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BGH - Entscheidung vom 13.09.2018

V ZR 270/17

Normen:
ZPO § 3

BGH, Beschluss vom 13.09.2018 - Aktenzeichen V ZR 270/17

DRsp Nr. 2018/15426

Anspruch eines Grundstückseigentümers auf Untersagung des Abrisses einer Garage

Die aus der Verurteilung zur Unterlassung des Abrisses der Garage folgende Beschwer des Betroffenen richtet sich nach dem grundsätzlich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bemessenden Interesse an der Beseitigung dieser Verpflichtung. Ein geeigneter Anhaltspunkt für die Bemessung der Beschwer ist die Wertminderung, die das Grundstück durch die zu unterlassende Handlung erleidet.

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock - 3. Zivilsenat - vom 4. Oktober 2017 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 10.000 €.

Normenkette:

ZPO § 3 ;

Gründe

I.

Der Kläger ist Eigentümer zweier Flurstücke (278 und 279), die er vermietet hat. Die Beklagte ist Eigentümerin der benachbarten Flurstücke (280 und 281). Im April 2015 fand ein Grenztermin statt. Nach den Feststellungen des Vermessers befinden sich die Garage und Teile des Wohnhauses nicht auf dem vermieteten Flurstück 279, sondern auf dem Flurstück 280. Die Beklagte beabsichtigt, auf ihrem Grundstück ein Winterlager für Boote zu errichten. Zu diesem Zweck soll nach Vorliegen der Baugenehmigung die Garage abgerissen werden.

Der Kläger verlangt, es der Beklagten zu untersagen, die Garage abzureißen bzw. abreißen zu lassen. Die Beklagte hat im Wege der Widerklage die Feststellung verlangt, dass das Flurstück 280 in ihrem Eigentum steht. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht durch Beschluss zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten, die die Zulassung der Revision und mit dieser die Abweisung der Klage und die Stattgabe der Widerklage erreichen will.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil nicht dargelegt worden ist, dass der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO ).

1. Die aus der Verurteilung zur Unterlassung des Abrisses der Garage folgende Beschwer der Beklagten richtet sich nach ihrem gemäß § 3 ZPO grundsätzlich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bemessenden Interesse an der Beseitigung dieser Verpflichtung (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juni 2016 - I ZR 112/15, juris Rn. 7 mwN).

a) Soweit die Beklagte darauf verweist, dass ihr Interesse jenem des Klägers entspreche und somit von dem in den Instanzen festgesetzten Streitwert von 20.000 € auszugehen sei, geht dies fehl. Zwar ist zutreffend, dass das Interesse des zur Unterlassung verurteilten Beklagten an einer Beseitigung der Verurteilung dem Interesse der klagenden Partei an dieser Verurteilung entsprechen kann. Dies wird bei einer Wettbewerbsverletzung regelmäßig der Fall sein. Hier ist das Interesse des Klägers an einer solchen Unterlassung pauschalierend und unter Berücksichtigung von Bedeutung, Größe und Umsatz des Verletzers, Art, Umfang und Richtung der Verletzungshandlung sowie subjektiven Umständen auf Seiten des Verletzers, wie etwa dem Verschuldensgrad, zu bewerten (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juni 2016 - I ZR 112/15, juris Rn. 8 mwN). Um einen solchen Fall handelt es sich vorliegend aber nicht. Der Kläger hat den von ihm angegebenen Streitwert damit begründet, dass die Garagenfläche rund 35 qm betrage, sie gemauert sei und über einen Dachboden verfüge. Ausgehend von diesen Angaben des Klägers zum Substanzwert der Garage haben Land- und Berufungsgericht den Streitwert mit 20.000 € festgesetzt. Für die Beschwer der Beklagten kann das Interesse an der Substanzerhaltung aber schon vom gedanklichen Ausgangspunkt nicht maßgebend sein. Sie will die Garage gerade im Hinblick auf beabsichtigte Baumaßnahmen beseitigen, so dass für ihre Beschwer die Nachteile maßgebend sind, die durch die ihr auferlegte Pflicht entstehen, den Abriss zu unterlassen.

b) Ein geeigneter Anhaltspunkt für die Bemessung der Beschwer der Beklagten ist die Wertminderung, die ihr Grundstück durch die zu unterlassende Handlung erleidet (vgl. Senat, Beschluss vom 9. Juni 2011 - V ZR 280/10, Grundeigentum 2011, 1019 Rn. 4 mwN). Dass diese Minderung 20.000 € übersteigt, ist nicht - wie geboten (siehe nur Senat, Beschluss vom 25. Juli 2002 - V ZR 118/02, NJW 2002, 3180 ) - ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht. Zu dem Wert ihres Grundstücks und dem durch den untersagten Abriss der Garage eintretenden Wertverlust hat die Beklagte keine Angaben gemacht. Auch andere wirtschaftliche Nachteile, etwa entstehende Mehrkosten der beabsichtigten Baumaßnahmen durch einen Verbleib der Garage, sind nicht dargelegt.

2. Hinsichtlich des abgewiesenen Antrags auf Feststellung des Eigentums der Beklagten an dem Flurstück 280 richtet sich die Beschwer (zusätzlich) nach § 6 ZPO . Auch insoweit hat die Beklagte im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde weder zu dem Wert des gesamten Flurstücks 280 noch zu dem Wert der streitigen Teilfläche Angaben gemacht. Im Rahmen der von ihr gegen die Streitwertfestsetzung durch das Landgericht erhobenen Beschwerde hat sie, worauf die Erwiderung des Klägers zur Nichtzulassungsbeschwerde zutreffend verweist, dessen Herabsetzung verlangt und dabei darauf verwiesen, die Flurstücke 280 und 281 zusammen für 15.000 € erworben zu haben, wobei das Flurstück 280 etwa doppelt so groß sei, wie das Flurstück 281. Der Wert des Flurstücks 280 bestimme sich für sie ohne die Gebäudesubstanz, da diese beseitigt werde solle. Zu der Wertsteigerung, die das Flurstück 280 im Hinblick auf die Feststellungen im Grenztermin vom April 2015 erfahren hat, ist von der Beklagten im Verfahren der Streitwertbeschwerde nichts vorgetragen worden. Der Kläger hat dort den Wert der streitigen Fläche ausgehend von dem von ihm für die bebauten Flurstücke 278 und 279 entrichteten Kaufpreis mit 6.771,24 € bemessen. Daraus kann indessen nicht zwingend geschlossen werden, dass das Flurstück 280 eine entsprechende Wertsteigerung erfahren hat, zumal davon auszugehen ist, dass bei der Kaufpreisbildung auch der Substanzwert der Garage eingeflossen ist. Im Übrigen wäre auch bei Zugrundelegung dieses Wertes die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO nicht überschritten.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO . Der Gegenstandswert für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat geschätzt (§ 3 ZPO ); maßgeblich ist die Beschwer der Beklagten (§ 47 Abs. 1 Satz 1 GKG ; Senat, Beschluss vom 19. Februar 2015 - V ZR 124/14, juris Rn. 12).

Vorinstanz: LG Schwerin, vom 29.04.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 1 O 321/15
Vorinstanz: OLG Rostock, vom 04.10.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 3 U 60/16