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BVerwG - Entscheidung vom 27.09.2017

10 B 11.17

Normen:
VwGO § 132 Abs. 2
Einigungsvertrag Art. 21 Abs. 3
Einigungsvertrag Art. 22 Abs. 1 letzter Hs.
VZOG § 2 Abs. 1 S. 7
VZOG § 2 Abs. 5 S. 1
BGB § 242

BVerwG, Beschluss vom 27.09.2017 - Aktenzeichen 10 B 11.17

DRsp Nr. 2017/16099

Nachzahlungsbegehren für den Verzicht auf die Geltendmachung von Zuordnungsrechten in Bezug auf die der Vermögenszuordnung unterliegenden Grundstücken; Bedeutung der Beständigkeit von Zuordnungsentscheidungen im Vermögenszuordnungsrecht

1. Zwar erbringt das ausgefüllte Empfangsbekenntnis grundsätzlich den vollen Beweis dafür, dass das Schriftstück an dem vom Empfänger angegebenen Tag tatsächlich zugestellt wurde. Der Gegenbeweis ist aber zulässig. Er ist erbracht, wenn die Unrichtigkeit des Datums zur vollen Überzeugung des Gerichts feststeht. Bloße Zweifel an der Richtigkeit des Zustellungsdatums genügen hingegen nicht.2. Der Grundsatz von Treu und Glauben steht einer Berufung auf die Unwirksamkeit eines Vertrages nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen entgegen. Es genügt für die Annahme eines solchen Ausnahmefalls nicht, dass die Gemeindeorgane die für sie geltenden Zuständigkeits- und Abschlussvorschriften kennen oder zumindest besser kennen müssen als der Vertragsgegner oder dass eine Rückabwicklung der vom anderen Teil erbrachten Leistung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist oder dass die Nichtigkeit des Vertrages für eine Vertragspartei mit besonderen Härten verbunden wäre. Vielmehr müssen die Nichtigkeitsfolgen für den Vertragsgegner zu schlechthin unerträglichen Ergebnissen führen und ein notwendiger Ausgleich mit anderen rechtlichen Mitteln nicht zu erzielen sein.3. Eine die Unwirksamkeit eines Vertrages wegen kommunalrechtlicher Vertretungsmängel geltend machende Vertragspartei verhält sich nicht treuwidrig, wenn beide Vertragsparteien das Geschäft lange Zeit hindurch als wirksam behandelt und Vorteile aus ihm gezogen, d.h. gegenseitige Leistungen ausgetauscht haben. Die Rückabwicklung eines Vertrages setzt stets voraus, dass dieser bereits vollständig oder teilweise durchgeführt wurde, mithin zumindest zeitweise als wirksam behandelt wurde und Leistungen erbracht wurden. Allenfalls bei Hinzutreten weiterer besonderer Umstände wie einer einseitigen Ziehung erheblicher Vorteile unter missbräuchlicher Zurückhaltung eigener Leistungen, um sich später auf die Unwirksamkeit des Vertrages zu berufen, käme daher die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben in Betracht.4. Durch wen und in welcher Form eine Gemeinde rechtsgeschäftliche Handlungen vornehmen kann, ist eine Frage des - nicht revisiblen - Landeskommunalrechts. Das Vermögenszuordnungsgesetz enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass es diese landesrechtlichen Regelungen verdrängen will und daher § 37 Abs. 6 S. 5 KV M-V a.F. nicht anwendbar sein soll.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 27. Oktober 2016 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. Der Beigeladene zu 2 trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 416 549,82 € festgesetzt.

Normenkette:

VwGO § 132 Abs. 2 ; Einigungsvertrag Art. 21 Abs. 3 ; Einigungsvertrag Art. 22 Abs. 1 letzter Hs.; VZOG § 2 Abs. 1 S. 7; VZOG § 2 Abs. 5 S. 1; BGB § 242 ;

Gründe

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Nachzahlungen für ihren Verzicht auf die Geltendmachung von Zuordnungsrechten in Bezug auf Grundstücke, die der Vermögenszuordnung unterlagen.

