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BGH - Entscheidung vom 10.04.2018

5 StR 71/18

Normen:
StGB § 55 Abs. 1

BGH, Beschluss vom 10.04.2018 - Aktenzeichen 5 StR 71/18

DRsp Nr. 2018/5952

Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe durch Wegfall der Einsatzstrafe

Eine für eine Straftat verhängte einjährige Freiheitsstrafe kann nicht bestehen bleiben, wenn das Gericht sowohl bei der Prüfung des anzuwendenden Strafrahmens als auch bei der konkreten Strafzumessung maßgeblich und fälschlicherweise zu Lasten des Angeklagten gewertet hat, dass dieser vorbestraft ist.

Tenor

1.

Auf die Revision des Angeklagten L. wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 4. August 2017, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über die für die Tat II.4 verhängte Freiheitsstrafe und die Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und einem Monat aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Dresden zurückverwiesen.

2.

Die weitergehende Revision sowie diejenigen der Angeklagten M. und R. werden als unbegründet verworfen. Die letztgenannten Beschwerdeführer haben die Kosten ihres jeweiligen Rechtsmittels zu tragen.

Normenkette:

StGB § 55 Abs. 1 ;

Gründe

1. Die Nachprüfung des bezeichneten Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen der Angeklagten M. und R. hat keinen Rechtsfehler zu ihrem Nachteil ergeben. Insbesondere hat das Landgericht die gegen den Angeklagten M. verhängten Gesamtfreiheitsstrafen rechtsfehlerfrei gebildet.

2. Das Rechtsmittel des Angeklagten I. hat lediglich im tenorierten Umfang Erfolg.

Die für die Tat II.4 (verübt am 20. Januar 2016) verhängte einjährige Freiheitsstrafe kann nicht bestehen bleiben. Denn das Landgericht hat sowohl bei der Prüfung des anzuwendenden Strafrahmens (§ 243 Abs. 1 StGB ) als auch bei der konkreten Strafzumessung maßgeblich zu Lasten des Angeklagten gewertet, dass dieser vorbestraft sei. Dies trifft nicht zu, da gegen ihn allein Strafbefehle vom 11. Februar und 14. April 2016 ergangen sind. Der Senat vermag nicht auszuschließen (§ 337 Abs. 1 StPO ), dass das Landgericht ohne den Rechtsfehler zu einer niedrigeren Strafe gelangt wäre.

Der Wegfall der Einsatzstrafe entzieht zugleich der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und einem Monat die Grundlage. Diese hätte jedoch ohnehin keinen Bestand haben können. Denn das Urteil teilt nicht mit, dass die einbezogenen neun Geldstrafen aus den genannten Strafbefehlen (einmal 20, viermal zehn sowie viermal fünf Tagessätze zu je 10 Euro) noch nicht erledigt sind. Der Senat vermag daher die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 StGB nicht zu prüfen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juni 2002 - 4 StR 141/02).

Einer Aufhebung der jeweils zugrunde liegenden Feststellungen bedarf es nicht, da diese von den Rechtsfehlern nicht betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO ). Weitere Feststellungen können aufgrund der neuen Hauptverhandlung getroffen werden, sofern sie den bisherigen nicht widersprechen. Der Senat weist darauf hin, dass für die Frage, ob erneut eine Gesamtstrafe zu bilden ist, der Vollstreckungsstand zum Zeitpunkt des angegriffenen Urteils maßgeblich ist (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2016 - 5 StR 456/15).

Vorinstanz: LG Dresden, vom 04.08.2017