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BGH - Entscheidung vom 19.12.2018

4 StR 343/18

Normen:
StPO § 154 Abs. 2

BGH, Beschluss vom 19.12.2018 - Aktenzeichen 4 StR 343/18

DRsp Nr. 2019/1059

Gesamtstrafenbildung bei Einststellung des Verfahrens von einzelnen Taten i.R.d. Grundsatzes in dubio pro reo (hier: Annahme einer natürlichen Handlungseinheit bei mehreren Scheckausstellungen am selben Tag)

Tenor

1.

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hagen vom 21. März 2018 wird

a)

das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen II. 2.b) Taten 136, 181, 205, 219, 264, 271, 279, 290 und 292 der Urteilsgründe verurteilt worden ist; insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten;

b)

das vorbezeichnete Urteil dahin geändert, dass der Angeklagte der Untreue in 304 Fällen schuldig ist.

2.

Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3.

Der Angeklagte hat die weiteren Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Normenkette:

StPO § 154 Abs. 2 ;

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in 313 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel führt zu einer Verfahrensbeschränkung nach § 154 Abs. 2 StPO und zu einer dadurch veranlassten Neufassung des Schuldspruchs; im Übrigen hat es keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO ).

1. Auf Antrag des Generalbundesanwalts stellt der Senat das Verfahren in den Fällen II. 2.b) Taten 136, 181, 205, 219, 264, 271, 279, 290 und 292 der Urteilsgründe gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein, da nach Maßgabe der in dem Berichterstatterschreiben vom 22. November 2018 dargelegten Gründe nach den bisher getroffenen Feststellungen nicht auszuschließen ist, dass in diesen Fällen die Annahme einer natürlichen Handlungseinheit bei mehreren Scheckausstellungen am selben Tag gegen den Grundsatz in dubio pro reo verstößt. In den übrigen Fällen liegt ein solcher Verstoß nicht vor, weil bei gesonderter Aburteilung jeder Scheckausstellung – auf den jeweiligen Tag bezogen – nach der von der Strafkammer rechtsfehlerfrei gebildeten Strafenstaffelung in der Summe höhere Einzelstrafen festzusetzen gewesen wären als dies bei der tageweisen Zusammenfassung der Fall ist.

2. Im Übrigen hat die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO ).

3. Durch die Verfahrenseinstellung entfallen neun Einzelfreiheitsstrafen von jeweils zwei Jahren und drei Monaten. Die Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren kann jedoch bestehen bleiben. Der Senat schließt im Blick auf die verbleibenden Einzelstrafen – Einzelfreiheitsstrafen von drei Jahren in fünf Fällen (zugleich Einsatzstrafe), von zwei Jahren und drei Monaten in den verbleibenden 19 Fällen, von einem Jahr und sechs Monaten in 59 Fällen und von einem Jahr in 220 Fällen – aus, dass die äußerst straff zusammengezogene Gesamtfreiheitsstrafe und die dieser zugrunde liegenden verbleibenden Einzelstrafen von der teilweisen Verfahrenseinstellung berührt werden. Dem liegt entgegen der Auffassung der Revision keine „mathematische Denkweise“ und auch nicht die Bildung einer „Art Zwischengesamtstrafe“ zugrunde, sondern die dem Revisionsgericht obliegende Beruhensprüfung nach § 337 Abs. 1 StPO . Die Entscheidung des Senats fußt nicht auf der dem Anwendungsbereich des § 354 Abs. 1a StPO vorbehaltenen Angemessenheitsprüfung. Überdies sind die ordnungsgemäß festgestellten Handlungen in den eingestellten Fällen bei der Strafzumessung zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. November 2009 – 5 StR 427/09; s. ferner BGH, Urteil vom 5. Juni 2014 – 2 StR 381/13 Rn. 23; Beschluss vom 7. Januar 2015 – 2 StR 259/14).

Vorinstanz: LG Hagen, vom 21.03.2018