 16. September 2016 geltenden Fassung zwingend vorgeschriebenen - Vergleichsparameters "Fläche des versorgten Gebietes" nicht in Betracht kommt, oder ob der unterschiedlichen Bedeutung, die den amtlichen Gemeindeschlüsseln in Bezug auf die unterschiedlichen Versorgungsaufgaben zukommt, in anderer Weise Rechnung getragen werden kann, etwa durch Anwendung einer anderen Methode zur Berechnung der relevanten Fläche bei den früher als Fernleitungsnetzen eingestuften Netzen oder durch zusätzliche Korrekturen bei anderen Berechnungsschritten innerhalb des Effizienzvergleichs. Selbst wenn eine solche Korrektur nicht in Betracht käme, könnte dies nicht dazu führen, dass die von der Bundesnetzagentur gewählte Berechnungsweise trotz ihrer strukturellen Ungeeignetheit als rechtmäßig anzusehen ist.

c) Nach allem ist der Effizienzwert für die Betroffene unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu ermitteln. Die Art und Weise, in der dies geschieht, unterliegt den der Regulierungsbehörde innerhalb der aufgezeigten rechtlichen Grenzen eingeräumten Spielräumen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 EnWG , die Festsetzung des Gegenstandswerts auf § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GKG und § 3 ZPO .

Verkündet am: 12. Juni 2018

Vorinstanz: OLG Düsseldorf, vom 14.09.2016 - Vorinstanzaktenzeichen VI-3 Kart 175/14 (V)