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BGH - Entscheidung vom 26.07.2018

I ZR 226/14

Normen:
GGV Art. 110 Abs. 1
GGV Art. 110 Abs. 1
GGV Art. 110 Abs. 1

Fundstellen:
BB 2018, 2753
GRUR 2018, 1246
MDR 2019, 48
WRP 2019, 82

BGH, Urteil vom 26.07.2018 - Aktenzeichen I ZR 226/14

DRsp Nr. 2018/16958

Anwerndbarkeit der Schutzschranke gemäß Art. 110 Abs. 1 GGV auf Felgen von Kraftfahrzeugen; Geschmacksmusterverletzung bzgl. verschiedener Autofelgen; Ausschließliche Bestimmung der Felgen zur Reparatur

a) Die Schutzschranke gemäß Art. 110 Abs. 1 GGV ist grundsätzlich auf Felgen von Kraftfahrzeugen anwendbar, die farblich und in der Größe den Originalfelgen entsprechen, wenn die Verwendung der Felgen notwendig ist, um ein Kraftfahrzeug zu reparieren, das etwa aufgrund des Abhandenkommens der Originalfelgen oder deren Beschädigung schadhaft geworden ist.b) Der Anbieter solcher Kraftfahrzeugfelgen kann sich auf die Schutzschranke gemäß Art. 110 Abs. 1 GGV nur dann mit Erfolg berufen, wenn er Sorgfaltspflichten erfüllt, die sich auf die Einhaltung der in Art. 110 Abs. 1 GGV geregelten Voraussetzungen durch die nachgelagerten Benutzer beziehen.c) Danach obliegt es dem Hersteller und dem Anbieter, den nachgelagerten Benutzer mit einem klaren, gut sichtbaren Hinweis auf dem Erzeugnis, auf dessen Verpackung, in den Katalogen oder in den Verkaufsunterlagen darüber zu informieren, - dass in die betreffende Felge ein Geschmacksmuster aufgenommen ist, dessen Inhaber er nicht ist, und- dass diese Felge ausschließlich dazu bestimmt ist, mit dem Ziel verwendet zu werden, die Reparatur des Kraftfahrzeugs zu ermöglichen, um diesem wieder sein ursprüngliches Erscheinungsbild zu verleihen.Der Hinweis muss in den Sprachen gegeben werden, die in den Ländern allgemein verständlich sind, an deren Einwohner sich das Angebot bestimmungsgemäß richtet.d) Der Hersteller und der Anbieter haben zudem mit geeigneten Mitteln, insbesondere vertraglicher Art, dafür zu sorgen, dass die nachgelagerten Benutzer die Felgen ausschließlich mit dem Ziel der Reparatur des Kraftfahrzeugs verwenden.e) Weiß der Hersteller oder der Anbieter, dass der nachgelagerte Benutzer die Felgen nicht ausschließlich mit dem Ziel der Reparatur des Kraftfahrzeugs verwendet, oder müssen Hersteller oder Anbieter dies bei Würdigung aller maßgeblichen Umstände vernünftigerweise annehmen, muss ein Verkauf unterbleiben.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 11. September 2014 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Normenkette:

GGV Art. 110 Abs. 1;

Tatbestand

Die Klägerin ist die Herstellerin der Porsche-Fahrzeuge. Sie ist Inhaberin der Gemeinschaftsgeschmacksmuster Nr. 000290770 (angemeldet und eingetragen am 4. Februar 2005, bekanntgemacht am 5. April 2005), Nr. 000267505 (angemeldet und eingetragen am 13. Dezember 2004, bekanntgemacht am 22. Februar 2005), Nr. 000917588 (angemeldet und eingetragen am 15. April 2008, bekanntgemacht am 8. Januar 2010) und Nr. 000167796 (angemeldet und eingetragen am 19. April 2004, bekanntgemacht am 13. Juli 2004), die Räder für Fahrzeuge zeigen.

Die in Italien geschäftsansässige Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 ist, produziert Felgen für Personenkraftwagen verschiedener Automobilhersteller. Zu ihrem Sortiment zählen die Leichtmetallfelgen "W1050 Philadelphia", "W1051 Tornado Silver", "W1054 Saturn" und "W1053 Helios Silver", die die oben genannten Gemeinschaftsgeschmacksmuster der Klägerin nachbilden. Auf den Felgen der Beklagten zu 1 sind deren Marke "WSP Italy" und der Hinweis "Not O.E.M." angebracht.

Die Beklagte zu 1 bietet ihre Leichtmetallräder auf ihrer in Deutschland in deutscher Sprache abrufbaren Internetseite "www.wspitaly.com" an. Über die an Endverbraucher gerichtete Internetseite können die Felgen einzeln oder zu mehreren erworben werden. Auf dieser Internetseite findet sich der englischsprachige Hinweis, dass es sich um nachgebaute oder ähnlich gebaute Nachrüsträder handele, die vollständig kompatibel zu den angegebenen Fahrzeugen und ausschließlich zu deren Reparatur bestimmt seien, um ihr ursprüngliches Erscheinungsbild wiederherzustellen. Bei den für Fahrzeuge der Klägerin bestimmten Leichtmetallrädern gibt die Beklagte zu 1 an, es handele sich um Ersatzfelgen, die nur für Porsche verwendbar seien.

Die Klägerin sieht in den Leichtmetallrädern "W1050 Philadelphia", "W1051 Tornado Silver", "W1054 Saturn" und "W1053 Helios Silver" Verletzungen ihrer Gemeinschaftsgeschmacksmuster (im Folgenden Klagemuster). Sie hat behauptet, die Beklagte zu 1 biete die fraglichen Felgen auch in Farben und Radgrößen an, die nicht den Originalprodukten entsprächen.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen,

Kraftfahrzeugräder gemäß den nachfolgenden Abbildungen in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, zu bewerben, abzubilden oder in die Bundesrepublik Deutschland einzuführen oder sonstwie in den Verkehr zu bringen:

Ferner hat die Klägerin die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten begehrt und sie auf Auskunftserteilung in Anspruch genommen.

Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten. Sie haben geltend gemacht, bei den angegriffenen Leichtmetallrädern handele es sich um Ersatzteile, die der Reparatur von beschädigten Porsche-Fahrzeugen dienten und deshalb nach Art. 110 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (nachfolgend: GGV) nicht vom Schutz der Klagemuster erfasst seien.

Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (vgl. OLG Stuttgart, GRUR 2015, 380 ). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen die Beklagten ihren auf Abweisung der Klage gerichteten Antrag weiter.

Der Senat hat mit Beschluss vom 2. Juni 2016 (GRUR 2016, 1057 = WRP 2016, 1377 - Kraftfahrzeugfelgen I) dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen zur Auslegung des Art. 110 Abs. 1 GGV zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.

Ist die Anwendung der Schutzschranke im Sinne von Art. 110 Abs. 1 GGV auf formgebundene, das heißt solche Teile beschränkt, deren Form durch das Erscheinungsbild des Gesamterzeugnisses prinzipiell unveränderlich festgelegt und damit vom Kunden nicht - wie etwa Felgen von Kraftfahrzeugen - frei wählbar ist?

2.

Für den Fall, dass die Frage 1 verneint wird:

Ist die Anwendung der Schutzschranke im Sinne von Art. 110 Abs. 1 GGV allein auf das Angebot von identisch gestalteten, also auch farblich und in der Größe den Originalerzeugnissen entsprechenden Erzeugnissen beschränkt?

3.

Für den Fall, dass die Frage 1 verneint wird:

Greift die Schutzschranke im Sinne von Art. 110 Abs. 1 GGV zugunsten des Anbieters eines grundsätzlich das Klagemuster verletzenden Erzeugnisses nur dann ein, wenn dieser Anbieter objektiv sicherstellt, dass sein Erzeugnis ausschließlich zu Reparaturzwecken und nicht auch zu anderen Zwecken, etwa der Aufrüstung oder der Individualisierung des Gesamterzeugnisses erworben werden kann?

4.

Falls die Frage 3 bejaht wird:

Welche Maßnahmen muss der Anbieter eines grundsätzlich das Klagemuster verletzenden Erzeugnisses ergreifen, um objektiv sicherzustellen, dass sein Erzeugnis ausschließlich zu Reparaturzwecken und nicht auch zu anderen Zwecken, etwa der Aufrüstung oder der Individualisierung des Gesamterzeugnisses erworben werden kann?

Reicht es aus,

a)

dass der Anbieter in den Verkaufsprospekt einen Hinweis aufnimmt, dass ein Verkauf ausschließlich zu Reparaturzwecken erfolgt, um das ursprüngliche Erscheinungsbild des Gesamterzeugnisses wiederherzustellen oder

b)

ist es erforderlich, dass der Anbieter eine Belieferung davon abhängig macht, dass der Abnehmer (Händler und Verbraucher) schriftlich erklärt, das angebotene Erzeugnis nur zu Reparaturzwecken zu verwenden?

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat hierüber durch Urteil vom 20. Dezember 2017 (C-397/16 und C-435/16, GRUR 2018, 284 = WRP 2018, 308 - Acacia und Pneusgarda/Audi sowie Acacia und D'Amato/Porsche [Acacia/ Porsche]) wie folgt entschieden:

1.

Art. 110 Abs. 1 GGV ist dahin auszulegen, dass die darin enthaltene so genannte "Reparaturklausel" den Ausschluss des Schutzes als Gemeinschaftsgeschmacksmuster für ein Muster, das als Bauelement eines komplexen Erzeugnisses mit dem Ziel verwendet wird, die Reparatur dieses komplexen Erzeugnisses zu ermöglichen, um diesem wieder sein ursprüngliches Erscheinungsbild zu verleihen, nicht unter die Voraussetzung stellt, dass das geschützte Geschmacksmuster vom Erscheinungsbild des komplexen Erzeugnisses abhängig ist.

2.

Art. 110 Abs. 1 GGV ist dahin auszulegen, dass die darin enthaltene "Reparaturklausel" den Ausschluss des Schutzes als Gemeinschaftsgeschmacksmuster für ein Muster, das als Bauelement eines komplexen Erzeugnisses mit dem Ziel verwendet wird, die Reparatur dieses komplexen Erzeugnisses zu ermöglichen, um diesem wieder sein ursprüngliches Erscheinungsbild zu verleihen, unter die Voraussetzung stellt, dass das Erscheinungsbild des Ersatzteils mit demjenigen optisch identisch ist, das das ursprünglich in das komplexe Erzeugnis eingefügte Bauelement bei seinem Inverkehrbringen hatte.

3.

Art. 110 Abs. 1 GGV ist dahin auszulegen, dass der Hersteller oder Anbieter eines Bauelements eines komplexen Erzeugnisses, um sich auf die in dieser Vorschrift enthaltene "Reparaturklausel" berufen zu können, einer Sorgfaltspflicht unterliegt, die sich auf die Einhaltung der in dieser Vorschrift geregelten Voraussetzungen durch die nachgelagerten Benutzer bezieht.

Entscheidungsgründe

A. Das Berufungsgericht hat die Klage für zulässig und die gegen die Beklagten geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz und Auskunftserteilung für begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:

Die deutschen Gerichte seien international zuständig. Der Verletzungsort liege in Deutschland, weil die Internetseite der Beklagten zu 1 auf die Wahrnehmung ihres werblichen Verhaltens in Deutschland ausgerichtet sei. Der Zulässigkeit der Klage stehe nicht entgegen, dass die Klägerin die Beklagten auch vor anderen Gerichten wegen Geschmacksmusterverletzungen in Anspruch nehme. Dieses Vorgehen sei nicht rechtsmissbräuchlich.