Mit Bescheid vom 17. Juli 1991 übertrug die Treuhandanstalt der Beklagten verschiedene Grundstücke der Gemarkung W. gemäß Art. 21 Abs. 3 und Art. 22 Abs. 1 letzter Halbs. Einigungsvertrag . Gegen diesen - ihr nicht bekannt gegebenen - Bescheid erhob die Klägerin unter dem 9. November 1994 Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin. Daraufhin einigten sich Klägerin und Beklagte in einem Einigungsprotokoll vom 31. August 1998 und einer Nachtragsvereinbarung vom 9. Juli 1999 dahingehend, dass die Klägerin ihre Klage zurücknimmt und der Zuordnung zustimmt. Im Gegenzug sehen die Vereinbarungen unter anderem Nachzahlungspflichten der Beklagten für den Fall bestimmter Nutzungsänderungen, Wertsteigerungen oder Veräußerungen der betroffenen Grundstücke an Dritte vor. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die eine Nachzahlungspflicht der Beklagten auslösenden Voraussetzungen inzwischen eingetreten seien. Zur Geltendmachung ihrer Nachzahlungsansprüche in Höhe von insgesamt 1 416 549,82 € hat sie Klage erhoben. Diese hat das Verwaltungsgericht Greifswald mit Urteil vom 27. Oktober 2016 abgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist sie durch die am 17. März 2017 eingegangene Beschwerdeschrift und die am 20. April 2017 eingegangene Beschwerdebegründung fristgemäß eingelegt (§ 135 VwGO i.V.m. § 133 Abs. 2 Satz 1 VwGO ) und begründet (§ 135 VwGO i.V.m. § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO ) worden. Obwohl das Empfangsbekenntnis der Prozessbevollmächtigten der Klägerin als Tag des Empfangs des vorinstanzlichen Urteils den 18. Februar 2017 ausweist, geht der Senat davon aus, dass das Urteil den Prozessbevollmächtigten der Klägerin tatsächlich erst am 20. Februar 2017 zugegangen ist und der Lauf der Beschwerde- und der Begründungsfrist daher erst an diesem Tag begonnen hat. Zwar erbringt das ausgefüllte Empfangsbekenntnis grundsätzlich den vollen Beweis dafür, dass das Schriftstück an dem vom Empfänger angegebenen Tag tatsächlich zugestellt wurde (§ 56 Abs. 2 VwGO , § 174 Abs. 4 Satz 1 ZPO ). Der Gegenbeweis ist aber zulässig (§ 418 Abs. 2 ZPO ; BVerfG, Beschluss vom 27. März 2001 - 2 BvR 2211.97 - NJW 2001, 1563 ). Er ist erbracht, wenn die Unrichtigkeit des Datums zur vollen Überzeugung des Gerichts feststeht; bloße Zweifel an der Richtigkeit des Zustellungsdatums genügen hingegen nicht (BVerwG, Beschlüsse vom 7. Oktober 1993 - 4 B 166.93 - Buchholz 340 § 5 VwZG Nr. 14, vom 15. Februar 2001 - 6 BN 1.01 - Buchholz 340 § 5 VwZG Nr. 19 und vom 21. November 2006 - 1 B 162.06 - Buchholz 303 § 418 ZPO Nr. 14). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Aus dem Vortrag der Prozessbevollmächtigten der Klägerin und den von ihr zum Nachweis vorgelegten Unterlagen (eidesstattliche Versicherung der Rechtsfachwirtin und Mitarbeiterin der Prozessbevollmächtigten der Klägerin, Auszüge aus dem elektronischen Fristenkalender der Prozessbevollmächtigten und die anwaltliche Versicherung eines Prozessbevollmächtigten der Klägerin) ergibt sich zur Überzeugung des Senats, dass in dem Empfangsbekenntnis versehentlich das falsche Datum eingetragen worden ist und den Prozessbevollmächtigten der Klägerin das vorinstanzliche Urteil erst am 20. Februar 2017 zugestellt worden ist. Der vorsorglich gestellte Wiedereinsetzungsantrag ist daher mangels Fristversäumnis gegenstandslos.

Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde ist allerdings unbegründet. Das vorinstanzliche Urteil ist auf mehrere, jeweils selbstständig tragende Gründe gestützt. In derartigen Fällen setzt die Zulassung der Revision voraus, dass hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. April 1989 - 1 B 54.89 - Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 37 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Denn jedenfalls soweit das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auf die Annahme stützt, der Vertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten vom 31. August 1998 sowie der Nachtrag vom 9. Juli 1999 seien wegen Verstoßes gegen § 37 Abs. 6 Satz 2 und 5 der Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern - KV M-V - i.d.F. vom 18. Februar 1994 (GVBl. 1994 S. 249) unwirksam und die Geltendmachung dieser Unwirksamkeit durch die Beklagte verstoße nicht gegen Treu und Glauben, liegt kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vor.

