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BGH - Entscheidung vom 22.03.2018

I ZR 76/17

Normen:
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3, Art. 103 Abs. 1
ZPO § 148
GG Art. 2 Abs. 1
ZPO § 148
GG Art. 20 Abs. 3
GG Art. 103 Abs. 1
ZPO § 148
GG Art. 2 Abs. 1
GG Art. 20 Abs. 3
GG Art. 103 Abs. 1

Fundstellen:
GRUR 2018, 853
MDR 2018, 1144
MDR 2018, 1173
WRP 2018, 961

BGH, Beschluss vom 22.03.2018 - Aktenzeichen I ZR 76/17

DRsp Nr. 2018/7777

Möglichkeit der Aussetzung eines Rechtsstreits bis zur Zustellung einer in einem Rechtsstreit eingereichten Streitverkündungsschrift; Verletzung des Rechts der streitverkündenden Partei auf ein faires Verfahren

ZPO § 148 a) Die Aussetzung eines Rechtsstreits bis zur Zustellung einer in diesem Rechtsstreit eingereichten Streitverkündungsschrift kommt weder in direkter noch in analoger Anwendung von § 148 ZPO in Betracht.b) Trifft das Gericht eine Entscheidung, bevor eine in dem Rechtsstreit eingereichte Streitverkündungsschrift zugestellt worden ist, wird dadurch weder das Recht der streitverkündenden Partei auf ein faires Verfahren und auf wirkungsvollen Rechtsschutz noch ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 23. März 2017 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens werden den Beklagten auferlegt.

Streitwert: 150.000 €

Normenkette:

ZPO § 148 ; GG Art. 2 Abs. 1 ; GG Art. 20 Abs. 3 ; GG Art. 103 Abs. 1 ;

Gründe

I. Die Klägerin stellt Zubehör für elektronische Geräte her und vertreibt es in Europa. Sie ist Inhaberin der am 10. Januar 2011 angemeldeten und am 12. April 2011 veröffentlichten Gemeinschaftsgeschmacksmuster Nr. 001253876-0001, -0002 und -0003 (im Folgenden: Klagemuster), die eine Priorität US-amerikanischer Designpatente vom 8. Juli 2010, 11. November 2010 und 12. November 2010 in Anspruch nehmen. Bei dem nach den Klagemustern gefertigten Produkt der Klägerin handelt es sich um eine Schutzhülle mit integrierter Tastatur für den Tablet-Computer iPad des Herstellers Apple.

Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 ist, bietet ebenfalls Zubehör für elektronische Geräte an. Sie vertrieb seit Mitte Mai 2011 ebenfalls Schutzhüllen mit integrierter Tastatur für den Tablet-Computer iPad. Mit Schreiben vom 28. Juni 2011 mahnte die Klägerin die Beklagte zu 1 deswegen erfolglos ab.

Die Beklagten machen geltend, die Beklagte zu 1 sei Inhaberin sämtlicher Entwerferrechte an dem angegriffenen Produkt, ihr stünden die Klagemuster zu. Hierzu haben die Beklagten vorgetragen, die Klägerin habe zur Umsetzung der Idee für ein iPad-Case mit integrierter Tastatur im Sommer 2010 Skizzen an das in Taiwan ansässige Unternehmen S. M. Co., Ltd., überreicht und gebeten, die Idee gestalterisch umzusetzen. Gemeinsam mit der T. Te. (HK) Co., Ltd., mit Sitz in der Volksrepublik China, habe S. M. Co., Ltd., Herrn J. als freien Mitarbeiter mit der Entwicklung des Designs beauftragt, der im August 2010 einen weitgehend fertiggestellten Entwurf vorgelegt habe. Im Dezember 2010 seien noch geringfügige Änderungen vorgenommen und die fertigen Entwürfe der Beklagten zu 1 vorgelegt worden. Herr J. habe S. M. Co., Ltd., und T. Te. (HK) Co., Ltd., alle Rechte übertragen, diese hätten sie mit Vertrag vom 5. Juli 2011 an die Beklagte zu 1 weiter übertragen.