Die mit den Klagemustern optisch übereinstimmenden Felgen der Beklagten zu 1 verletzten die Geschmacksmusterrechte der Klägerin. Ihr Vertrieb sei nicht nach der sogenannten Reparaturklausel des Art. 110 Abs. 1 GGV privilegiert.

Ein Leichtmetallrad eines Kraftfahrzeugs falle nicht unter die eng auszulegende Ausnahmevorschrift des Art. 110 Abs. 1 GGV. Die dort geregelte Reparaturklausel erfasse nur Bauelemente, die untrennbarer Bestandteil des Erscheinungsbilds eines Kraftfahrzeugs seien. Leichtmetallräder seien für das Gesamterscheinungsbild eines Kraftfahrzeugs nicht konstitutiv, sondern als Variante der individuellen Anmutung eines Fahrzeugs frei wählbar und jederzeit austauschbar und stellten daher ein eigenständiges Gestaltungsmerkmal dar. Das Erscheinungsbild eines Fahrzeugs müsse daher im Schadensfall nicht notwendigerweise durch die Verwendung optisch identischer Felgen wiederhergestellt werden. Die Kfz-Gruppenfreistellungsverordnung, die Regelung Nr. 124 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UN/ECE) oder die gegenüber dem deutschen Gesetzgeber gegebene Zusicherung des deutschen Verbandes der Automobilhersteller, Geschmacksmuster für Einzelteile einer Fahrzeugkarosserie nicht gegen Ersatzteilehersteller einzusetzen, ließen ebenfalls kein für die Beklagten günstigeres Ergebnis zu.

Im Streitfall fehle es außerdem an der weiteren Voraussetzung der Schutzschranke des Art. 110 Abs. 1 GGV, wonach das Muster mit dem Ziel verwendet werden müsse, die Reparatur eines komplexen Erzeugnisses zu ermöglichen. Die Beklagten hätten nicht nachgewiesen, sichergestellt zu haben, dass ihre Kunden die Leichtmetallräder ausschließlich zu Reparaturzwecken einsetzten.B. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision ohne Erfolg. Die un16 eingeschränkt zulässige Revision ist unbegründet. Die Klage ist zulässig und begründet.

I. Die Revision der Beklagten ist uneingeschränkt zulässig. Das Berufungsgericht hat die Revision in seinem Entscheidungssatz zwar nur zugelassen, soweit es um die Berechtigung der Verteidigung der Beklagten im Blick auf Art. 110 GGV geht. Diese Beschränkung der Zulassung ist aber unwirksam. Eine Beschränkung der Revisionszulassung ist zulässig, wenn sie sich auf einen tatsächlich und rechtlich selbstständigen Teil des Gesamtstreitstoffs bezieht und auch im Falle der Zurückverweisung kein Widerspruch zum nicht anfechtbaren Teil des Streitstoffs auftreten kann (BGH, Beschluss vom 10. April 2018 - VIII ZR 247/17, WRP 2018, 710 Rn. 21 mwN). Eine Beschränkung der Zulassung auf einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen ist dagegen unzulässig (vgl. BGH, Urteil vom 21. September 2006 - I ZR 2/04, NJW-RR 2007, 182 Rn. 19; Beschluss vom 19. November 2015 - I ZR 58/14, juris Rn. 4). Das Berufungsgericht konnte die Revision demnach nicht wirksam auf die Rechtsfrage beschränken, ob einer Verletzung der Klagemuster die Reparaturklausel des Art. 110 GGV entgegensteht.

II. Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Klage ist zulässig (dazu unter B II 1) und begründet (dazu unter B II 2).

1. Die von der Klägerin erhobene Klage ist zulässig.

a) Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, die auch unter Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2015 - I ZR 161/13, GRUR 2015, 1004 Rn. 9 = WRP 2015, 1219 - IPS/ISP, mwN), ist im Streitfall gegeben.

aa) Allerdings hat das Berufungsgericht zu Unrecht angenommen, die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folge aus Art. 79 Abs. 1 Satz 1 GGV in Verbindung mit Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO.

Gemäß Art. 79 Abs. 1 Satz 1 GGV ist, soweit in der Verordnung nichts anderes bestimmt ist, das Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Vollstreckungsübereinkommen - EuGVÜ) auf Verfahren betreffend Gemeinschaftsgeschmacksmuster anzuwenden. Nach Art. 68 Abs. 2 Brüssel-I-VO gelten Verweise auf das Vollstreckungsübereinkommen als Verweise auf die Brüssel-I-Verordnung, soweit diese (hier Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO) die Bestimmungen des Vollstreckungsübereinkommens (hier Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ) ersetzt. In der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 ist für Klagen wegen Verletzung eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters (Art. 81 Buchst. a GGV) zur internationalen Zuständigkeit etwas anderes bestimmt. Gemäß Art. 79 Abs. 3 Buchst. a GGV, Art. 68 Abs. 2 Brüssel-I-VO ist auf Verfahren, welche durch die in Artikel 81 genannten Klagen und Widerklagen anhängig gemacht werden, Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO nicht anwendbar. Für Verletzungsklagen wird Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO vielmehr durch die speziellere Vorschrift zur internationalen Begehungszuständigkeit in Art. 82 Abs. 5 GGV ersetzt (vgl. Ruhl, GGV, 2. Aufl., Art. 79 Rn. 12; Auler in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., Art. 79 GGV Rn. 5).

