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BSG - Entscheidung vom 13.04.2017

B 12 R 1/17 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 13.04.2017 - Aktenzeichen B 12 R 1/17 B

DRsp Nr. 2017/13542

Sozialversicherungsbeitragspflicht eines Bademeisters Grundsatzrüge Klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage

1. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist. 2. Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 24. November 2016 wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7080,54 Euro festgesetzt.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

I

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob der Kläger für die Beigeladenen zu 1. und 2., die als Badeaufsicht tätig waren, für die Zeit von 2007 bis 2009 (Gesamt-)Sozialversicherungsbeiträge und hierauf entfallende Säumniszuschläge zu entrichten hat, insbesondere darüber, ob die Beigeladenen zu 1. und 2. in dieser Tätigkeit wegen Beschäftigung der Sozialversicherungspflicht unterlagen.

Der klagende eingetragene Verein betreibt seit 1999 ein zuvor von der Kommune betriebenes Freibad. Die Beigeladene zu 1. ist Leistungsschwimmerin, der Beigeladene zu 2. betreibt eine Schwimmschule. Die Beigeladenen zu 1. und 2. waren - neben anderen Personen - als Badeaufsicht für den Kläger tätig. Die Einteilung der Badeaufsicht nahm eine beim Kläger Beschäftigte vor. Die Beigeladenen zu 1. und 2. rechneten gegenüber dem Kläger ihre Tätigkeit als Badeaufsicht auf Stundenbasis monatlich ab. Im Jahr 2009 betrug der Stundensatz 7,67 Euro. Nach einer Betriebsprüfung stellte die beklagte Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover fest, dass die Beigeladenen zu 1. und 2. zwischen 2007 und 2009 wegen Beschäftigung der Sozialversicherungspflicht unterlagen und forderte Beiträge und Säumniszuschläge in Höhe von 7080,54 Euro. Der Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg. Das SG hat die Bescheide aufgehoben (Urteil vom 13.10.2015). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 24.11.2016). Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.

II

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 24.11.2016 ist gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder

- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder

- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).

Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 9).

Der Kläger beruft sich in der Beschwerdebegründung vom 3.1.2017 ausschließlich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ).

1. Der Kläger legt den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht in einer den Zulässigkeitsanforderungen entsprechenden Weise gemäß § 160a Abs 2 S 3 SGG dar.

Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr, vgl nur BSG vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG vom 25.10.1978 - 8/3 RK 28/77 - SozR 1500 § 160a Nr 31 S 48).

a) Die Beschwerdebegründung erfüllt die Darlegungsvoraussetzungen für eine Grundsatzrüge (vgl hierzu exemplarisch BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN) schon deshalb nicht, weil der Kläger keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG ) mit höherrangigem Recht ( BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - Juris RdNr 11 mwN) formuliert. Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann ( BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - Juris RdNr 11 mwN).

b) Darüber hinaus legt der Kläger nicht die Klärungsbedürftigkeit dar. Er befasst sich weder mit der Rechtslage noch mit der hierzu ergangenen Rechtsprechung des BSG insbesondere zur Abgrenzung von (abhängiger) Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit, auf die das LSG im angegriffenen Urteil hingewiesen hat.

Im Kern seines Vorbringens wendet er sich gegen die inhaltliche Richtigkeit des angefochtenen Urteils, was zB in der Formulierung auf S 4 der Beschwerdebegründung "Soweit das Landessozialgericht (...) Sozialversicherungspflicht (...) annimmt, überzeugt die Argumentation nicht." deutlich wird. Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen.

Soweit der Kläger unter Hinweis auf allgemein gesellschaftspolitische Entwicklungen sein anerkennenswertes gesellschaftliches Engagement betont und darauf verweist, dabei auch auf ehrenamtliches Engagement angewiesen zu sein, vermag dies die zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache notwendigen Anforderungen, die sich aus dem Gesetz (§ 160a Abs 2 S 3 SGG ) und der oben dargestellten ständigen Rechtsprechung des BSG ergeben, nicht zu ersetzen. Im Übrigen argumentiert der Kläger auch in diesem Punkt lediglich mit einer vermeintlich inhaltlichen Unrichtigkeit des angefochtenen Urteils ("...besteht kein Beschäftigungsverhältnis...") und setzt sich nicht mit der Frage auseinander, inwieweit angesichts der vom LSG festgestellten Tatsachen (zB monatliche Abrechnung auf Stundenbasis, Stundensatz 7,67 Euro) vom Typus einer selbstständigen Tätigkeit oder gar einer "ehrenamtlichen" Tätigkeit ausgegangen werden kann.

c) Schließlich wird die Beschwerdebegründung auch den Anforderungen an die Darlegung der Klärungsfähigkeit nicht gerecht: Der Kläger befasst sich insbesondere nicht damit, dass die Zuordnung einer Tätigkeit zum rechtlichen Typus der (abhängigen) Beschäftigung bzw selbstständigen Tätigkeit nach deren Gesamtbild vorzunehmen ist und voraussetzt, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (stRspr, vgl nur BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 25 mwN). Es hätte daher in der Beschwerdebegründung einer umfassenden Würdigung der konkreten Tätigkeit bedurft.

2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 , § 162 Abs 3 VwGO .

4. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3 , § 47 Abs 1 und 3 GKG und entspricht der von den Beteiligten nicht beanstandeten Festsetzung durch das LSG.

Vorinstanz: LSG Niedersachsen-Bremen, vom 24.11.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 1 R 531/15
Vorinstanz: SG Hannover, vom 13.10.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 62 R 556/12