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BSG - Entscheidung vom 16.03.2017

B 8 SO 76/16 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3

BSG, Beschluss vom 16.03.2017 - Aktenzeichen B 8 SO 76/16 B

DRsp Nr. 2017/10533

SGB XII - Leistungen Einlagerung von Mobiliar während einer Inhaftierung Verfahrensrüge Umfang gerichtlicher Hinweispflichten

Allein die Behauptung, immer deutlich gemacht zu haben, worum es eigentlich gegangen sei, genügt noch nicht zur Begründung einer Hinweispflicht des Gerichts.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 31. März 2016 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ;

Gründe:

I

Streitig sind Ansprüche des inhaftierten Klägers wegen der Kosten für die Einlagerung seines Mobiliars und für eine der Inhaftierung vorangegangene Zwangsräumung aus seiner Wohnung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - ( SGB XII ).

Der Kläger, der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - ( SGB II ) bezog, war Eigentümer einer selbstbewohnten Wohnung, die am 25.2.2010 geräumt wurde; er befindet sich seit dem 26.2.2010 in Haft. Eine Klage gegen den Beklagten wegen der Zahlung weiterer Kosten der Unterkunft nach dem SGB II für die Zeit vom 1.1.2006 bis zum 28.2.2010 blieb ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts [SG] Rostock vom 5.11.2014); das Landessozialgericht (LSG) Mecklenburg-Vorpommern hat das Berufungsverfahren zum Ruhen gebracht (Beschluss vom 11.3.2015).

Wegen der Kosten für die Einlagerung des Mobiliars und die Zwangsräumung im Jahr 2010 hat der Beklagte als Träger der Sozialhilfe die Kosten für die Einlagerung für sechs Monate darlehensweise übernommen und die Anträge des Klägers im Übrigen abgelehnt (Bescheid vom 30.3.2010; Widerspruchsbescheid vom 12.5.2010). Die Klage hiergegen blieb ohne Erfolg (Urteil des SG Stralsund vom 16.3.2015; Beschluss des LSG vom 31.3.2016). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, es sei nicht ersichtlich, dass der Beklagte bei der Prüfung, ob statt eines Darlehens ein Zuschuss zu gewähren gewesen sei, ermessensfehlerhaft gehandelt habe. Der Antrag festzustellen, dass der Beklagte alle weiteren Kosten der Einlagerung des Mobiliars als Zuschuss zu gewähren habe, sei unzulässig. Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Zwangsräumung bestehe nicht, weil es sich nicht um Schulden im Sinne des § 34 SGB XII handele. Das Berufungsverfahren wegen der Ansprüche nach dem SGB II sei nicht vorgreiflich, weil der Ausgang des dortigen Verfahrens ohne Auswirkung auf die geltend gemachten sozialhilferechtlichen Ansprüche sei.

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger geltend, das LSG habe gegen die ihm obliegenden Hinweispflichten (§ 106 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) verstoßen; denn es sei sein (des Klägers) erkennbares Interesse gewesen, die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns des Beklagten auf dem Gebiet des SGB XII feststellen zu lassen. Zudem liege eine Verletzung des § 114 Abs 2 Satz 1 SGG vor; denn das LSG hätte das Verfahren wegen der Vorgreiflichkeit der Entscheidung über Ansprüche nach dem SGB II aussetzen müssen. Hätte sich im dortigen Verfahren herausgestellt, dass das Handeln des Beklagten als Träger nach dem SGB II rechtswidrig war, hätte dies Mitverschulden des Beklagten an der Notlage bei der Ausübung des Ermessens wegen der Übernahme weiterer Schulden als Kosten der Unterkunft nach dem SGB XII eine maßgebliche Rolle spielen müssen.

II

Die Beschwerde ist unzulässig; denn der Kläger hat die geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) nicht in der gebotenen Weise bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG ). Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG iVm § 169 Satz 3 SGG entscheiden.

Den Verfahrensfehler, das LSG hätte darauf hinwirken müssen, dass der Kläger einen Feststellungsantrag stelle (§ 106 Abs 1 SGG ; vgl dazu Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 585 ff), hat der Kläger nicht ausreichend bezeichnet. Es fehlt schon an der Darstellung der Rechtsauffassung des Gerichts, die Ausgangspunkt für einen notwendigen Hinweis hätte sein sollen. Allein die Behauptung, er habe immer deutlich gemacht, worum es ihm eigentlich gegangen sei, genügt noch nicht zur Begründung einer Hinweispflicht des Gerichts. Soweit der Kläger vorträgt, es habe auf der Hand gelegen, dass er über die reinen Leistungsanträge hinaus "ein Klagebegehren" verfolge, und damit sinngemäß meint, das LSG habe den Streitgegenstand verkannt, fehlt es an irgendwelchen weiteren Darlegungen dazu. Er behauptet zwar, wenn die Anträge als Feststellungsanträge verstanden würden, würde die Klage seiner Ansicht nach Erfolg haben. Aus der durch das Einrücken verschiedener Passagen aus den Akten insgesamt kaum verständlichen Sachverhaltsschilderung und seinem Vortrag im Übrigen wird jedoch nicht erkennbar, auf welche tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen er dies stützen will.

Soweit der Kläger rügt, das LSG hätte das Verfahren nach § 114 Abs 2 Satz 1 SGG aussetzen müssen, ist auch insoweit ein Verfahrensmangel nicht ausreichend bezeichnet. Wegen der Rüge eines Verstoßes gegen diese Ermessensvorschrift müsste dargetan werden, dass das dem LSG grundsätzlich eingeräumte Ermessen auf Null reduziert und das Gericht zu einer Aussetzung des Verfahrens verpflichtet gewesen wäre (vgl BSG vom 13.11.2006 - B 13 R 423/06 B; BSG vom 19.7.2006 - B 11a AL 7/06 B). Solche Darlegungen fehlen vollständig. Der Kläger setzt sich mit der Begründung des LSG zur mangelnden Vorgreiflichkeit des Rechtsstreits wegen der Leistungen nach dem SGB II überhaupt nicht auseinander und stellt folglich auch nicht dar, weshalb vorliegend von einer Ermessenreduzierung auf Null wegen der Aussetzungsentscheidung ausgegangen werden sollte. Allein die Behauptung, es hätte sich eine andere Beurteilung der streitigen Ansprüche ergeben, genügt hierfür nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Mecklenburg-Vorpommern, vom 31.03.2016 - Vorinstanzaktenzeichen L 9 SO 12/15
Vorinstanz: SG Stralsund, - Vorinstanzaktenzeichen S 5 SO 26/10