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BSG - Entscheidung vom 25.10.2017

B 8 SO 73/17 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 25.10.2017 - Aktenzeichen B 8 SO 73/17 B

DRsp Nr. 2017/17734

SGB XII -Leistungen Begleichung einer Stromkostennachzahlung Grundsatzrüge Klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage Genügen der Darlegungspflicht

1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. 2. Um der Darlegungspflicht zu genügen, muss eine konkrete Rechtsfrage formuliert, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihr angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) dargelegt werden.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. April 2017 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

I

Im Streit sind weitere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - ( SGB XII ) in Höhe von 61,85 Euro zur Begleichung einer Stromkostennachzahlung.

Die Klägerin bezog seit März 2010 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII . Im Oktober 2012 beantragte sie bei der Beklagten die Erstattung einer Stromkostennachzahlung und legte zugleich die Rechnung ihres Stromversorgers über einen Abrechnungszeitraum vom 7.9.2011 bis zum 6.9.2012 vor. Die Beklagte lehnte diesen Antrag ab (Bescheid vom 13.11.2012, Widerspruchsbescheid vom 17.7.2013).

In erster Instanz ist die Klägerin erfolglos gewesen (Urteil des Sozialgerichts [SG] Dortmund vom 16.1.2015). Im Berufungsverfahren hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen nach Anhörung der Klägerin zur beabsichtigten Verfahrensweise (Sitzungsprotokoll zur vertagten mündlichen Verhandlung vom 2.11.2016; Schreiben des LSG vom 23.11.2016, 5.1. und 16.2.2017) die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen (Beschluss vom 10.4.2017). Sie sei nicht statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes der Hauptsache bei 61,85 Euro liege und die Berufung keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr betreffe.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde. Sie macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und einen Verfahrensfehler geltend.

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und des Verfahrensfehlers (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) nicht in der nach § 160a Abs 2 Nr 3 SGG gebotenen Weise dargelegt bzw bezeichnet worden sind. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG entscheiden.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Um der Darlegungspflicht zu genügen, muss eine konkrete Rechtsfrage formuliert, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihr angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) dargelegt werden (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Unabhängig davon, ob die Frage nach der "Berechnung eines Bedarfs für die Warmwasserversorgung als abweichender Mehrbedarf" eine konkrete Rechtsfrage im aufgezeigten Sinne darstellt, legt die Klägerin jedenfalls nicht dar, inwieweit diese (materiell-rechtliche) Frage Entscheidungserheblichkeit für die als unzulässig verworfene Berufung erlangt.

Aber auch den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels hat die Klägerin nicht hinreichend bezeichnet. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Wer sich - wie hier - auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG stützt, muss ua einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, die Rechtsauffassung des LSG wiedergeben, aufgrund der bestimmte Tatsachen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen und die von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände darlegen, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten (vgl zB BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 mwN). Dabei ist von der Rechtsauffassung des LSG ausgehend in nachvollziehbarer Weise darzulegen, inwiefern entscheidungserhebliche tatsächliche Fragen erkennbar offen geblieben sind und damit zu weiterer Sachaufklärung zwingende Veranlassung bestand (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 34; SozR 3-1500 § 103 Nr 9). Diesen Anforderungen wird das Vorbringen der Klägerin nicht gerecht. Ihr Hinweis, dass der von ihr bestellte Vertreter überhaupt nicht angehört worden sei, bezeichnet weder einen konkreten Beweisantrag, noch zeigt es auf, inwieweit dieser Vertreter in der zuletzt für das LSG allein entscheidungserheblichen Frage der Zulässigkeit der Berufung zu weiterer Sachaufklärung hätte beitragen können. Auch eine Verletzung rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG , Art 103 Abs 1 Grundgesetz [GG]) ist deshalb nicht hinreichend bezeichnet. Die Klägerin zeigt einen Zusammenhang zwischen der gewünschten Anhörung des Vertreters und der Äußerung zum Maßstab der Zulässigkeit der Berufung nicht auf.

Die von der Klägerin - unter Anwendung des Meistbegünstigungsgrundsatzes - in der Berufungsinstanz zugleich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ("Hiermit lege ich fristgemäß alle Rechtsmittel ein", Schriftsatz vom 2.4.2015), die ggf nach Berufungszulassung durch das LSG als Berufungsverfahren fortzusetzen wäre (vgl dazu BSG SozR 3-1500 § 158 Nr 1), ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Über sie wird das LSG ggf noch zu entscheiden haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung von § 193 Abs 1 SGG .

Vorinstanz: LSG Nordrhein-Westfalen, vom 10.04.2017 - Vorinstanzaktenzeichen L 12 SO 116/15
Vorinstanz: SG Dortmund, vom 16.01.2015 - Vorinstanzaktenzeichen S 41 SO 359/13