bb) Es kann offenbleiben, ob die deutschen Gerichte im vorliegenden Fall gemäß Art. 82 Abs. 5 GGV international zuständig sind. Nach dieser Bestimmung können die Verfahren, welche durch die in Art. 81 Buchst. a und d GGV genannten Klagen und Widerklagen anhängig gemacht werden, bei den Gerichten des Mitgliedstaats anhängig gemacht werden, in dem eine Verletzungshandlung begangen worden ist oder droht. Es kann dahinstehen, ob die vom Berufungsgericht herangezogene deutschsprachige Bewerbung der angegriffenen Felgen auf der Internetseite der Beklagten zu 1 danach eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte begründet (zur parallelen Vorschrift des Art. 97 Abs. 5 GMV vgl. BGH, Urteil vom 9. November 2017 - I ZR 164/16, GRUR 2018, 84 Rn. 30 = WRP 2018, 77 - Parfummarken; kritisch Kur, GRUR 2018, 358 , 359 f.; Vorlagebeschluss des Court of Appeal für England und Wales vom 1. Februar 2018 - [2018] EWCA Civ 86, BeckRS 2018, 5777 Rn. 54 bis 59).

cc) Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folgt jedenfalls aus Art. 82 Abs. 4 Buchst. b GGV, Art. 68 Abs. 2, Art. 24 Satz 1 Brüssel-I-VO (jetzt Art. 26 Abs. 1 Satz 1 Brüssel-Ia-VO), weil sich die Beklagte auf das Verfahren vor den deutschen Gerichten rügelos eingelassen hat.

(1) Nach Art. 82 Abs. 4 Buchst. b GGV, Art. 68 Abs. 2 Brüssel-I-VO ist - ungeachtet der in den Absätzen 1, 2 und 3 vorgesehenen Zuständigkeiten - Art. 24 Brüssel-I-VO (als Nachfolgeregelung von Art. 18 des Vollstreckungsübereinkommens) anzuwenden, wenn der Beklagte sich auf das Verfahren vor einem anderen Gemeinschaftsgeschmacksmustergericht einlässt. Gemäß Art. 24 Satz 1 Brüssel-I-VO wird das Gericht eines Mitgliedstaats, sofern es nicht bereits nach anderen Vorschriften dieser Verordnung zuständig ist, zuständig, wenn sich der Beklagte vor ihm auf das Verfahren einlässt. Dies gilt nach Art. 24 Satz 2 Brüssel-I-VO nicht, wenn der Beklagte sich einlässt, um den Mangel der Zuständigkeit geltend zu machen oder wenn ein anderes Gericht aufgrund des Art. 22 ausschließlich zuständig ist. Die Rüge der internationalen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts muss vor dem ersten Verteidigungsvorbringen erhoben werden (vgl. EuGH, Urteil vom 24. Juni 1981 - C-150/80, Slg. 1981, 1671, juris Rn. 16 - Elefanten Schuh; BGH, Beschluss vom 18. September 2001 - IX ZB 75/99, NJW-RR 2002, 1357 , 1358 [juris Rn. 24]; Ruhl aaO Art. 82 Rn. 23; Zöller/Geimer, ZPO , 32. Aufl., Art. 26 EuGVVO Rn. 2 und 5; MünchKomm.ZPO/Gottwald, 5. Aufl., Art. 26 Brüssel-Ia-VO Rn. 7), das heißt vor der unmittelbar auf Klageabweisung gerichteten Verteidigung erfolgen (vgl. Saenger/Dörner, ZPO , 7. Aufl., Art. 26 Brüssel-Ia-VO Rn. 5).

(2) Im Streitfall hat sich die Beklagte in diesem Sinne rügelos auf das Verfahren vor den deutschen Gerichten eingelassen.

Allerdings hat das Berufungsgericht den Einwand der Beklagten in der Klageerwiderung, die Klage sei wegen der vor einem französischen Gericht erhobenen Klage unzulässig, als Rüge der internationalen Unzuständigkeit deutscher Gerichte gewertet. Eine in erster Instanz erhobene Zuständigkeitsrüge reicht jedoch nicht aus, um eine Zuständigkeitsbegründung gemäß Art. 24 Satz 2 Brüssel-I-VO auch für die Berufungsinstanz auszuschließen. Es ist vielmehr erforderlich, dass die Beklagte die Rüge in der Rechtsmittelinstanz rechtzeitig wiederholt (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juni 2007 - X ZR 15/05, BGHZ 173, 40 Rn. 16; Zöller/Geimer aaO Art. 26 EuGVVO Rn. 4; MünchKomm.ZPO/ Gottwald aaO Art. 26 Brüssel-Ia-VO Rn. 7). Daran fehlt es vorliegend. Es kann offenbleiben, ob mit dem Berufungsgericht eine Rüge der internationalen Zuständigkeit in dem von der Beklagten im Berufungsverfahren erhobenen Einwand der Rechtsmissbräuchlichkeit der Inanspruchnahme der deutschen Gerichte gesehen werden kann. Diesen Einwand haben die Beklagten nicht bereits in der Berufungsbegründung und damit vor ihren auf Klageabweisung gerichteten Angriffen gegen das landgerichtliche Urteil erhoben, sondern erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist vorgebracht. Dass die Beklagte ansonsten die internationale Zuständigkeit rechtzeitig gerügt hat, ist von der Revision nicht konkret dargelegt worden und auch sonst nicht ersichtlich. Die pauschale Bezugnahme der Berufungsbegründung auf das Vorbringen der Beklagten in der ersten Instanz ist dazu nicht ausreichend. Damit sind die deutschen Gerichte durch die rügelose Einlassung der Beklagten in der Berufungsbegründungsschrift international zuständig geworden.

b) Der Unterlassungsantrag genügt auch den Bestimmtheitserfordernissen gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO . Die Revision macht ohne Erfolg geltend, der Unterlassungsantrag gehe zu weit, weil er auf ein Schlechthinverbot gerichtet sei und der Beklagten erlaubte Verhaltensweisen umfasse. Ein Unterlassungsantrag, der - wie hier - auf ein Verbot der Verletzungshandlung in der konkret begangenen Form gerichtet ist, ist hinreichend bestimmt. Ausnahmetatbestände brauchen grundsätzlich nicht in den Klageantrag aufgenommen zu werden, denn es ist nicht Sache des Klägers, den Beklagten darauf hinzuweisen, was ihm erlaubt ist (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 202/07, GRUR 2010, 749 Rn. 25 f. = WRP 2010, 1030 - Erinnerungswerbung im Internet; Urteil vom 4. November 2010 - I ZR 118/09, GRUR 2011, 742 Rn. 15 = WRP 2011, 742 - Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker). Im Übrigen ergibt sich aus den nachfolgenden Gründen, unter welchen Umständen die Voraussetzungen der Schutzschranke des Art. 110 Abs. 1 GGV vorliegen und der Beklagten ein Inverkehrbringen der Kraftfahrzeugräder erlaubt ist.