Die Beklagte zu 1 hat die Klägerin in einem vorangegangenen Rechtsstreit gemäß Art. 15 Abs. 1 GGV auf Anerkennung als rechtmäßige Inhaberin der Klagemuster in Anspruch genommen, wobei sie sich auf ihr vorstehend wiedergegebenes Vorbringen gestützt hat. Die Klage ist rechtskräftig abgewiesen worden (LG Berlin, Urteil vom 25. Juni 2013 - 15 O 95/12, BeckRS 2016, 10236; KG, Beschluss vom 23. Juni 2014 - 24 U 127/13, BeckRS 2016, 10237).

Die Klägerin hat zuletzt beantragt, die Beklagten im Hinblick auf die angegriffenen Produkte wegen Verletzung des Klagemusters -0001, jeweils hilfsweise wegen Verletzung der Klagemuster -0002 und -0003, weiter hilfsweise wegen Ansprüchen aus lauterkeitsrechtlichem Nachahmungsschutz, zur Unterlassung und zur Rechnungslegung zu verurteilen, ihre Schadensersatzpflicht festzustellen und sie zum Rückruf der angegriffenen Produkte aus den Vertriebswegen und zu deren Vernichtung sowie zur Erstattung von Abmahnkosten zu verurteilen. Die Beklagte zu 1 hat im Wege der Widerklage die Klägerin hinsichtlich bestimmter, von dieser vertriebener mobiler Keyboards auf Auskunftserteilung in Anspruch genommen sowie die Erstattung von Abmahnkosten, die Feststellung ihrer Pflicht zum Schadensersatz und die Erklärung der Nichtigkeit der Klagemuster begehrt. Die Beklagte zu 1 stützt die Widerklage auf eine Verletzung des Urheberrechts, hilfsweise auf Art. 88 Abs. 2 GGV in Verbindung mit § 42 Abs. 1 und 2, § 46 Abs. 1 DesignG.

Die Beklagten haben mit Schriftsätzen vom 5. Mai 2014 der S. M. Co., Ltd., sowie der T. Te. (HK) Co., Ltd., den Streit verkündet mit der Aufforderung, dem Rechtsstreit auf ihrer Seite beizutreten. Der Versuch, der S. M. Co., Ltd., die Streitverkündungsschrift in Taiwan zuzustellen, scheiterte. Ein Nachweis, dass der T. Te. (HK) Co., Ltd., die Streitverkündungsschrift in der Volksrepublik China zugestellt worden ist, ist nicht zur Gerichtsakte gelangt.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen, teilweise im Wege eines Versäumnisurteils, das es nach Einspruch der Beklagten im Wesentlichen aufrechterhalten hat. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 23. März 2017 - 20 U 125/15, juris). Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten. Mit der Revision wollen sie ihren Antrag auf Abweisung der Klage und die Beklagte zu 1 ihre Widerklageanträge weiterverfolgen (dazu III). Ferner beantragen die Beklagten die Aussetzung des Verfahrens bis zur Zustellung der Streitverkündungen und bis zur Entscheidung des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum über ihren Antrag vom 26. September 2016 auf Nichtigerklärung der Klagemuster (dazu II).

