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BGH - Entscheidung vom 30.05.2018

IV ZR 402/16

Normen:
VBLS § 23 Abs. 1 S. 3-6
VBLS § 23 Abs. 2

BGH, Beschluss vom 30.05.2018 - Aktenzeichen IV ZR 402/16

DRsp Nr. 2018/11504

Erstattung von Rentenleistungen durch Kündigung des Beteiligungsverhältnisses aus der Beteiligungsvereinbarung in Verbindung mit den Gegenwertregelungen der VBLS

Das für eine Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen. Ein allgemeines Klärungsinteresse reicht nicht aus. Eine gegenwärtige Gefahr oder Rechtsunsicherheit droht dem Recht oder der Rechtslage des Klägers unter an derem dadurch, dass der Beklagte das Recht ernstlich bestreitet oder sich eines Rechts gegen den Kläger berühmt.

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe - Kartellsenat - vom 27. Januar 2016 gemäß § 552a Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen

eines Monats

Stellung zu nehmen.

Normenkette:

VBLS § 23 Abs. 1 S. 3-6; VBLS § 23 Abs. 2;

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Rechtsfolgen im Falle eines Ausscheidens der Klägerin aus dem Beteiligungsverhältnis bei der beklagten Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (im Folgenden: VBL).

Das Landgericht hat antragsgemäß unter anderem festgestellt, dass die Ausscheidensregelungen in § 23 Abs. 1 Satz 3 bis 6, Abs. 2 sowie § 23a, § 23c und § 35a der Satzung der Beklagten (im Folgenden: VBLS) in der 18. Fassung nichtig seien und der VBL gegenüber der Klägerin im Falle der Kündigung des Beteiligungsverhältnisses aus der Beteiligungsvereinbarung in Verbindung mit den Gegenwertregelungen der VBLS in deren 18. Fassung kein Anspruch auf Erstattung von Rentenleistungen zustehe. Hinsichtlich der auf Nichtigkeit des § 23 Abs. 2 VBLS in der 17. Fassung gerichteten Feststellungsanträge hat das Landgericht festgestellt, dass sich der Rechtsstreit erledigt habe.

Das Berufungsgericht hat die Berufungen beider Parteien zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Beide Parteien haben Revision eingelegt. Die VBL hat ihre Revision zurückgenommen.

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Revision die in der Berufungsinstanz erfolglosen Feststellungsanträge weiter.

II. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der auf die Feststellung, dass die VBL nicht berechtigt sei, im Falle eines kündigungsbedingten Ausscheidens der Klägerin aus der Beteiligung mit der VBL der Klägerin auf der Grundlage der VBLS in ihrer 18./19. und in künftigen weiteren Fassungen oder aus sonstigen Rechtsgründen Ansprüche und Anwartschaften aufgrund früherer Pflichtversicherungen über die Stadt O. vor der Ausgründung der Klägerin dieser zuzurechnen, gerichtete Berufungsantrag zu Ziff. 1a mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Die VBL habe klargestellt, dass es eine anteilige Zurechnung von bereits bei der Stadt O. entstandenen Ansprüchen und Anwartschaften aus beitragsfreien Versicherungen weder nach der Satzung in der Fassung der 17. Satzungsänderung noch nach der Neuregelung geben werde. Über die Berufungsanträge zu Ziff. 1b und 1c sei nicht zu befinden, da sie lediglich für den Fall der Unbegründetheit des vorgenannten Antrags gestellt seien. Die Berufungsanträge zu Ziff. 2a bis c seien unzulässig, weil sie teilweise inhaltsgleich mit den bereits vom Landgericht zugesprochenen Klageanträgen seien und kein darüber hinausgehendes Feststellungsinteresse bestehe. Aus denselben Gründen sei auch der Berufungsantrag zu Ziff. 3 unzulässig und im Übrigen unbegründet.

III. Die Voraussetzungen für die Zulassung liegen hinsichtlich der Revision der Klägerin nicht vor. Sie hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO ).

1. Eine grundsätzliche Bedeutung ist hinsichtlich der - mangels erkennbarer Einschränkung - von der Zulassungsentscheidung des Berufungsgerichts umfassten Revision der Klägerin nicht gegeben. Die von ihr weiterverfolgten Klageanträge werfen keine Rechtsfragen auf, die über den Streitfall hinaus klärungsbedürftig sind. Insoweit war die Zulassung auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten.

2. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen.

a) Der Berufungsantrag zu Ziff. 1a ist, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, mangels Feststellungsinteresses unzulässig.

aa) Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen. Ein allgemeines Klärungsinteresse reicht nicht aus. Eine gegenwärtige Gefahr oder Rechtsunsicherheit droht dem Recht oder der Rechtslage des Klägers unter an derem dadurch, dass der Beklagte das Recht ernstlich bestreitet oder sich eines Rechts gegen den Kläger berühmt (Senatsbeschluss vom 10. Februar 2016 - IV ZR 423/12, juris Rn. 11 m.w.N.).

bb) Nachdem die VBL in ihrer Berufungserwiderung klargestellt hatte, dass es eine anteilige Zurechnung von bereits bei der Stadt O. entstandenen Ansprüchen und Anwartschaften aus beitragsfreien Versicherungen weder nach der VBLS in der Fassung der 17. Satzungsänderung noch nach der Neuregelung geben werde, hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass sich die VBL einer solchen Zurechnung nicht berühme und daher ein Feststellungsinteresse nicht gegeben sei. Soweit die Klägerin ihren Antrag dahin verstanden wissen will, dass sie selbst für die Renten und Anwartschaften der am 1. Januar 1999 von ihr zusammen mit dem Betrieb übernommenen Pflichtversicherten nur verhältnismäßig aufzukommen habe, ist ihrem Feststellungsinteresse durch die vom Landgericht getroffene Feststellung genügt, dass der VBL gegenüber der Klägerin im Falle der Kündigung des Beteiligungsverhältnisses aus der Beteiligungsvereinbarung in Verbindung mit den Gegenwertregelungen der VBLS in deren 18. Fassung kein Anspruch auf Erstattung von Rentenleistungen zustehe, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat.

Zudem scheidet die begehrte Feststellung deshalb aus, weil die abstrakte Rechtsfrage, welche Anwartschaften und Ansprüche bei der Berechnung eines (möglicherweise) von der Klägerin geschuldeten Gegenwerts einzubeziehen sind, nicht losgelöst von der Überprüfung einer neuen Gegenwertregelung beantwortet werden kann (Senatsbeschluss vom 10. Februar 2016 - IV ZR 423/12, juris Rn. 21).

b) Da der vorbezeichnete Berufungsantrag unzulässig ist, brauchte das Berufungsgericht über die Berufungsanträge zu Ziff. 1b und 1c nicht zu entscheiden, weil sie nur für den Fall gestellt waren, dass der Antrag zu Ziff. 1a für nicht begründet erachtet werde.

c) Auch die Berufungsanträge zu Ziff. 2a bis c, mit denen die Klägerin die Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung der VBL wegen einer Berühmung mit Gegenwertforderungen nach der 17. Fassung der VBLS erstrebt, hat das Berufungsgericht zu Recht als unzulässig angesehen, weil kein Feststellungsinteresse der Klägerin ersichtlich ist, das über die vom Landgericht bereits zuerkannten Anträge hinausgeht.

Im Übrigen ist eine Feststellungsklage, die - wie hier - einen reinen Vermögensschaden ohne vorangegangene Verletzung eines absoluten Rechts betrifft, nur zulässig, wenn der Eintritt eines Schadens wahrscheinlich ist (BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 27 m.w.N.). Für eine solche Schadenwahrscheinlichkeit hat es das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei nicht ausreichen lassen, dass sich die VBL zunächst berühmt hatte, im Falle der Kündigung des Beteiligungsverhältnisses auf der Grundlage des § 23 Abs. 2 VBLS in der Fassung der 17. Satzungsänderung eine Gegenwertforderung erheben zu dürfen. Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist, dass das Berufungsgericht den Eintritt eines Schadens nicht für wahrscheinlich gehalten hat. Für die Wahrscheinlichkeit eines Schadens genügt nicht der Vortrag, dies folge aus dem von der Klägerin vorgelegten versicherungsmathematischen Gutachten D. vom 20. Oktober 2010, "wonach sich die Gesamtzahlungsverpflichtung der Klägerin allein durch die sogenannte Ausgliederungsthematik nahezu halbieren würde". Auf diese Problematik beziehen sich die Berufungsanträge zu Ziff. 2a bis c nicht; sie stellen nur allgemein darauf ab, dass sich die VBL berühmt habe, im Falle der Kündigung des Beteiligungsverhältnisses "eine" Gegenwertforderung erheben zu dürfen.

d) Aus den vorgenannten Gründen hat das Berufungsgericht auch den Berufungsantrag zu Ziff. 3, der sich auf eine Schadensersatzverpflichtung wegen einer Berühmung der VBL betreffend eine Gegenwertforderung nach der 18. Fassung der VBLS bezieht, zutreffend als unzulässig erachtet.

Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.

Vorinstanz: LG Mannheim, vom 16.01.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 7 O 75/12
Vorinstanz: OLG Karlsruhe, vom 27.01.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 6 U 20/15