c) Der Zulässigkeit der Klage steht außerdem nicht der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen.

aa) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Klägerin gegen die Beklagte auch in Straßburg und Düsseldorf gerichtlich vorgegangen ist, mache ihre vorliegende Klage nicht rechtsmissbräuchlich. Es gehe in den verschiedenen Verfahren jeweils um andere Streitgegenstände. Betroffen seien andere Klagemuster mit unterschiedlichen Felgendesigns und unterschiedlicher territorialer Erstreckung. Die weiteren Klagen seien außerdem auf Schutzrechte gestützt, die nach Geschmacksmustergesetzen zu beurteilen seien, welche keine dem Art. 110 Abs. 1 GGV vergleichbare Reparaturklausel enthielten. Die Erhebung der vorliegenden Klage wegen Verletzung der Gemeinschaftsgeschmacksmuster beruhe daher auf einem sachlich nachvollziehbaren Grund. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird von der Revision auch nicht angegriffen.

bb) Mit Recht hat das Berufungsgericht außerdem angenommen, ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen liege nicht darin, dass die Klägerin deswegen einen vom Sitz der Beklagten zu 1 abweichenden internationalen Gerichtsstand gewählt habe, weil sie der Klage vor einem deutschen Gericht größere Erfolgschancen beimesse. Es ist grundsätzlich nicht rechtsmissbräuchlich, sondern entspricht seinem berechtigten Interesse an einer erfolgreichen Rechtsdurchsetzung, wenn der Kläger aus prozesstaktischen Erwägungen einen Gerichtsstand wählt, an dem nach seiner Einschätzung für sein konkretes Begehren voraussichtlich die besten Erfolgsaussichten bestehen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. September 2013 - I ZB 39/13, GRUR 2014, 607 Rn. 11 = WRP 2014, 583 - Klageerhebung an einem dritten Ort, mwN).

2. Die Klage ist begründet. Die auf eine Verurteilung der Beklagten zu 1 gerichteten Klageanträge auf Unterlassung (Art. 10 Abs. 1, Art. 19 Abs. 1, Art. 89 Abs. 1 Buchst. a GGV), Schadensersatz und Auskunftserteilung (Art. 89 Abs. 1 Buchst. d GGV, § 42 Abs. 2 Satz 1, § 46 Abs. 1 und 3 GeschmMG , § 242 BGB ) haben Erfolg, weil die angegriffenen Felgen die der Klägerin zustehenden Klagemuster verletzen und sich die Beklagte zu 1 nicht mit Erfolg auf die Schutzschranke gemäß Art. 110 Abs. 1 GGV berufen kann (dazu unter B II 2 a). Das Berufungsgericht hat außerdem im Ergebnis zutreffend angenommen, dass die Klageanträge auch gegenüber dem Beklagten zu 2 begründet sind (dazu unter B II 2 b).

a) Das Berufungsgericht ist von der Schutzfähigkeit der Klagemuster ausgegangen und hat angenommen, dass die angegriffenen Felgen die Geschmacksmuster der Klägerin gemäß Art. 10, Art. 19 GGV verletzen, weil diese in ihrer Gestaltung und damit in ihrem Gesamteindruck mit den Klagemustern übereinstimmen. Gegen diese rechtsfehlerfreie Beurteilung hat die Revision keine Rügen erhoben. Das Berufungsgericht ist weiter mit Recht davon ausgegangen, dass sich die Beklagte zu 1 nach den im Streitfall gegebenen Umständen nicht mit Erfolg auf die Schutzschranke gemäß Art. 110 Abs. 1 GGV berufen kann.

aa) Gemäß Art. 110 Abs. 1 GGV besteht bis zu dem Zeitpunkt, zu dem auf Vorschlag der Kommission Änderungen zu der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 in Kraft treten, für ein Muster, das als Bauelement eines komplexen Erzeugnisses im Sinne des Artikels 19 Abs. 1 GGV mit dem Ziel verwendet wird, die Reparatur dieses komplexen Erzeugnisses zu ermöglichen, um diesem wieder sein ursprüngliches Erscheinungsbild zu verleihen, kein Schutz als Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass diese Voraussetzungen im Streitfall nicht vorliegen.

bb) Allerdings scheidet die Anwendung der Schutzschranke gemäß Art. 110 Abs. 1 GGV nicht bereits deshalb aus, weil Felgen von Kraftfahrzeugen vom Kunden grundsätzlich frei wählbar sind und deshalb das Erscheinungsbild des Kraftfahrzeugs als Gesamterzeugnis durch die Felgen nicht prinzipiell unveränderlich festgelegt ist.

Wie der Gerichtshof der Europäischen Union auf den Vorlagebeschluss des Senats entschieden hat, ist Art. 110 Abs. 1 GGV dahin auszulegen, dass die darin enthaltene so genannte "Reparaturklausel" den Ausschluss des Schutzes als Gemeinschaftsgeschmacksmuster für ein Muster, das als Bauelement eines komplexen Erzeugnisses mit dem Ziel verwendet wird, die Reparatur dieses komplexen Erzeugnisses zu ermöglichen, um diesem wieder sein ursprüngliches Erscheinungsbild zu verleihen, nicht unter die Voraussetzung stellt, dass das geschützte Geschmacksmuster vom Erscheinungsbild des komplexen Erzeugnisses abhängig ist (EuGH, GRUR 2018, 284 Rn. 54 - Acacia/Porsche). Die Schutzschranke ist mithin nicht auf formgebundene Bauelemente eines komplexen Erzeugnisses beschränkt. Sie ist deshalb auch auf Felgen von Kraftfahrzeugen anwendbar.

cc) Im Streitfall fehlt es jedoch an den weiteren Voraussetzungen, von denen der Gerichtshof der Europäischen Union die Anwendung der Schutzschranke des Art. 110 Abs. 1 GGV abhängig gemacht hat.

