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BGH - Entscheidung vom 29.11.2018

III ZR 174/17

Normen:
RL 2011/7/EU Art. 6 Abs. 1
RL 2011/7/EU Art. 6 Abs. 3

BGH, Beschluss vom 29.11.2018 - Aktenzeichen III ZR 174/17

DRsp Nr. 2018/18544

Anrechnen eines Pauschalbetrags von 40 € auf externe Rechtsverfolgungskosten aufgrund Entstehung infolge des Zahlungsverzugs des Schuldners durch die vorprozessuale Beauftragung eines Rechtsanwalts

Tenor

Das an den Gerichtshof der Europäischen Union mit Beschluss vom 18. Januar 2018 gerichtete Vorabentscheidungsersuchen wird aufrechterhalten.

Normenkette:

RL 2011/7/EU Art. 6 Abs. 1; RL 2011/7/EU Art. 6 Abs. 3;

Gründe

Die dem Gerichtshof der Europäischen Union vom Senat vorgelegte Frage zur Auslegung von Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (ABl. EU Nr. L 48 S. 1; künftig: Zahlungsverzugsrichtlinie) ist mit dem Urteil des Gerichtshofs vom 13. September 2018 in der Rechtssache C-287/17 noch nicht mit der nach der "acte-clair"- beziehungsweise "acte-éclairé"-Doktrin erforderlichen Gewissheit (vgl. z.B.: EuGH, Urteil vom 15. September 2005 - C-495/03 - Intermodal Transports, Slg. 2005, I-8191 Rn. 33) beantwortet.

Gegenstand der Rechtssache C-287/17 war nicht unmittelbar die vom Senat vorgelegte Frage, ob Art. 6 Abs. 3 der Zahlungsverzugsrichtlinie dahin auszulegen ist, dass der in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie genannte Pauschalbetrag von 40 € auf externe Rechtsverfolgungskosten anzurechnen ist, die infolge des Zahlungsverzugs des Schuldners durch die vorprozessuale Beauftragung eines Rechtsanwalts entstanden und daher nach Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie zu ersetzen sind.

Zwar deuten nach Auffassung des Senats mehrere Formulierungen in dem Urteil des Gerichtshofs darauf hin, dass die vom Senat vorgelegte Frage zu bejahen ist. Insbesondere hat der Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 13. September 2018 mehrfach betont, Art. 6 der Zahlungsverzugsrichtlinie ermögliche einem Gläubiger zusätzlich zu dem Pauschalbetrag von 40 € einen angemessenen Ersatz des Teils der Mahnkosten zu erhalten, der über diesen Pauschalbetrag hinausgeht (Urteilstenor sowie Rn. 31, 38). Der vorstehend wiedergegebene letzte Halbsatz könnte den Schluss auf eine Anrechnung im Sinne der Vorlagefrage des Senats zulassen.

Die Klägerin hat indes mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2018 mit ausführlicher Begründung darum gebeten, das Vorabentscheidungsersuchen aufrechtzuerhalten. Sie meint, der (mit dem Urteilstenor gleichlautende) Leitsatz der Entscheidung des Gerichtshofs vom 13. September 2018 spreche für ihre Auffassung, dass zwischen der Verzugskostenpauschale und dem weitergehenden Schaden kein Alternativverhältnis, sondern ein "Nebeneinander" bestehe. Dies ergebe sich auch aus den Ausführungen des Gerichtshofs in den Randnummern 21, 23, 26 und 35 seines vorgenannten Urteils.

Der Senat versteht diese Textstellen des Urteils des Gerichtshofs zwar nicht im Sinne der Klägerin. Er ist in Anbetracht der in der Rechtssache C-287/17 abweichenden Vorlagefrage und der Ausführungen der Klägerin zu der Entscheidung des Gerichtshofs vom 13. September 2018 jedoch nach wie vor nicht mit der nach der "acte-clair"- beziehungsweise "acte-éclairé"-Doktrin erforderlichen Gewissheit überzeugt, dass die von ihm dem Gerichtshof vorgelegte Frage zu bejahen ist. Das Ersuchen um Vorabentscheidung wird daher aufrechterhalten.

Vorinstanz: AG Eilenburg, vom 29.09.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 2 C 527/15
Vorinstanz: LG Leipzig, vom 10.05.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 7 S 545/16