II. Eine Aussetzung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision kommt nicht in Betracht.

1. Nach § 148 ZPO kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei. Eine Aussetzung von Verfahren, mit denen die Verletzung gewerblicher Schutzrechte geltend gemacht werden, im Hinblick auf anhängig gemachte Verfahren zur Löschung des jeweiligen Schutzrechts im Register ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen und damit noch im Revisionsverfahren möglich (für das markenrechtliche Verletzungsverfahren: BGH, Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 228/12, GRUR 2014, 1101 Rn. 16 = WRP 2014, 1314 - Gelbe Wörterbücher; Urteil vom 23. September 2015 - I ZR 78/14, GRUR 2015, 1201 Rn. 17 = WRP 2015, 1487 - Sparkassen-Rot/Santander-Rot; für das auf ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster gestützte Verletzungsverfahren: BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 23/10, GRUR 2012, 512 Rn. 22 = WRP 2012, 558 - Kinderwagen I). Dies gilt auch im Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (für das Patentverletzungsverfahren: BGH, Beschluss vom 6. April 2004 - X ZR 272/02, BGHZ 158, 372 , 374 [juris Rn. 30 bis 34] - Druckmaschinen-Temperierungssystem; Urteil vom 10. Januar 2017 - X ZR 17/13, GRUR 2017, 428 Rn. 23 f. - Vakuumtransportsystem). Die Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens liegt, wenn die Voraussetzungen des § 148 ZPO erfüllt sind, im Ermessen des Gerichts. Dabei sind das Interesse des Klägers an einer baldigen Entscheidung und das Interesse des Beklagten, nicht aufgrund eines löschungsreifen Schutzrechts verurteilt zu werden, sowie das Interesse, widersprüchliche Entscheidungen zu vermeiden, gegeneinander abzuwägen. Eine Verfahrensaussetzung kommt in Betracht, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Löschung des Schutzrechts im registerrechtlichen Verfahren besteht, die die mit der Aussetzung verbundene Prozessverzögerung rechtfertigt (vgl. BGH, GRUR 2014, 1101 Rn. 17 - Gelbe Wörterbücher; GRUR 2015, 1201 Rn. 19 - Sparkassen-Rot/Santander-Rot).

2. Der Umstand, dass es bislang nicht gelungen ist, den Streitverkündeten die Streitverkündungsschrift der Beklagten in Taiwan und in der Volksrepublik China zuzustellen, rechtfertigt die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 148 ZPO nicht.

a) Die Regelung des § 148 ZPO eröffnet nach ihrem Wortlaut keine Möglichkeit, einen Rechtsstreit oder ein Rechtsmittelverfahren bis zur Zustellung einer Streitverkündungsschrift auszusetzen. Die Aussetzung eines Rechtsstreits nach dieser Vorschrift setzt vielmehr voraus, dass die Entscheidung in dem auszusetzenden Verfahren von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist. Die Vorschrift dient dem Zweck, divergierende Entscheidungen in verschiedenen Verfahren zu vermeiden (Stadler in Musielak/Voit, ZPO , 14. Aufl., § 148 Rn. 1; Zöller/Greger, ZPO , 32. Aufl., § 148 Rn. 1). Die Aussetzung eines Rechtsstreits nach § 148 ZPO ist danach nur im Hinblick auf einen vom Ausgangsverfahren verschiedenen Rechtsstreit oder ein gesondertes Verwaltungsverfahren möglich, dessen Gegenstand ein Rechtsverhältnis ist, das für den auszusetzenden Rechtsstreit vorgreiflich ist. Bei der Zustellung der Streitverkündungsschrift handelt es sich nicht um ein anderes gerichtliches oder behördliches Verfahren, sondern um einen innerprozessualen Vorgang im Ausgangsrechtsstreit.

b) Eine analoge Anwendung des § 148 ZPO , die eine Aussetzung des Rechtsstreits bis zu einer Zustellung der Streitverkündungen ermöglichen soll, kommt nicht in Betracht.

aa) Die Aussetzung eines Rechtsstreits durch das Gericht führt zum Verfahrensstillstand und dazu, dass effektiver Rechtsschutz während der Zeit der Aussetzung nicht erlangt werden kann. Die Fälle, in denen eine Aussetzung erfolgen kann, sind abschließend gesetzlich geregelt (Zöller/Greger aaO § 148 Rn. 1). Selbst wenn im Einzelfall eine analoge Anwendung von § 148 ZPO in Betracht zu ziehen wäre, könnte eine Aussetzung nur im Hinblick auf ein anderweitiges Verfahren erfolgen, an dem es hier fehlt.