1. Die Klägerin beruft sich insoweit ohne Erfolg auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ).

Der von der Beschwerde aufgeworfenen ersten Frage,

ob unter Beachtung des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Grundsatzes von Treu und Glauben die Berufung auf die wegen Verstoßes gegen kommunalrechtliche Vertretungsregelungen angenommene Unwirksamkeit eines Vertrages deswegen treuwidrig ist, weil

- eine Rückabwicklung nicht oder nicht sachgerecht durchgeführt werden kann und/oder

- die Partei, die den erlangten Vorteil des Vertrages behalten würde, ohne dessen Nachteil tragen zu müssen, die Unwirksamkeit des Vertrages kannte bzw. kennen musste und/oder

- die sich auf die Unwirksamkeit berufende Partei den Vertrag über einen erheblichen Zeitraum als wirksam gelebt und sich der Rechtsfolgen des unwirksamen Vertrages bedient hat,

kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Sie ist nicht klärungsbedürftig. Denn sie lässt sich ohne Weiteres anhand der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung beantworten.

Nach der vorhandenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesgerichtshofs steht der Grundsatz von Treu und Glauben der Berufung auf die Unwirksamkeit eines Vertrages nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen entgegen. Danach genügt es für die Annahme eines solchen Ausnahmefalls nicht, dass die Gemeindeorgane die für sie geltenden Zuständigkeits- und Abschlussvorschriften kennen oder zumindest besser kennen müssen als der Vertragsgegner (BGH, Urteil vom 13. Oktober 1983 - III ZR 158.82 - [...] Rn. 26) oder dass eine Rückabwicklung der vom anderen Teil erbrachten Leistung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist oder dass die Nichtigkeit des Vertrages für eine Vertragspartei mit besonderen Härten verbunden wäre (BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2000 - 4 C 4.99 - BVerwGE 111, 162 <173 f.> Rn. 36 f., vom 29. Januar 2009 - 4 C 15.07 - BVerwGE 133, 85 Rn. 17; BGH, Urteil vom 13. Oktober 1983 - III ZR 158.82 - [...] Rn. 26). Vielmehr müssen die Nichtigkeitsfolgen für den Vertragsgegner zu schlechthin unerträglichen Ergebnissen führen und ein notwendiger Ausgleich mit anderen rechtlichen Mitteln nicht zu erzielen sein (BGH, Urteile vom 13. Oktober 1983 - III ZR 158.82 - [...] Rn. 26 und vom 6. Juli 1995 - III ZR 176.94 - [...] Rn. 23; noch strenger BGH, Urteile vom 2. März 1972 - VII ZR 143.70 - [...] Rn. 22, vom 20. September 1984 - III ZR 47.83 - [...] Rn. 36 und vom 10. Mai 2001 - III ZR 111.99 - [...] Rn. 19; vgl. aus der instanzgerichtlichen Rechtsprechung auch OLG Braunschweig, Urteil vom 30. Juni 2016 - 8 U 97.15 - [...] Rn. 44). Den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass dies vorliegend der Fall wäre.

Hält aber die Rechtsprechung den Grundsatz von Treu und Glauben wie dargestellt selbst bei fehlender Möglichkeit zur Rückabwicklung eines Vertrages nicht für anwendbar, verneint sie damit inzident auch die Frage, ob sich die die Unwirksamkeit eines Vertrages wegen kommunalrechtlicher Vertretungsmängel geltend machende Vertragspartei treuwidrig verhält, wenn - wie im streitgegenständlichen Fall - beide Vertragsparteien das Geschäft lange Zeit hindurch als wirksam behandelt und Vorteile aus ihm gezogen, d.h. gegenseitige Leistungen ausgetauscht haben (vgl. in Bezug auf nichtige Kopplungsgeschäfte <§ 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG> auch BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2000 - 4 C 4.99 - BVerwGE 111, 162 <174>). Denn eine Rückabwicklung setzt stets voraus, dass ein Vertrag bereits vollständig oder teilweise durchgeführt wurde, mithin zumindest zeitweise als wirksam behandelt wurde und Leistungen erbracht wurden. Allenfalls bei Hinzutreten weiterer - hier vom Verwaltungsgericht nicht festgestellter - besonderer Umstände wie einer einseitigen Ziehung erheblicher Vorteile unter missbräuchlicher Zurückhaltung eigener Leistungen, um sich später auf die Unwirksamkeit des Vertrages zu berufen, käme daher die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben in Betracht.

