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BVerfG - Entscheidung vom 02.03.2017

2 BvQ 7/17

Normen:
BVerfGG § 23 Abs. 1 S. 2
BVerfGG § 32 Abs. 1
BVerfGG § 92

BVerfG, Beschluss vom 02.03.2017 - Aktenzeichen 2 BvQ 7/17

DRsp Nr. 2017/12730

Anforderungen an den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG); Erforderlichkeit des Eingehens auf die für den konkreten Fall wesentlichen rechtlichen und tatsächlichen Besonderheiten

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Normenkette:

BVerfGG § 23 Abs. 1 S. 2; BVerfGG § 32 Abs. 1 ; BVerfGG § 92 ;

Gründe

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.

1. Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen ist ein strenger Maßstab anzulegen. Dabei haben die Gründe, welche der Beschwerdeführer für die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Hoheitsakte anführt, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Verfassungsbeschwerde, zu deren Sicherung die einstweilige Anordnung begehrt wird, erweist sich von vornherein als unzulässig oder offensichtlich unbegründet (vgl. BVerfGE 89, 38 <44>; 103, 41 <42>; 118, 111 <122>; stRspr). Bei offenem Ausgang des Verfassungsbeschwerdeverfahrens muss das Bundesverfassungsgericht die Folgen abwägen, die eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. BVerfGE 105, 365 <371>; 106, 351 <355>; 108, 238 <246>; 125, 385 <393>; 126, 158 <168>; 129, 284 <298>; 132, 195 <232 f. Rn. 87>; stRspr).

2. Nach diesen Maßstäben kann die beantragte einstweilige Anordnung nicht erlassen werden. Der Vortrag des Antragstellers wäre als Begründung für eine - gegebenenfalls noch zu erhebende - Verfassungsbeschwerde unzureichend, so dass diese gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG als offensichtlich unzulässig anzusehen wäre.

Auch wenn die Anforderungen an die Begründung eines Rechtsschutzbegehrens in Fällen, in denen - etwa als Folge von § 59 Abs. 1 Satz 8 AufenthG - nur wenige Stunden für die Gewährung effektiven Rechtsschutzes zur Verfügung stehen, nicht überspannt werden dürfen, bedarf es zumindest einer knappen Auseinandersetzung mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen, denen die angegriffene gerichtliche Entscheidung nach Auffassung des Betroffenen nicht genügt. Aus der Begründung muss hervorgehen, worin die gerügte Grundrechtsverletzung zu sehen sein soll; dies erfordert jedenfalls ein Eingehen auf die für den konkreten Fall wesentlichen rechtlichen und tatsächlichen Besonderheiten.

Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist im Wesentlichen darauf gestützt, dass der Antragsteller in seinem dritten Folgeantrag nichts vorgetragen habe, was angesichts einer bereits im Jahre 2013 diagnostizierten posttraumatischen Belastungsstörung nicht bereits in früheren Verfahren hätte geltend gemacht werden können, und dass die Gefahr einer psychischen Dekompensation infolge einer Abschiebung im Hinblick auf den Umstand beurteilt werden müsse, dass sich die Familie des Antragstellers - Ehefrau und vier Kinder - nach ihrer Abschiebung im Januar 2017 wieder im Kosovo befindet. Auf diese für das Vorliegen von Abschiebungshindernissen offensichtlich relevanten Umstände geht die Antragsbegründung nicht substantiiert ein und setzt sich auch nicht damit auseinander, dass Geschwister des Antragstellers im Kosovo leben. Der zur Begründung des neuerlichen Folgeantrags und des vorliegenden Rechtsschutzbegehrens vorgelegte - eingehend begründete - Zwischenbericht des Universitätsklinikums führt zwar in nachvollziehbarer Weise aus, dass der Antragsteller schwer erkrankt ist, lässt aber ebenfalls nicht erkennen, ob den behandelnden Ärzten bei ihrer Prognose zu den Folgen einer Abschiebung der Umstand bekannt war, dass Geschwister, Ehefrau und Kinder des Antragstellers diesen nach einer Abschiebung aufnehmen können. Im Übrigen nimmt die Antragsbegründung weder ausdrücklich noch der Sache nach konkrete verfassungsrechtliche Maßstäbe in Bezug; der Antragsteller nennt ohne weitere Erläuterungen lediglich Art. 1 und 2 GG als verletzte Grundrechte.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Vorinstanz: VG Gießen, vom 01.03.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 4 L 1713/17