bb) Die Beschwerde beruft sich ohne Erfolg auf obergerichtliche Rechtsprechung, nach der eine Aussetzung des Rechtsstreits mit Rücksicht auf eine Streitverkündung als zulässig und sachgerecht angesehen worden ist (OLG Hamm, NJW-RR 1994, 1343 ; OLG München, NJW-RR 1998, 576 ). In diesen Verfahren war die Aussetzung eines Rechtsstreits im Hinblick auf eine in einem anderen Verfahren erfolgte Streitverkündung als zulässig erachtet worden. Um einen derartigen Fall handelt es sich vorliegend nicht. Die hier in Rede stehenden Streitverkündungen sind nicht in einem anderen Verfahren erfolgt.

3. Es besteht kein Anlass, den Rechtsstreit bis zu einer Entscheidung des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum über den Antrag der Beklagten auf Nichtigerklärung der Klagemuster gemäß Art. 88 Abs. 3 GGV in Verbindung mit § 148 ZPO auszusetzen.

a) Die Beklagte zu 1 stützt ihre Anträge an das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum vom 26. September 2016 auf Sachvortrag, mit dem sie in dem vorangegangen Rechtsstreit von der Klägerin die Übertragung des Klagemusters nach Art. 15 GGV beansprucht hat und mit dem sie im vorliegenden Rechtsstreit eine Feststellung der Nichtigkeit der Klagemuster begehrt. Sie macht geltend, die Klagemuster seien für nichtig zu erklären, weil sie eine unerlaubte Verwendung eines Werkes darstellten, das nach dem Urheberrecht eines Mitgliedstaats geschützt sei (Art. 25 Abs. 1 Buchst. f GGV).

b) Es bestehen bereits Zweifel daran, ob die Beklagte zu 1 mit ihrem Nichtigkeitsantrag Erfolg haben kann. Die Beklagten begründen den Aussetzungsantrag damit, Herr J. habe den Streitverkündungsempfängerinnen schon im August 2010 einen weitgehend fertiggestellten Entwurf der Klagemuster überlassen mit Zeichnungen, die nahezu identisch mit den Zeichnungen gewesen seien, die dem Vertrag zwischen der Beklagten zu 1 und den beiden Streitverkündungsempfängern vom 5. Juli 2011 beigefügt gewesen seien; nachfolgende Änderungen seien geringfügige und unsichtbare Änderungen innerhalb der Tatstatur und ohne Auswirkung auf das Design gewesen. Die Beklagten haben dasjenige urheberrechtliche Werk, das nach ihrer Behauptung durch die Klagemuster unerlaubt verwendet wird - die nach ihrer Darstellung von Herrn J. im August 2010 gefertigten Zeichnungen -, weder im vorliegenden Rechtsstreit noch im Verfahren vor dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum vorgelegt. Sie haben diese Zeichnungen zudem nicht näher beschrieben. Das lässt keine Beurteilung zu, ob es, die Richtigkeit der Angaben der Beklagten zum zeitlichen Ablauf unterstellt, zu diesem Zeitpunkt bereits ein urheberrechtlich geschütztes Werk gab, das durch die Klagemuster unerlaubt verwendet wurde. Einer Aussetzung steht deshalb bereits der Umstand entgegen, dass es an einer gewissen Wahrscheinlichkeit für die Löschung der Klagemuster fehlt.

c) Hinzu kommt, dass das Interesse der Klägerin an einem baldigen Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits gegen eine Aussetzung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens spricht.

