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BVerwG - Entscheidung vom 04.12.2017

6 B 47.17

Normen:
VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1-2
VwGO § 133 Abs. 3 S. 3
VwGO § 138 Nr. 2
GG Art. 101 Abs. 1 S. 2

BVerwG, Beschluss vom 04.12.2017 - Aktenzeichen 6 B 47.17

DRsp Nr. 2018/425

Beschwerde gegen die Abweisung der auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Auskunftssperre gerichteten Klage durch Prozessurteil; Vorliegen einer Melderegisterauskunft mit größerem Verwaltungsaufwand unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit der Auskunftssperre

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 26. April 2017 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 31,71 € festgesetzt.

Normenkette:

VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1 -2; VwGO § 133 Abs. 3 S. 3; VwGO § 138 Nr. 2 ; GG Art. 101 Abs. 1 S. 2;

Gründe

Die Beschwerde des Klägers, mit der dieser sich gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 26. April 2017 wendet, hat keinen Erfolg.

1. Soweit die Beschwerde die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts angreift, eine Melderegisterauskunft mit größerem Verwaltungsaufwand habe unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit der Auskunftssperre vorgelegen, genügt sie schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO . Die Rügen gegen die materiellrechtliche Rechtsanwendung der Vorinstanz im hier vorliegenden Einzelfall lassen sich keinem der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe für die Zulassung der Revision zuordnen. Sie führen insbesondere weder auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO noch auf eine Abweichung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO .

2. Die Beschwerde macht als Verstoß gegen den Anspruch auf den gesetzlichen Richter gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG geltend, zwei der an der Entscheidung der Vorinstanz vom 26. April 2017 beteiligten Richter - die Richter W. und S. - hätten die gegen sie gerichteten Ablehnungsgesuche vom 26. August 2016 und 8./20. April 2017 zu Unrecht als unbeachtlich angesehen. Dem folgt der Senat nicht.

Mit den Ablehnungsgesuchen des Klägers vom 26. August 2016 hat sich der Senat bereits im Beschluss vom 7. März 2017 - 6 B 53.16 - Rn. 10 befasst und sie als unzulässig angesehen; auf diese Ausführungen wird Bezug genommen. Auch die Befangenheitsanträge vom 8./20. April 2017, mit denen der Kläger die Richter D., W. und S. (erneut) abgelehnt hat, weil diese trotz der gegen sie gerichteten Ablehnungsgesuche vom 26. August 2016 unter Verstoß u.a. gegen die Wartepflicht einen Nichtabhilfebeschluss gefasst und diesen dem Kläger nicht zugestellt hätten, verhelfen der Beschwerde nicht zum Erfolg. Denn die Befangenheitsanträge vom 8./20. April 2017 knüpfen an die gerichtliche Behandlung der Ablehnungsgesuche vom 26. August 2016 und die Fassung des Nichtabhilfebeschlusses durch die Vorinstanz an, die der beschließende Senat bereits als prozessordnungsgemäß gebilligt hat.

3. Des Weiteren rügt die Beschwerde im Kern, die Richter der Vorinstanz hätten mit dem Prozessurteil vom 28. April 2016 das Persönlichkeitsrecht des Klägers schwer und unerträglich verletzt, indem sie persönlichkeitsrechtsverletzende Aussagen durch die behördliche Verbreitung von Schmähkritik und unwahren Aussagen als geeignet angesehen hätten, eine langjährige Auskunftssperre zu begründen. Diese verfehlte Rechtsauffassung wiederholten sie in dem Beschluss vom 26. April 2017 mit der Behauptung, die Auskunftssperre sei jedenfalls zu Beginn berechtigt gewesen und hätte einen erhöhten Verwaltungsaufwand bedeutet. Richter, die Prüfprogramme und verfassungsrechtliche Anforderungen missachteten, seien "entweder fachlich ungeeignet oder vorsätzlich befangen" und versuchten, die Existenz des Rechtsschutzsuchenden zu vernichten. Der durch die fehlerhafte Behandlung der Ablehnungsgesuche verursachte Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG erfasse auch die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts vom 26. April 2017. Dieses Vorbringen lässt keinen Zulassungsgrund, insbesondere keinen Verfahrensmangel erkennen, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann.

Soweit die Beschwerde erneut die Abweisung der auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Auskunftssperre gerichteten Klage durch Prozessurteil aufgreift und als verfahrensfehlerhaft rügt, kann sie damit in dem hier vorliegenden Verfahren nicht durchdringen. Denn über jenen Streitgegenstand ist mit der Zurückweisung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Senats vom 7. März 2017 - 6 B 53.16 - bereits rechtskräftig entschieden (§ 133 Abs. 5 Satz 3 VwGO ). Gegenstand dieses Verfahrens ist nur noch die Abweisung der Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 27. September 2013, die Zahlungserinnerung vom 11. November 2013 und den Widerspruchsbescheid vom 13. November 2013 durch den Beschluss der Vorinstanz vom 26. April 2017 gemäß § 130a VwGO .

Ein Verfahrensmangel gemäß § 138 Nr. 2 VwGO ist nicht ersichtlich. Nach dieser Vorschrift ist ein Urteil stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war. Dieser Verfahrensfehler liegt nicht vor. Aus § 138 Nr. 2 VwGO ergibt sich, dass die Besorgnis der Befangenheit der Richter, die eine Entscheidung gefällt haben, mit Blick auf deren Prozessordnungsmäßigkeit spätestens nach Erlass des Urteils und Eintritt der Bindungswirkung (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 318 ZPO ) nicht mehr geltend gemacht werden kann. Der in § 138 Nr. 2 VwGO sanktionierte Verfahrensfehler ist demnach nur gegeben, wenn ein Ablehnungsgesuch in der Vorinstanz tatsächlich Erfolg gehabt hat (BVerwG, Beschluss vom 7. März 2017 - 6 B 53.16 [ECLI:DE:BVerwG:2017:070317B6B53.16.0] - NVwZ-RR 2017, 468 Rn. 19 m.w.N.).

Auch der Verfahrensmangel des § 138 Nr. 1 VwGO ist nicht gegeben. Danach ist ein Urteil stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war. Eine Abweichung von der nach dem Geschäftsverteilungsplan vorgesehenen Besetzung behauptet der Kläger nicht. Demzufolge könnte die Verfahrensrüge nur Erfolg haben, wenn der Spruchkörper der Vorinstanz als in materieller Hinsicht nicht vorschriftsmäßig besetzt anzusehen wäre, d.h. die Richter tatsächlich und so eindeutig die gebotene Distanz und Neutralität hätten vermissen lassen, dass jede andere Würdigung als die einer Besorgnis der Befangenheit willkürlich erschiene; dann läge zugleich ein Verstoß unmittelbar gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG vor (BVerwG, Urteile vom 21. März 2012 - 6 C 19.11 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 412 Rn. 18 und vom 16. April 1997 - 6 C 9.95 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 382 S. 186). Hierfür ist auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nichts ersichtlich, denn die klageabweisende Sachentscheidung verlässt in keinem der von der Beschwerde gerügten Punkte den Rahmen vertretbarer Rechtsanwendung.

4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 , § 162 Abs. 3 VwGO . Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG .

Vorinstanz: OVG Schleswig-Holstein, vom 26.04.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 4 LB 33/17