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BGH - Entscheidung vom 07.02.2018

VII ZB 28/17

Normen:
ZPO § 91a

BGH, Beschluss vom 07.02.2018 - Aktenzeichen VII ZB 28/17

DRsp Nr. 2018/3593

Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits; Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde; Vergütungsbegehren für die Schaltung einer Werbeanzeige im Internet

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden die Beschlüsse der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 1. März 2017 und des Amtsgerichts Bad Kreuznach vom 29. Juli 2016 aufgehoben.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Von der Erhebung der Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG abgesehen.

Normenkette:

ZPO § 91a;

Gründe

I.

Die Klägerin, ein Unternehmen, das im Bereich der Werbe- und Medientechnik tätig ist, verlangt von der Beklagten die Vergütung für die Schaltung einer Werbeanzeige im Internet.

Die Klägerin hat einen Mahnbescheid über 1.231,65 € zuzüglich Zinsen und Nebenkosten erwirkt, gegen den die Beklagte Widerspruch eingelegt hat. Im Anschluss haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Das Amtsgericht hat nach § 91a ZPO die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben; hiergegen wendet sie sich mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde der Klägerin führt zur Aufhebung der angefochtenen Kostenentscheidungen und zur Aufhebung der Kosten des Rechtsstreits gegeneinander.

1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Kostenentscheidung nach § 91a ZPO ausgeführt, die Klägerin wäre ohne die übereinstimmende Erledigungserklärung in der Hauptsache voraussichtlich mit ihrer Klage unterlegen gewesen. Die Klägerin habe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung der vor Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache geltend gemachten Vergütung. Ein solcher ergebe sich insbesondere nicht aus § 631 Abs. 1 BGB . Der zwischen den Parteien geschlossene Werbevertrag sei rechtlich als Werkvertrag einzuordnen.

Der geschlossene Vertrag enthalte indes keine Regelungen, die Rückschlüsse auf den Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige und damit auf deren Werbewirksamkeit zuließen. Wie bei jedem Vertrag müsse auch im zu beurteilenden Fall die geschuldete Leistung hinlänglich bestimmt sein, um den Willen zu einer vertraglichen Bindung annehmen zu können. An einer solchen hinreichenden Bestimmtheit der von dem Unternehmer geschuldeten Leistung fehle es aber, wenn der Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige bei potentiellen Kunden und damit die Werbewirksamkeit, auf die es nach dem Vertragszweck entscheidend ankomme, gänzlich ungeregelt bleibe. Ein solcher Werbevertrag sei für den Besteller faktisch wertlos, so dass auch nicht davon ausgegangen werden könne, dass er unter diesen Umständen eine vertragliche Bindung eingehen und sich zur Zahlung einer Vergütung verpflichten wolle.

Der Vertragsinhalt sei bei Werbeverträgen nur dann hinreichend bestimmt, wenn die Vertragserklärungen Angaben zur Auflage und Verbreitung des Werbeträgers enthielten. Ferner müsse vertraglich vereinbart werden, an welchen Stellen die Werbung verteilt werden solle, weil anderenfalls vom Gericht nicht festgestellt werden könne, ob der geschuldete Werbeeffekt tatsächlich erzielt werden könne beziehungsweise tatsächlich eingetreten sei. Auch im vorliegenden Fall wäre es möglich gewesen, Kriterien vertraglich zu regeln, die den Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige an potentielle Kunden bestimmten. So könnten etwa Angaben dazu, wie viele Besuche (sog. "clicks") auf der von der Klägerin unterhaltenen Internetseite in einem bestimmten Zeitraum mindestens stattfinden, Auskunft über die Auffindbarkeit und die Attraktivität der Seite für interessierte Internetnutzer geben. Keiner dieser Punkte sei im Vertrag geregelt. Auch andere Kriterien, nach denen die Werbewirksamkeit bestimmt werden könnte, fehlten. Der Vertragsinhalt könne insoweit auch nicht im Wege der Auslegung ermittelt werden.

2. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 , Abs. 3 Satz 2 ZPO mit Bindungswirkung für den Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 , Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft (vgl. BGH, Beschluss vom 3. März 2004 - IV ZB 21/03, NJW-RR 2004, 999 , juris Rn. 7 f.) und auch im Übrigen zulässig.

a) Die Rechtsbeschwerde hätte allerdings nicht zugelassen werden dürfen. Die Rechtssache hat, anders als das Beschwerdegericht meint, weder grundsätzliche Bedeutung noch ist sie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde zugelassen, weil die Frage, ob es sich bei einer Eintragung in einem elektronischen Branchenverzeichnis um einen Werkvertrag oder um einen Dienstvertrag mit werkvertraglichen Elementen handele, für eine Vielzahl von Fällen von Bedeutung sei. Auch die Folgefrage, ob die Rechtsprechung zu den Anforderungen an die Wirksamkeit von Werbeverträgen im Bereich der Printmedien auf Anzeigenschaltungen im Internet entsprechend übertragbar sei, habe grundsätzliche Bedeutung.

b) Es ist nicht Zweck einer Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits nach § 91a ZPO , Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären, soweit es um Fragen des materiellen Rechts geht (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Oktober 2008 - XI ZB 24/07, BauR 2009, 243 Rn. 9; Urteil vom 21. Dezember 2006 - IX ZR 66/05, NJW 2007, 1591 Rn. 22; Beschluss vom 17. März 2004 - IV ZB 21/02, NJW-RR 2004, 1219 , 1220, juris Rn. 7 f.). Grundlage der Entscheidung ist lediglich eine summarische Prüfung, bei der das Gericht grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten alle für den hypothetischen Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen zu klären (BGH, Beschluss vom 5. Juni 2014 - VII ZB 54/13 Rn. 5; Beschluss vom 15. September 2009 - IX ZB 36/08, ZVI 2010, 22 Rn. 3; Beschluss vom 28. Oktober 2008 - VIII ZB 28/08, NZBau 2009, 312 Rn. 5 m.w.N.). Der Senat sieht sich deshalb nicht veranlasst, die aufgeworfenen Rechtsfragen zu entscheiden. Bei summarischer Prüfung ist der Verfahrensausgang offen. Mangels anderer Verteilungskriterien sind die Kosten daher gegeneinander aufzuheben.

c) Da die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht hätte erfolgen dürfen, sind die Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht zu erheben.

Vorinstanz: AG Bad Kreuznach, vom 29.07.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 22 C 16/16
Vorinstanz: LG Bad Kreuznach, vom 01.03.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 1 T 169/16