aa) Das vorliegende Verletzungsverfahren ist seit dem Jahr 2011 anhängig. Es ist vom Landgericht bereits einmal ausgesetzt worden, weil die Beklagte zu 1 die Klägerin in einem anderen Rechtsstreit auf Übertragung der Klagemuster in Anspruch genommen hat. Eine wiederholte Aussetzung ist unter dem Gesichtspunkt einer effektiven Rechtsverfolgung nur ausnahmsweise zulässig (vgl. BVerfG, NJW 2013, 3432 Rn. 19 bis 26).

bb) Eine solche Ausnahme liegt hier nicht vor. Die Beklagte zu 1 hat in einem ersten beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum geführten Nichtigkeitsverfahren ohne Erfolg die Erklärung der Nichtigkeit der Klagemuster begehrt (vgl. LG Berlin, BeckRS 2016, 10236) und dabei den Nichtigkeitsgrund des Art. 25 Abs. 1 Buchst. f GGV nicht geltend gemacht. Bei dem Ende 2016 anhängig gemachten Nichtigkeitsverfahren handelt es sich damit um das zweite die Klagemuster betreffende Nichtigkeitsverfahren, das die Beklagte zu 1 zudem erst über fünf Jahre nach Einleitung des vorliegenden Rechtsstreits anhängig gemacht hat. Angesichts der bereits erheblichen Verfahrensdauer im vorliegenden Rechtsstreit und des späten und zudem wiederholten Nichtigkeitsantrags besteht ein überwiegendes Interesse der Klägerin an einer baldigen Entscheidung im vorliegenden Verletzungsverfahren.

cc) Sollten die Klagemuster keinen Bestand haben, steht den Beklagten die Möglichkeit der Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO offen (BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2017 - I ZR 258/14, GRUR 2018, 335 Rn. 16, mwN - Aquaflam).

dd) Zu berücksichtigen ist zudem, dass die mit der Widerklage erhobene Nichtigkeitsklage vor dem erneuten Antrag der Beklagten zu 1 auf Erklärung der Nichtigkeit der Klagemuster beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum anhängig gemacht worden ist. Grundsätzlich ist in einem derartigen Fall nicht das Verfahren der Nichtigkeitsklage, sondern das Verfahren vor dem Amt auszusetzen (Art. 91 Abs. 2 Satz 1 GGV).

III. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zwar zulässig, aber unbegründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, die auf die Verletzung von Verfahrensgrundrechten gestützten Rügen greifen nicht durch und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts auch im Übrigen nicht.

1. Die Revision ist nicht deshalb zuzulassen, weil die Tatsacheninstanzen erfolglos versucht haben, den die Streitverkündung enthaltenden Schriftsatz der Beklagten zuzustellen. Dadurch werden das Recht der Beklagten auf ein faires Verfahren und auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 GG ) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG ) nicht verletzt.

a) Die Streitverkündung dient dem Interesse des Streitverkünders, das Gericht im Folgeprozess an die Ergebnisse des Erstprozesses gemäß § 74 Abs. 1 , § 68 ZPO zu binden und damit das Risiko eines Prozessverlusts in den Fällen zu vermeiden, in denen der Streitverkünder wegen der materiell-rechtlichen Abhängigkeit und wechselseitigen Ausschließung der Ansprüche jedenfalls in einem der beiden Prozesse gewinnen muss (BGH, Urteil vom 11. Februar 2009 - XII ZR 114/06, BGHZ 179, 361 Rn. 29; Urteil vom 28. Juni 2011 - KZR 75/10, BGHZ 190, 145 Rn. 73 - ORWI). Zweck der Streitverkündung ist es dagegen nicht, der streitverkündenden Partei, die im Erstprozess auf die Darlegung von Umständen aus der Sphäre des Streitverkündungsempfängers angewiesen ist, die Möglichkeit zu eröffnen, sich auf das zu erwartende Vorbringen des Streithelfers zu berufen. Dies ergibt sich daraus, dass der Streithelfer nicht verpflichtet ist, sich im Ausgangsrechtsstreit zu erklären. Er kann vielmehr von einer Erklärung absehen mit der Folge, dass der Rechtsstreit ohne Rücksicht auf ihn fortgesetzt wird (§ 74 Abs. 2 ZPO ). Deshalb hat das Gericht in einem Verfahren, in dem eine Streitverkündung erfolgt, nicht mit einer Entscheidung zuzuwarten, bis eine Zustellung der Streitverkündung gelingt.

