Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BGH - Entscheidung vom 07.11.2018

5 StR 237/18

Normen:
WaffG § 1
StPO § 301

BGH, Urteil vom 07.11.2018 - Aktenzeichen 5 StR 237/18

DRsp Nr. 2018/17722

Anforderungen an die Änderung eines Schuldspruchs bei Verurteilung wegen des Führens einer verbotenen Waffe im Gegensatz zu einem bloßen Mitnehmen

Die Nichtanordnung einer Unterbringung in der Entziehungsanstalt steht in unauflöslichem Widerspruch dazu, dass das Tatgericht den Betroffenen wegen elf Verbrechen des Besitzes von Heroin in nicht geringer Menge verurteilt und eine hohe Rückfallgefahr angenommen hat. In diesem Fall bedarf die Maßregelfrage neuer Verhandlung und Entscheidung.

Tenor

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 16. Januar 2018

a)

im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer verbotenen Waffe, und wegen Besitzes von Betäubungsmitteln verurteilt ist,

b)

mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen worden ist.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Normenkette:

WaffG § 1 ; StPO § 301 ;

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit "unerlaubtem Mitnehmen einer verbotenen Waffe", und wegen Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Mit ihrer auf eine Verfahrensrüge und die Sachrüge gestützten Revision erstrebt die Staatsanwaltschaft eine Verurteilung des Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, eine strengere Bestrafung sowie die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt. Das lediglich betreffend die Nichtanordnung der Maßregel vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat nur in diesem Umfang Erfolg.

I.

1. Das Landgericht hat festgestellt:

Vom 1. Februar 2016 bis April 2017 kaufte der Angeklagte in mindestens zehn Fällen in Berlin jeweils circa 15 g Heroin (Wirkstoffgehalt 3 g Heroin-Hydrochlorid) zu einem Kaufpreis von 450 €, um das Heroin zum Eigenkonsum zu verwenden (Taten 1 bis 10). Am 12. Mai 2017 führte der Angeklagte in Dresden 15,06 g Heroin (Wirkstoffgehalt 3,2 g Heroin-Hydrochlorid), 22,53 g Haschisch (Wirkstoffgehalt 0,63 g Tetrahydrochlorid) und zehn Tabletten Oxycodon (Wirkstoffgehalt 770 mg Oxycodonbase) mit sich; in einer verschlossenen Reißverschlussinnentasche seines Rucksacks befand sich ein tschechisches Pfefferspray, das kein amtliches Prüfsiegel trug (Tat 11). Am 9. Juli 2017 Uhr führte der Angeklagte in Pirna 1,07 g Heroin und 1,31 g Methamphetamin für seinen Eigenkonsum mit sich (Tat 12).

2. Das Landgericht hat die Einlassung des drogenabhängigen Angeklagten als glaubhaft erachtet, der Besitz der Betäubungsmittel habe seinem Eigenkonsum gedient. Hinsichtlich der Taten 1 bis 11 hat es minder schwere Fälle des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 2 BtMG ) angenommen und für die Taten 1 bis 10 jeweils eine Freiheitsstrafe von vier Monaten, für Tat 11 eine solche von fünf Monaten und für Tat 12 eine solche von drei Monaten verhängt. Dabei hat es zugunsten des Angeklagten neben seinem umfassenden Geständnis, dem allein die Aufklärung der Taten 1 bis 10 zu verdanken sei, maßgebend den Umstand gewichtet, dass der Angeklagte freiwillig eine Entgiftung angetreten habe und sich danach in eine stationäre Drogentherapie begeben will, deren Finanzierung gesichert ist. Eine Unterbringung in der Entziehungsanstalt (§ 64 StGB ) hat es mangels Gefährlichkeit des Angeklagten abgelehnt. Zudem sei diese in Anbetracht der vergleichsweise geringen Gesamtfreiheitsstrafe unverhältnismäßig.

II.

Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat nur im tenorierten Umfang Erfolg.

1. Ausweislich ihrer hierzu gegebenen Begründung ist die Revision der Staatsanwaltschaft auf die Taten beschränkt, derentwegen der Angeklagte verurteilt worden ist. Sie richtet sich demgemäß nicht gegen den Teilfreispruch vom Vorwurf des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen.

2. Die Verfahrensrüge und die sachlich-rechtlichen Angriffe der Beschwerdeführerin gegen die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung sowie gegen die Strafzumessung versagen aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts. Auch ein zugunsten des Angeklagten wirkender Rechtsfehler liegt nicht vor (§ 301 StPO ).

3. Entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts hat der Senat in Bezug auf das Waffendelikt den Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Führens (und nicht wegen Mitnehmens) einer verbotenen Waffe schuldig ist (vgl. MüKo-StGB/Heinrich, 3. Aufl., § 1 WaffG Rn. 188 mwN). § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil der geständige Angeklagte sich hiergegen nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.

4. Die Nichtanordnung einer Unterbringung in der Entziehungsanstalt (§ 64 StGB ) hat keinen Bestand.

Das Landgericht hat die Gefahr künftiger erheblicher rechtswidriger Taten mit der Begründung verneint, der Angeklagte sei trotz mehrjähriger Drogenabhängigkeit bislang nicht durch erhebliche Straftaten aufgefallen, weswegen solche auch künftig nicht zu erwarten seien. Dies steht jedoch in unauflöslichem Widerspruch dazu, dass er verfahrensgegenständlich wegen elf Verbrechen des Besitzes von Heroin in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG verurteilt worden ist. Insoweit hat das Landgericht nach den zur Frage der Strafaussetzung zur Bewährung angestellten Erwägungen (UA S. 10) eine hohe Rückfallgefahr angenommen (vgl. auch BGH, Urteil vom 7. Dezember 1993 - 1 StR 572/93, BGHR StGB § 64 Abs. 1 Gefährlichkeit 5). Die Maßregelfrage bedarf deshalb neuer Verhandlung und Entscheidung.

Von Rechts wegen

Vorinstanz: LG Dresden, vom 16.01.2018