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass auf die streitgegenständliche Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Beklagten die Bestimmungen des Vermögenszuordnungsgesetzes zumindest analog anwendbar sein könnten. Wie die Regelungen der § 2 Abs. 1 Satz 7 und Abs. 5 Satz 1 VZOG zeigen, misst das Gesetz der Beständigkeit von Zuordnungsentscheidungen im Vermögenszuordnungsrecht zwar besondere Bedeutung bei und lässt daher die Geltendmachung von Einwendungen gegen einen Zuordnungsbescheid grundsätzlich nur in engen zeitlichen Grenzen zu. Denn das Einigungsverfahren nach § 2 Abs. 1 Satz 6 VZOG dient der Verfahrensbeschleunigung, um möglichst schnell Rechtssicherheit über die Zuordnung von ehemals volkseigenen Grundstücken zu schaffen (BVerwG, Urteile vom 18. Juli 2002 - 3 C 30.01 - Buchholz 428.2 § 2 VZOG Nr. 19 S. 14 und vom 15. November 2012 - 3 C 12.12 - Buchholz 428 § 2 VZOG Nr. 20 Rn. 19). Dies bedeutet jedoch nicht, dass diese Wertentscheidung auf die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB ) auf Einigungen im Sinne des bzw. solche analog § 2 Abs. 1 Satz 6 VZOG dergestalt ausstrahlt, dass der vorstehend beschriebene Maßstab des Grundsatzes von Treu und Glauben zugunsten der sich auf ein treuwidriges Verhalten des anderen Vertragsteils berufenden Partei zu modifizieren wäre. Denn die Zuordnungsentscheidung, auf deren Schutz § 2 Abs. 1 Satz 7 und Abs. 5 Satz 1 VZOG abzielen, bleibt - wie die Klägerin selbst ausgeführt hat - von der Unwirksamkeit der Vereinbarungen der Klägerin und der Beklagten vom 31. August 1998 und vom 9. Juli 1999 unberührt. Deshalb wäre selbst bei analoger Anwendbarkeit des § 2 Abs. 1 Satz 6 VZOG auf diese Vereinbarungen von dem in den vorstehenden Absätzen dargestellten Maßstab des Grundsatzes von Treu und Glauben auszugehen.

2. Des Weiteren wirft die Beschwerde die Frage auf,

ob § 37 Abs. 6 Satz 5 KV M-V (a.F., inhaltsgleich mit § 38 Abs. 6 Satz 5 KV M-V n.F.) auf Einigungen zwischen Zuordnungsprätendenten nach § 2 Abs. 1 Satz 6 VZOG anwendbar ist und/oder

die sich auf die Unwirksamkeit berufende Partei, die den Vertrag über einen erheblichen Zeitraum als wirksam gelebt und sich der für sie günstigen Rechtsfolgen der Zuordnungsvereinbarung bedient hat, gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt.

Der zweite Teil der Frage, der die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben betrifft, führt auf die bereits mit der ersten Frage aufgeworfenen Rechtsfragen. Diese sind wie bereits ausgeführt nicht von grundsätzlicher Bedeutung.

Die Frage, ob § 37 Abs. 6 Satz 5 KV M-V a.F. anwendbar ist, ist ebenfalls nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Denn sie lässt sich auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung mithilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres aus dem Gesetz bejahen. Der Bundesgerichtshof hat zwar entschieden, dass bestimmte Genehmigungserfordernisse (konkret § 49 Abs. 3 Buchst. b Kommunalverfassung der DDR) im Falle von Erklärungen aufgrund von § 8 VZOG keine Anwendung finden (BGH, Urteil vom 17. September 2004 - V ZR 339.03 - [...] Rn. 8). Dies betrifft jedoch nur die Frage, ob eine Gemeinde solche Erklärungen und Verfügungen ohne Beachtung sonst gegebener Form- oder Genehmigungsvorschriften wirksam vornehmen kann. Dass eine entsprechende Erklärung der Gemeinde vorlag, wurde in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall nicht in Zweifel gezogen. Vorliegend geht es hingegen um die Frage, ob überhaupt eine Erklärung vorliegt, die sich die Gemeinde zurechnen lassen muss. Dem steht aus Sicht des Verwaltungsgerichts § 37 Abs. 6 Satz 5 KV M-V a.F. entgegen. Auch wenn das Kommunalverfassungsgesetz insoweit von "Formvorschriften" spricht, handelt es sich zumindest auch um materielle Vorschriften über die Beschränkung der Vertretungsmacht, die dem Schutz der öffentlich-rechtlichen Körperschaften und ihrer Mitglieder dienen (stRspr, vgl. z.B. BGH, Urteil vom 10. Mai 2001 - III ZR 111.99 - [...] Rn. 6 m.w.N.). Durch wen und in welcher Form eine Gemeinde rechtsgeschäftliche Handlungen vornehmen kann, ist eine Frage des - nicht revisiblen (§ 137 Abs. 1 VwGO ) - Landeskommunalrechts. Das Vermögenszuordnungsgesetz enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass es diese landesrechtlichen Regelungen verdrängen will und daher § 37 Abs. 6 Satz 5 KV M-V a.F. nicht anwendbar sein soll. Da es sich insoweit um eine Materie des Kommunalverfassungsrechts handelt, wäre der Bundesgesetzgeber auch gar nicht befugt, die Organisation von Gemeinden zu regeln und dabei zu bestimmen, in welcher Weise diese durch ihre Organe vertreten werden (Art. 70 Abs. 1 GG ; BVerfG, Urteil vom 7. Oktober 2014 - 2 BvR 1641.11 - [...] Rn. 132 m.w.N.).

