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BSG - Entscheidung vom 21.02.2017

B 5 R 202/16 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1
SGG § 162

BSG, Beschluss vom 21.02.2017 - Aktenzeichen B 5 R 202/16 B

DRsp Nr. 2017/10098

Rentenversicherung Anerkennung einer Beitragszeit Grundsatzrüge Notwendiger Vortrag Darstellung des Sachverhalts

1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. 2. Mit der Frage, "inwieweit die in der ehemaligen DDR im Rahmen eines Abiturs mit Berufsausbildung zurückgelegten Berufsausbildungszeiten als Beitragszeiten anzuerkennen sind", ist keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zum Inhalt oder Anwendungsbereich einer revisiblen Norm (§ 162 SGG ) gestellt. 3. Es ist nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts, die Beschwerdebegründung darauf zu analysieren, ob sich ihr eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung entnehmen ließe. 4. Fehlt die maßgebliche Sachverhaltsdarstellung, wird das Beschwerdegericht nicht in die Lage versetzt, allein anhand der Beschwerdebegründung zu beurteilen, ob die als grundsätzlich erachteten Rechtsfragen entscheidungserheblich sind; keinesfalls gehört es zu den Aufgaben des Beschwerdegerichts, sich die maßgeblichen Tatsachen aus der angegriffenen Entscheidung selbst herauszusuchen. 5. Vielmehr muss die Beschwerdebegründung den Senat in die Lage versetzen, sich ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten allein aufgrund des klägerischen Vortrags ein Bild über den Streitgegenstand sowie seine tatsächlichen und rechtlichen Streitpunkte zu machen.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 25. Mai 2016 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ; SGG § 162 ;

Gründe:

Mit Urteil vom 25.5.2016 hat das Thüringer LSG einen Anspruch des Klägers auf Anerkennung der Zeit vom 1.9.1966 bis 31.8.1970 als Beitragszeit im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens verneint.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt. Er beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ),

- das Urteil von einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder

- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sogenannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).

Der Kläger hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, "inwieweit die in der ehemaligen DDR im Rahmen eines Abiturs mit Berufsausbildung zurückgelegten Berufsausbildungszeiten als Beitragszeiten anzuerkennen sind".

Mit dieser Frage hat der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargetan. Er hat keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zum Inhalt oder Anwendungsbereich einer revisiblen Norm (§ 162 SGG ) gestellt. Insbesondere lässt sie offen, welches gesetzliche Tatbestandsmerkmal welcher bundesrechtlichen Norm mit Blick auf welche Bestimmung ausgelegt werden soll, um die Rechtseinheit zu wahren oder das Recht fortzubilden. Es ist nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts, die Beschwerdebegründung darauf zu analysieren, ob sich ihr eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung entnehmen ließe (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 26 S 48).

Auch die Klärungsfähigkeit ist nicht ausreichend dargelegt. Hierzu hätte aufgezeigt werden müssen, von welchem Sachverhalt das BSG auszugehen hat und dass auf dieser Grundlage im angestrebten Revisionsverfahren notwendig über die aufgeworfenen Fragen entschieden werden muss. Die Beschwerdebegründung lässt indes offen, an welcher Stelle das LSG welche Tatsachen für das Revisionsgericht verbindlich (§ 163 SGG ) festgestellt hat. Der Kläger gibt bereits nicht den der Berufungsentscheidung zugrunde liegenden, vom LSG festgestellten Sachverhalt wieder. Zwar schildert er im Rahmen der Beschwerdebegründung einen Sachverhalt. Ob die dort angegebenen Tatsachen auf Feststellungen des Berufungsgerichts beruhen, ist den Ausführungen des Klägers nicht zu entnehmen. Fehlt jedoch die maßgebliche Sachverhaltsdarstellung, wird das Beschwerdegericht nicht in die Lage versetzt, allein anhand der Beschwerdebegründung zu beurteilen, ob die als grundsätzlich erachteten Rechtsfragen entscheidungserheblich sind. Keinesfalls gehört es zu den Aufgaben des Beschwerdegerichts, sich die maßgeblichen Tatsachen aus der angegriffenen Entscheidung selbst herauszusuchen (Senatsbeschlüsse vom 16.5.2012 - B 5 R 442/11 B - BeckRS 2012, 70568 RdNr 13 und vom 21.2.2012 - B 5 R 222/11 B - BeckRS 2012, 69065 RdNr 9). Vielmehr muss die Beschwerdebegründung den Senat in die Lage versetzen, sich ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten allein aufgrund des klägerischen Vortrags ein Bild über den Streitgegenstand sowie seine tatsächlichen und rechtlichen Streitpunkte zu machen (stRspr, zB BSG Beschluss vom 26.6.2006 - B 13 R 153/06 B - Juris RdNr 9 mwN). Hieran fehlt es.

Der Kläger hat schließlich zur Klärungsbedürftigkeit nicht ausreichend vorgetragen. Wer einen Rechts- bzw Verfassungsverstoß geltend macht, darf sich nicht nur auf die bloße Benennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze beschränken, sondern muss unter Auswertung der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vortragen, dass zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegende Rechtsprechung die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet worden ist (vgl Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 183 mwN). Zudem muss der Beschwerdeführer darlegen, woraus sich die Verfassungswidrigkeit im konkreten Fall ergeben soll (BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11).

Hieran fehlt es. Die Beschwerdebegründung erwähnt zwar die Vorschriften des § 247 Abs 2a SGB VI bzw von § 256a Abs 3 SGB VI . Sie verzichtet jedoch auf den entscheidenden Schritt, den Bedeutungsgehalt dieser Normen aufzuzeigen, die Sachgründe für die konkrete gesetzliche Ausgestaltung zu erörtern und die angebliche Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungssatzes (Art 3 Abs 1 GG ) im Einzelnen darzutun.

Auch die - vermeintliche - inhaltliche Unrichtigkeit des Berufungsgerichts kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht angegriffen werden (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Thüringen, vom 25.05.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 12 R 1036/14
Vorinstanz: SG Meiningen, - Vorinstanzaktenzeichen 7 R 2507/11