(1) Soweit die Beklage zu 1 - wie von der Klägerin vorgetragen - die streitgegenständlichen Felgen in anderen Größen und Farben als die Originalfelgen der Klägerin anbietet, kann sich die Beklagte zu 1 nicht mit Erfolg auf die Schutzschranke des Art. 110 Abs. 1 GGV berufen. Deren Eingreifen steht unter der Voraussetzung, dass das Erscheinungsbild des Ersatzteils mit demjenigen optisch identisch ist, das das ursprünglich in das komplexe Erzeugnis eingefügte Bauelement bei seinem Inverkehrbringen hatte (EuGH, GRUR 2018, 284 Rn. 78 - Acacia/Porsche). Vom Anwendungsgebiet der Schutzschranke ausgeschlossen ist jede Verwendung eines Bauelements, die nicht das Ziel hat, dem komplexen Erzeugnis wieder das Erscheinungsbild zu verleihen, das es bei seinem Inverkehrbringen hatte. Dies ist namentlich der Fall, wenn das Ersatzteil farblich und in der Größe nicht dem Originalteil entspricht oder wenn das Erscheinungsbild des komplexen Erzeugnisses seit dessen Inverkehrbringen geändert wurde (EuGH, GRUR 2018, 284 Rn. 77 - Acacia/Porsche).

(2) Soweit die Beklagte zu 1 Felgen angeboten und in Verkehr gebracht hat, die mit den Originalfelgen der Klägerin optisch identisch sind, greift die Schutzschranke des Art. 110 Abs. 1 GGV ebenfalls nicht zu ihren Gunsten ein. Insoweit hat die Beklagte zu 1 die Sorgfaltspflichten nicht erfüllt, die sie als Hersteller und Anbieter von Ersatzteilen treffen und die sich auf die Einhaltung der in Art. 110 Abs. 1 GGV geregelten Voraussetzungen durch die nachgelagerten Benutzer beziehen.

Wie der Gerichtshof der Europäischen Union auf den Vorlagebeschluss des Senats entschieden hat, kann vom Hersteller oder Anbieter eines Bauelements eines komplexen Erzeugnisses zwar nicht erwartet werden, dass er objektiv und unter allen Umständen sicherstellt, dass die Bauelemente, die er zum Zweck einer den Voraussetzungen nach Art. 110 Abs. 1 GGV entsprechenden Verwendung herstellt oder verkauft, letztlich vom Endbenutzer tatsächlich unter Beachtung dieser Voraussetzungen verwendet werden. Um von den mit dieser Vorschrift eingeführten Ausnahmeregelung profitieren zu können, unterliegt ein solcher Hersteller oder Anbieter aber einer Sorgfaltspflicht, die sich auf die Einhaltung dieser Voraussetzungen durch die nachgelagerten Benutzer bezieht (EuGH, GRUR 2018, 284 Rn. 85 - Acacia/Porsche).

Im Einzelnen obliegt dem Hersteller und dem Anbieter zunächst, den nachgelagerten Benutzer mit einem klaren, gut sichtbaren Hinweis auf dem Erzeugnis, auf dessen Verpackung, in den Katalogen oder in den Verkaufsunterlagen zum einen darüber zu informieren, dass in das betreffende Bauelement ein Geschmacksmuster aufgenommen ist, dessen Inhaber er nicht ist, und zum anderen darüber, dass dieses Bauelement ausschließlich dazu bestimmt ist, mit dem Ziel verwendet zu werden, die Reparatur des komplexen Erzeugnisses zu ermöglichen, um diesem wieder sein ursprüngliches Erscheinungsbild zu verleihen. Ferner hat er mit geeigneten Mitteln, insbesondere vertraglicher Art, dafür zu sorgen, dass die nachgelagerten Benutzer die fraglichen Bauelemente nicht für eine Verwendung vorsehen, die mit den Voraussetzungen nach Art. 110 Abs. 1 GGV unvereinbar wäre. Schließlich muss der Hersteller und der Anbieter den Verkauf eines solchen Bauelements unterlassen, wenn er weiß oder bei Würdigung aller maßgeblichen Umstände vernünftigerweise annehmen muss, dass das Bauelement nicht gemäß den Voraussetzungen nach Art. 110 Abs. 1 der Verordnung Nr. 6/2002 verwendet werden wird (EuGH, GRUR 2018, 284 Rn. 86 bis 88 - Acacia/Porsche). Diesen Anforderungen ist die Beklagte zu 1 im Streitfall nicht gerecht geworden.

Das Berufungsgericht hat bereits nicht festgestellt, dass die Beklagte auf den von ihr angebotenen Felgen, auf deren Verpackung, in den Katalogen, in den Verkaufsunterlagen und auf ihrer Internetseite darüber informiert hat, dass die von ihr hergestellten und vertriebenen Felgen einem Geschmacksmuster entsprechen, dessen Inhaberin sie nicht ist. Soweit auf den Felgen der Beklagten zu 1 deren Marke "WSP Italy" und der Hinweis "Not O.E.M." angebracht waren, entspricht dies nicht den vom Gerichtshof der Europäischen Union geforderten Anforderungen an einen klaren Hinweis auf das Bestehen eines Geschmacksmusterrechts eines Dritten. In der Kennzeichnung mit einer eigenen Marke liegt nur ein Herkunftshinweis und kein Hinweis auf die geschmacksmusterrechtliche Schutzlage. Der Hinweis "Not O.E.M." bedeutet lediglich, dass die Felgen nicht aus Originalteilen hergestellt sind (vgl. EuGH, GRUR 2018, 284 [juris Rn. 12] - Acacia/Porsche) und erfüllt damit ebenfalls nicht die Anforderungen an einen Hinweis auf das Bestehen eines fremden Geschmacksmusterrechts.

