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BSG - Entscheidung vom 01.02.2017

B 5 RS 53/16 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 01.02.2017 - Aktenzeichen B 5 RS 53/16 B

DRsp Nr. 2017/9884

Rentenversicherung Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz Grundsatzrüge Klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage Höchstrichterlich geklärte Rechtsfrage

1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. 2. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. 3. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen. 4. Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich z.B. unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist; als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw. das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben. 5. Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass das BSG zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet hat.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 12. Juli 2016 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

Mit Urteil vom 12.7.2016 hat das LSG Berlin-Brandenburg einen Anspruch des Klägers auf Feststellung höherer Arbeitsentgelte durch Anerkennung von Prämien für bereits mit bestandskräftigem Bescheid festgestellte Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz verneint, weil schon keine Versorgungsanwartschaft iS von § 1 Abs 1 AAÜG bestand. Das LSG hat deshalb die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Frankfurt (Oder) zurückgewiesen.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Der Kläger beruft sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG .

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ),

- das Urteil von einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder

- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde des Klägers ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte, SGG , 2. Aufl 2014, § 160a RdNr 32 ff). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Der Kläger formuliert als Frage grundsätzlicher Bedeutung:

"dass Meliorationsingenieure nicht zur technischen Intelligenz im Sinne von Anlag 1 Nr. 1 zu § 1 Abs. 2 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz ( AAÜG ) zu zählen sind."

Es kann dahinstehen, ob er damit zumindest eine aus sich heraus verständliche Rechtsfrage zur Auslegung revisibler (Bundes-)Normen formuliert hat, an der das Beschwerdegericht die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen könnte (vgl dazu BSG Beschlüsse vom 2.3.2015 - B 12 KR 60/14 B - Juris RdNr 15 und vom 4.4.2016 - B 13 R 43/16 B - RdNr 6; Becker, SGb 2007, 261 , 265; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 181). Denn es fehlt an ausreichenden Darlegungen, dass diese Frage klärungsbedürftig und klärungsfähig (entscheidungserheblich) ist.

Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass das BSG zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet hat (Krasney/Udsching, aaO, Kap IX RdNr 183 mwN).

Hieran fehlt es bereits. Der Kläger zitiert das Urteil des BSG vom 18.10.2007 (B 4 RS 17/07 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 14 - die weitere vom Kläger zitierte Rechtsprechung stammt dagegen vom LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 28.2.2006 - L 27 RA 246/04), in dem der 4. Senat die Voraussetzungen dargestellt hat, unter denen den Absolventen der Agrarwissenschaften nach dem Sprachgebrauch der DDR der Titel eines Diplom-Ingenieurs zuerkannt wurde. Der Kläger stellt in seiner Beschwerdebegründung jedoch nicht dar, dass sich die von ihm aufgeworfene (Rechts-)Frage anhand dieser Entscheidung nicht beantworten lässt. Der Kläger beschränkt sich vielmehr darauf festzustellen, die Rechtsprechung des BSG sei "in Ausweitung auf alle anderen agrarwissenschaftlichen Studiengänge, die nicht Mechanisierung der Landwirtschaft oder Lebensmitteltechnologie heißen, falsch". Es sei ebenso "falsch, allein auf die erlaubte Berufsbezeichnung abzustellen". Eine solche Darstellung der eigenen Rechtsansicht ersetzt nicht die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit gemäß § 160a Abs 2 S 3 SGG und die in diesem Rahmen vorzunehmende eingehende Auseinandersetzung mit der thematisch einschlägigen Rechtsprechung des BSG . Allein der Umstand, dass der Kläger die vom LSG - unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG - vertretene Auffassung für unrichtig hält, rechtfertigt keine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).

Der Kläger hat es darüber hinaus versäumt, die Klärungsfähigkeit, dh Entscheidungserheblichkeit der angesprochenen (Rechts-)Frage ausreichend aufzuzeigen. Entscheidungserheblichkeit bedeutet, dass es für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits auf die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ankommt und die Entscheidung bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers in seinem Sinne hätte ausfallen müssen. Kann mangels entsprechenden Vortrags nicht ausgeschlossen werden, dass der geltend gemachte Anspruch unabhängig vom Ergebnis der angestrebten rechtlichen Klärung womöglich am Fehlen einer weiteren Anspruchsvoraussetzung scheitern müsste, fehlt es an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit und damit der Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage ( BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 5 RdNr 3 mwN).

Die Klärungsfähigkeit, dh Entscheidungserheblichkeit der angesprochenen (Rechts-)Frage lässt sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen. Hierzu hätte dargelegt werden müssen, dass das BSG auf der Grundlage der bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG ) in einem künftigen Revisionsverfahren notwendig über die aufgeworfene Rechtsfrage entscheiden muss. Der Kläger, der im Rahmen der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz die Feststellung höherer Arbeitsentgelte durch Anerkennung von Prämien begehrt, führt jedoch Feststellungen des Berufungsgerichts zu deren Art, Höhe und Bezugszeitraum nicht an. Ebenso fehlen Ausführungen dazu, dass der Antragsteller nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG am Stichtag 30.6.1990 eine entsprechende Tätigkeit (sachliche Voraussetzung) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs 1 der 2. DB) oder in einem durch § 1 Abs 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb ausgeübt hat (betriebliche Voraussetzung). Nur dann wäre eine Entscheidung über die allein in Frage gestellte persönliche Voraussetzung unumgänglich.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG .

Vorinstanz: LSG Berlin-Brandenburg, vom 12.07.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 2 R 1025/15
Vorinstanz: SG Frankfurt/Oder, - Vorinstanzaktenzeichen 6 R 90/12