b) Im Übrigen macht die Beschwerde ohne Erfolg geltend, das Landgericht habe die Beklagten über den Stand der Zustellung in Taiwan nicht unterrichtet und eine Zustellung in der Volksrepublik China nicht veranlasst.

aa) Nachdem das Landgericht mit Schreiben vom 6. Januar 2015 um eine Zustellung der Streitverkündung an die S. M. Co., Ltd., unter der von den Beklagten angegebenen Anschrift in Taiwan ersucht hatte, hat das Deutsche Institut Taipei das Landgericht mit Schreiben vom 14. August 2015 von einer Mitteilung des taiwanesischen Außenministeriums unterrichtet, dass die Streitverkündete nicht mehr unter der angegebenen Postfachadresse erreichbar sei. Dieses Schreiben ist mit Verfügung des Rechtspflegers vom 8. September 2015 der Kammervorsitzenden vorgelegt worden. Diese hat am 10. September 2015 eine Übersendung einer Abschrift dieses Schreibens an die Parteien veranlasst.

bb) Aus der Gerichtsakte ergeben sich zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass das Landgericht sich nicht prozessordnungsgemäß um eine Zustellung der Streitverkündung an die zweite Streitverkündungsempfängerin bemüht hat. Der Gerichtsakte lässt sich entnehmen, dass das Landgericht, anders als von der Beschwerde gerügt, ein Ersuchen um Zustellung der Streitverkündung an die T. Te. (HK) Co., Ltd., in der Volksrepublik China veranlasst und abgesandt hat. Die Vorsitzende der zuständigen Kammer des Landgerichts hat am 30. Oktober 2014 die Fertigung eines Schreibens für das Verfahren der Rechtshilfe und eines Ersuchens um Zustellung der Streitverkündung sowie eine Übersetzung der Streitverkündungsschrift in die chinesische Sprache angeordnet. Die zuzustellenden Unterlagen sind am 7. November 2014 zum Übersetzer geschickt worden. Die Übersetzung unter Verwendung von chinesischen Kurzzeichen ist dem Landgericht am 25. November 2014 in Rechnung gestellt worden. Sodann hat der Rechtspfleger das Zustellungsersuchen mit Verfügung vom 9. Dezember 2014 dem Präsidenten des Landgerichts zur Prüfung und Weiterleitung vorgelegt, der ausweislich des Vermerks vom 15. Dezember 2014 das Ersuchen geprüft und ohne Prüfungsvermerk an die Zentrale Behörde in China weitergeleitet hat.

cc) Der Gerichtsakte lässt sich demgegenüber nicht entnehmen, dass sich die Beklagten, deren Antrag auf Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf die Zustellungen der Streitverkündungen im Urteil des Landgerichts vom 13. August 2015 zurückgewiesen worden ist, zu irgendeinem Zeitpunkt nach dem Sachstand der im Ausland vorzunehmenden Zustellungen erkundigt oder sich um eine Förderung der in ihrem Interesse liegenden Zustellungen bemüht hätten. Sie machen dies auch nicht im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde geltend.

2. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

IV. Danach ist die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO .

Vorinstanz: LG Düsseldorf, vom 13.08.2015 - Vorinstanzaktenzeichen O 238/11
Vorinstanz: OLG Düsseldorf, vom 23.03.2017 - Vorinstanzaktenzeichen I-20 U 125/15
Fundstellen
GRUR 2018, 853
MDR 2018, 1144
MDR 2018, 1173
WRP 2018, 961