Nicht ausreichend ist ferner der auf der in Deutschland in deutscher Sprache abrufbaren Internetseite zu findende englischsprachige Hinweis, dass es sich bei den angebotenen Felgen um nachgebaute oder ähnlich gebaute Nachrüsträder handele, die vollständig kompatibel zu den angegebenen Fahrzeugen und ausschließlich zu deren Reparatur bestimmt seien, um ihr ursprüngliches Erscheinungsbild wiederherzustellen. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Internetseite der Beklagten in Deutschland in deutscher Sprache aufrufbar ist und die Wahrnehmbarkeit ihres werblichen Verhaltens gerade auch in Deutschland ihrem Wunsch und Willen entspricht. Dagegen wendet sich die Revision nicht. Das Berufungsgericht ist weiter davon ausgegangen, dass der englischsprachige Hinweis der Beklagten zu 1 in ihrem Internetauftritt nicht auf ihre ernsthafte Absicht schließen lässt, diese an die Endabnehmer ausschließlich als Ersatzteile auszuliefern. Dabei ist es - insoweit von der Revision unbeanstandet - davon ausgegangen, dass nicht jeder Kunde der englischen Sprache hinreichend mächtig ist, um die Hinweise der Beklagten zu 1 zu verstehen. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Aus dem vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellten Erfordernis eines klaren und gut sichtbaren Hinweises ergibt sich, dass der nachgelagerte Benutzer diesem Hinweis zweifelsfrei entnehmen können muss, dass das angebotene Produkt aufgrund des Geschmacksmusterrechts eines Dritten nur eingeschränkt, nämlich ausschließlich dazu verwendet werden darf, die Reparatur des Fahrzeugs zu ermöglich, um diesem wieder sein ursprüngliches Erscheinungsbild zu verleihen. Dies setzt voraus, dass der Hinweis in den Sprachen gegeben wird, die in den Ländern allgemein verständlich sind, an deren Einwohner sich das Angebot bestimmungsgemäß richtet.

Das Berufungsgericht ist außerdem mit Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte keine tauglichen Mittel eingesetzt hat, um eine Verwendung durch ihre Abnehmer zu verhindern, die mit den Voraussetzungen nach Art. 110 Abs. 1 GGV unvereinbar wäre.

Die Anwendung der Schutzschranke gemäß Art. 110 Abs. 1 GGV setzt voraus, dass das Bauelement eines komplexen Erzeugnisses im Sinne des Art. 19 Abs. 1 GGV mit dem Ziel verwendet wird, die Reparatur dieses komplexen Erzeugnisses zu ermöglichen. Die Möglichkeit, sich auf die "Reparaturklausel" des Art. 110 Abs. 1 GGV zu berufen, setzt also voraus, dass die Verwendung des Bauelements notwendig ist, um das komplexe Erzeugnis zu reparieren, das etwa aufgrund des Abhandenkommens des Originalteils oder einer Beschädigung desselben schadhaft geworden ist. Nicht von der "Reparaturklausel" erfasst ist somit jede Verwendung eines Bauelements allein aus Gründen des Geschmacks oder der Neigung, wie zum Beispiel der Austausch eines Bauelements aus ästhetischen Gründen oder zum Zweck der Individualisierung des komplexen Erzeugnisses (EuGH, GRUR 2018, 284 Rn. 69 f. - Acacia/ Porsche). Zu den Sorgfaltspflichten des Herstellers oder Anbieters eines solchen Bauelements gehört es deshalb, mit geeigneten Mitteln, insbesondere vertraglicher Art, dafür zu sorgen, dass die nachgelagerten Benutzer die fraglichen Bauelemente nicht für eine Verwendung vorsehen, die mit den Voraussetzungen des Art. 110 Abs. 1 GGV unvereinbar wäre (EuGH, GRUR 2018, 284 Rn. 87 - Acacia/Porsche).

Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass die Beklagte zum für den Unterlassungsanspruch maßgeblichen Zeitpunkt der streitgegenständlichen Angebote solche geeigneten Mittel eingesetzt hat. Die Revision macht nicht geltend, dass das Berufungsgericht Vortrag der Beklagten zum Einsatz solcher Mittel nicht berücksichtigt habe. Soweit die Beklagte zu 1 vorgetragen hat, sie verwende ab August 2013 ein Kontrollsystem, bei dem Bezieher der Felgen - Händler wie Endabnehmer und Verbraucher - schriftlich erklären müssten, die Felgen nur zu Reparaturzwecken zu verwenden, und sie anderenfalls Garantieansprüche verlören, hat das Berufungsgericht angenommen, dieser Vortrag stehe einem Unterlassungsanspruch nicht entgegen. Eine bloße Änderung des Geschäftsverhaltens lasse eine Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Erforderlich sei vielmehr eine strafbewehrte Unterlassungserklärung. Es könne deshalb offenbleiben, ob das behauptete Kontrollsystem überhaupt tauglich sei, einen Vertrieb ausschließlich in der Schutzrechtsfreizone zu gewährleisten. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

b) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagte zu 2 sei als Geschäftsführer der Beklagten zu 1 ebenfalls zu Unterlassung, Schadensersatz und Auskunftserteilung verpflichtet. Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.

