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BVerfG - Entscheidung vom 25.07.2017

2 BvC 4/17

Normen:
BVerfGG § 23 Abs. 1 S. 2
BVerfGG § 96a Abs. 2
BWahlG § 18 Abs. 2 S. 1 und S. 5
BWahlG § 18 Abs. 3 S. 4 Nr. 3
PartG § 9 Abs. 3
GG Art. 21 Abs. 1 S. 3

BVerfG, Beschluss vom 25.07.2017 - Aktenzeichen 2 BvC 4/17

DRsp Nr. 2017/12611

Nichtanerkennungsbeschwerde gegen die Ablehnung der Anerkennung als Partei für die Wahl zum 19. Deutschen Bundestag; Notwendigkeit der Vorlage eines Parteitagsbeschlusses über das eingereichte Programm

Tenor

Die Nichtanerkennungsbeschwerde wird verworfen.

Normenkette:

BVerfGG § 23 Abs. 1 S. 2; BVerfGG § 96a Abs. 2 ; BWahlG § 18 Abs. 2 S. 1 und S. 5; BWahlG § 18 Abs. 3 S. 4 Nr. 3; PartG § 9 Abs. 3 ; GG Art. 21 Abs. 1 S. 3;

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Ablehnung der Anerkennung als Partei für die Wahl zum 19. Deutschen Bundestag.

1. Auf die Beteiligungsanzeige der Beschwerdeführerin bat der Bundeswahlleiter mit Schreiben vom 19. April 2017 und 2. Mai 2017 - jeweils unter Verweis auf § 18 Abs. 2 Satz 5 BWahlG - um Vorlage des Protokolls über den Parteitagsbeschluss zu dem eingereichten Wahlprogramm. Zuletzt nahm der Bundeswahlleiter mit Schreiben vom 17. Mai 2017 auf die diesbezüglichen Ausführungen im Schreiben vom 2. Mai 2017 Bezug. Eine Vorlage des erbetenen Beschlussprotokolls erfolgte nicht.

2. Der Bundeswahlausschuss stellte am 6. Juli 2017 fest, dass die Beschwerdeführerin nicht als Partei für die Wahl zum 19. Deutschen Bundestag anerkannt werde. Die formellen Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 BWahlG seien nicht erfüllt, da kein Parteitagsbeschluss über das eingereichte Programm vorgelegt worden sei.

3. Am 10. Juli 2017 hat die Beschwerdeführerin Nichtanerkennungsbeschwerde gegen die Entscheidung des Bundeswahlausschusses erhoben. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, das Wahlprogramm sei am Tag der Gründung "vorgetragen und einstimmig und mit Beifall angenommen" worden sowie später nochmals im Rahmen einer Mitgliederbefragung "mit einigen Enthaltungen einstimmig". Davon abgesehen sei die "Bundeswahlkommission" auf Grundlage des Bundeswahlgesetzes tätig geworden, das nicht vom "gesetzlichen Gesetzgeber" stamme und daher keine staatliche Legitimation beanspruchen könne. Denn wegen fehlenden Friedensvertrags nach dem Ersten Weltkrieg gelte die Haager Landkriegsordnung (HLKO) fort. Eine Vorlage verfahrensrelevanter Unterlagen ist nicht erfolgt.

4. Dem Bundeswahlausschuss wurde Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Der Bundeswahlleiter hat am 14. Juli 2017 ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe zuletzt mit am 12. Mai 2017 eingegangenem Schreiben ihre Beteiligung an der Wahl zum 19. Deutschen Bundestag angezeigt, ohne einen Nachweis für den Beschluss des Programms durch den Parteitag zu erbringen. Denn weder das Gründungsprotokoll vom 25. Februar 2017 noch die weiteren dort eingereichten Unterlagen wiesen eine Beschlussfassung über ein Programm aus. Damit habe nicht festgestellt werden können, ob der Beteiligungsanzeige ein schriftliches Programm der Beschwerdeführerin beigefügt gewesen sei.

5. Die Beschwerdeführerin hat daraufhin ihr Vorbringen bekräftigt.

II.

Die Nichtanerkennungsbeschwerde ist unzulässig.

Sie entspricht nicht den Begründungsanforderungen nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 96a Abs. 2 BVerfGG . Danach hat die Beschwerdeführerin sich mit den Erwägungen des Bundeswahlausschusses auseinanderzusetzen und die "erforderlichen" Beweismittel vorzulegen (vgl. BTDrucks 17/9391, S. 11 und BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 23. Juli 2013 - 2 BvC 8/13 -, [...], Rn. 11). Daran fehlt es.

Der Bundeswahlausschuss hat die Beschwerdeführerin nicht als Partei anerkannt, weil kein Parteitagsbeschluss über das eingereichte Programm vorgelegt wurde. Gemäß § 18 Abs. 2 Satz 5 BWahlG ist der Beteiligungsanzeige unter anderem das "schriftliche Programm der Partei" beizufügen. Fehlt das Parteiprogramm oder ist - wie vorliegend - die infolge des Gebots der innerparteilichen Demokratie (vgl. Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG ) für dessen Legitimation gemäß § 9 Abs. 3 PartG erforderliche Beschlussfassung des Parteitags über das Programm (sog. Parteitagsvorbehalt) nicht ersichtlich, liegt gemäß § 18 Abs. 3 Satz 4 Nr. 3 BWahlG ein Mangel vor, der nur bis zum Ablauf der Anzeigefrist gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 BWahlG behebbar ist (vgl. § 18 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 BWahlG). Wird diese Frist versäumt, ist die Teilnahme an der Wahl mit den besonderen Rechten einer Partei versperrt (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 23. Juli 2013 - 2 BvC 6/13 -, Rn. 7 m.w.N.; abrufbar unter www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen.html).

Demgemäß hätte die Beschwerdeführerin geeignete Nachweise für die Behauptung, dem eingereichten Wahlprogramm liege ein (ordnungsgemäßer) Parteitagsbeschluss zugrunde, vorlegen und zugleich deren fristgerechte Einreichung in schriftlicher Form beim Bundeswahlleiter darlegen müssen. Dies hat sie jedoch nicht getan; insbesondere weist keines der mit der Beteiligungsanzeige vorgelegten Protokolle verschiedentlicher "Gründungssitzungen" eine Beschlussfassung über ein Programm aus.

Dies gilt umso mehr, als die Beschwerdeführerin bereits vor der Sitzung des Bundeswahlausschusses mit Schreiben des Bundeswahlleiters vom 19. April 2017, 2. Mai 2017 und zuletzt vom 17. Mai 2017 ergebnislos gebeten worden war, ein entsprechendes Beschlussprotokoll vorzulegen.