3. Die Klägerin sieht eine Divergenz in Ansehung der Annahme des Verwaltungsgerichts, der Vertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten vom 31. August 1998 sowie der Nachtrag vom 9. Juli 1999 seien wegen Verstoßes gegen § 37 Abs. 6 Satz 2 und 5 KV M-V a.F. unwirksam und die Geltendmachung dieser Unwirksamkeit durch die Beklagte verstoße nicht gegen Treu und Glauben. Die behauptete Divergenz liegt nicht vor. Der angeblichen Divergenzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Januar 2009 - 4 C 15.07 - lässt sich nicht der von der Klägerin formulierte Rechtssatz entnehmen, dass die fehlende Möglichkeit der sachgerechten Rückabwicklung die Berufung auf die Unwirksamkeit des Vertrages grundsätzlich treuwidrig erscheinen lasse, sofern nicht der Gesetzgeber die einseitige Rückabwicklung zugunsten des Bürgers vorsehe bzw. das Gesetz auf die einseitige Rückabwicklung des nichtigen/unwirksamen Rechtsgeschäfts angelegt sei. Das Urteil geht vielmehr davon aus, dass der Grundsatz von Treu und Glauben der einseitigen Rückabwicklung eines nichtigen Austauschvertrages nicht allein deshalb entgegensteht, weil eine darin vereinbarte Leistung nicht mehr rückgängig zu machen ist. Erst das Hinzutreten weiterer besonderer Umstände lasse die Rückforderung auf vertraglicher Grundlage geleisteter Zahlungen eines Bürgers gegen eine Gemeinde als treuwidrig erscheinen. So sei es mit Treu und Glauben nicht zu vereinbaren, wenn der Vertragspartner einer Gemeinde im Wege eines auf einen nichtigen verwaltungsrechtlichen Vertrag beruhenden Erstattungsanspruchs den Ausgleich eines Vermögensnachteils herbeiführen könne, der nach der Veräußerung des Grundstücks endgültig nicht mehr bei ihm vorhanden sei. Denn dann erhielte er durch die Erstattung des Folgekostenbeitrags einen zusätzlichen unverdienten Vermögensvorteil, der über das hinausgehe, was ihm auf der Grundlage eines Erstattungsanspruchs zustehe (BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2009 - 4 C 15.07 - BVerwGE 133, 85 Rn. 17).

Nach alledem liegt in Bezug auf die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Vertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten vom 31. August 1998 sowie der Nachtrag vom 9. Juli 1999 seien wegen Verstoßes gegen § 37 Abs. 6 Satz 2 und 5 KV M-V a.F. unwirksam und die Geltendmachung dieser Unwirksamkeit durch die Beklagte verstoße nicht gegen Treu und Glauben, kein Revisionszulassungsgrund vor. Da diese Begründung das vorinstanzliche Urteil selbstständig trägt, ist die Nichtzulassungsbeschwerde somit unabhängig davon zurückzuweisen, ob die von der Klägerin in Bezug auf die anderen das verwaltungsgerichtliche Urteil tragenden Gründe geltend gemachten Zulassungsgründe vorliegen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO . Die Entscheidung hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen beruht auf § 162 Abs. 3 VwGO . Nachdem die Beigeladene zu 1 einen Antrag gestellt und sich damit dem Risiko eigener Kostenpflicht nach § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten gemäß § 162 Abs. 3 VwGO der Klägerin aufzuerlegen. Der Beigeladene zu 2 hat hingegen keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt. Daher entspricht es nicht der Billigkeit, seine außergerichtlichen Kosten der Klägerin oder der Staatskasse aufzuerlegen.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3 , § 52 Abs. 3 GKG .

Vorinstanz: VG Greifswald, vom 27.10.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 6 A 394/09