aa) Die Revision rügt allerdings zutreffend, dass mit der vom Berufungsgericht angenommenen Störerhaftung eine Schadensersatz- und Auskunftspflicht des Beklagten zu 2 nicht begründet werden kann. Ein Geschäftsführer kann bei der Verletzung absoluter Rechte durch die von ihm vertretene Gesellschaft persönlich als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn er in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt und dabei zumutbare Verhaltenspflichten verletzt (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2014 - I ZR 242/12, GRUR 2014, 883 Rn. 11 = WRP 2014, 1050 - Geschäftsführerhaftung [insoweit nicht in BGHZ 201, 344 abgedruckt]). Eine Haftung auch auf Schadensersatz und Auskunftserteilung kommt dagegen nur in Betracht, wenn der Geschäftsführer als Täter oder Teilnehmer für die Rechtsverletzung einzustehen hat, die die von ihm vertretene Gesellschaft begangen hat (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2014 - I ZR 124/11, GRUR 2015, 672 Rn. 81 = WRP 2015, 739 - Videospiel-Konsolen II; BGH, GRUR 2016, 803 Rn. 61 - Armbanduhr, mwN).

bb) Das Berufungsurteil stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO ). Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist eine Haftung des Beklagten zu 2 als Täter zu bejahen.

(1) Die Haftung als Täter setzt voraus, dass der Geschäftsführer an der deliktischen Handlung durch positives Tun beteiligt war oder er sie aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen. Bei einer Maßnahme der Gesellschaft, über die typischerweise auf Geschäftsführungsebene entschieden wird, kann nach dem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Feststellungen davon ausgegangen werden, dass sie vom Geschäftsführer veranlasst worden ist (vgl. BGHZ 201, 344 Rn. 17 - Geschäftsführerhaftung; BGH, GRUR 2015, 672 Rn. 80 und 83 - Videospiel-Konsolen II; GRUR 2016, 803 Rn. 61 - Armbanduhr).

(2) Von einem solchen typischen Geschehensablauf ist vorliegend auszugehen. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen und von der Revision nicht beanstandeten Feststellungen gehören die Herstellung und der Vertrieb nachgeahmter Felgen zum Geschäftsmodell der Beklagten zu 1. Über das geschäftliche Konzept bestimmt typischerweise der Geschäftsführer, der auch entscheiden wird, ob die Felgen eines namhaften Automobilherstellers wie der Klägerin in das Verkaufssortiment der Gesellschaft aufgenommen werden.

III. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 Rn. 21 - C.I.L.F.I.T.; Urteil vom 1. Oktober 2015 - C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 Rn. 43 - Doc Generici, mwN). Im Streitfall stellen sich über die bereits durch das durchgeführte Vorabentscheidungsverfahren geklärten Fragen hinaus keine weiteren entscheidungserheblichen Fragen zur Auslegung des Unionsrechts.

IV. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist das Verfahren ferner nicht nach Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsgemäßheit des Art. 110 Abs. 1 GGV einzuholen, soweit diese Bestimmung auch auf nicht formgebundene Bauelemente komplexer Erzeugnisse wie Kraftfahrzeugfelgen anzuwenden ist.

Da im Streitfall die vom Gerichtshof der Europäischen Union im Rahmen seiner Kompetenz zur Auslegung des Unionsrechts erkannten Voraussetzungen des Art. 110 Abs. 1 GGV nicht vorliegen, kommt es auf die von der Revisionserwiderung als vorlagewürdig angesehene Frage nicht entscheidungserheblich an. Bereits deshalb kommt eine Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 1 GG nicht in Betracht (vgl. BVerfG, NJW 1991, 2133 , 2134 [juris Rn. 14]; NVwZ 1983, 537 f. [juris Rn. 86 und 87]).

Die von der Revisionserwiderung als verletzt gerügten Grundrechte gemäß Art. 3 und Art. 14 GG sind zudem nicht Prüfungsmaßstab im Hinblick auf Art. 110 Abs. 1 GGV, weil Verordnungen der Europäischen Union gemäß Art. 288 Abs. 2 Satz 1 AEUV anders als Richtlinien keinen nationalen Umsetzungsspielraum eröffnen und daher grundsätzlich allein die durch das Unionsrecht gewährleisteten Grundrechte und nicht die Grundrechte des Grundgesetzes maßgeblich sind (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juni 2017 - I ZR 139/15, GRUR 2017, 901 Rn. 34 = WRP 2017, 1109 - Afghanistan Papiere, mwN). Anhaltspunkte für eine durch das Bundesverfassungsgericht ausnahmsweise für möglich gehaltene Ultra-vires-Kontrolle (vgl. BVerfGE 126, 286 , 302 bis 307 [juris Rn. 54 bis 66]) sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Soweit die Revisionserwiderung behauptet, die vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgegriffene Darstellung in den Schlussanträgen des Generalanwalts zur Entstehungsgeschichte der "Reparaturklausel" im Sinne von Art. 110 Abs. 1 GGV sei fehlerhaft und werde von den vom Generalanwalt dazu angeführten Zitatstellen auch nicht annähernd belegt, nimmt sie auf einen Schriftsatz Bezug, mit dem die Klägerin im Rahmen des Vorlageverfahrens die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof der Europäischen Union beantragt hat. Dieses Vorbringen hat der Gerichtshof bei seiner Vorabentscheidung berücksichtigt (vgl. EuGH, GRUR 2018, 284 Rn. 22 bis 28 - Acacia/Porsche). Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gerichtshof der Europäischen Union in seiner Entscheidung Bestimmungen der EU-Grundrechtecharta nicht in der gebotenen Weise berücksichtigt hat.

V. Danach ist die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind (§ 563 Abs. 3 ZPO ).

Von Rechts wegen

Verkündet am: 26. Juli 2018

Vorinstanz: LG Stuttgart, vom 15.10.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 17 O 1140/12
Vorinstanz: OLG Stuttgart, vom 11.09.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 2 U 46/14
Fundstellen
BB 2018, 2753
GRUR 2018, 1246
MDR 2019, 48
WRP 2019, 82