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BSG - Entscheidung vom 30.03.2017

B 13 R 40/17 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3
SGG § 109

BSG, Beschluss vom 30.03.2017 - Aktenzeichen B 13 R 40/17 B

DRsp Nr. 2017/13522

Rente wegen Erwerbsminderung Verletzung rechtlichen Gehörs Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens Uneingeschränkter Rügeausschluss

1. Eine Rüge, das LSG habe einen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil es einen Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 109 SGG nicht beachtet habe, ist von vornherein nicht geeignet, einen für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren beachtlichen Verfahrensmangel aufzuzeigen. 2. Denn nach ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung in § 160 Abs. 2 Nr. 3 Teils. 2 SGG kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung des § 109 SGG gestützt werden. 3. Dieser Ausschluss gilt uneingeschränkt für jede fehlerhafte Anwendung des § 109 SGG ; er kann nicht dadurch umgangen werden, dass zugleich eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend gemacht wird.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 10. Januar 2017 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ; SGG § 109 ;

Gründe:

Mit Urteil vom 10.1.2017 hat das Sächsische LSG einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung verneint.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er rügt die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG , Art 103 Abs 1 GG ).

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Begründung vom 20.3.2017 genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) nicht ordnungsgemäß bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 S 3 SGG ).

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ), müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG ) die den Verfahrensfehler (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

Der Kläger rügt eine Gehörsverletzung, weil das Gericht den Termin der mündlichen Verhandlung nicht aufgehoben habe. Der Prozessbevollmächtigte habe per Fax um 9.43 Uhr mitgeteilt, dass sich der Kläger aufgrund der Witterung nicht in der Lage sehe, persönlich zu erscheinen.

Mit diesem Vortrag ist eine Gehörsverletzung nicht hinreichend aufgezeigt.

Zwar wird der Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör verletzt, wenn das Gericht einen Antrag auf Verlegung eines Termins zur mündlichen Verhandlung ablehnt, obwohl erhebliche Gründe iS von § 227 Abs 1 ZPO für eine Aufhebung oder Verlegung des Termins geltend und glaubhaft gemacht worden sind ( BSG Beschluss vom 7.8.2015 - B 13 R 172/15 B - Juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 17.3.2014 - B 13 R 315/13 B - Juris RdNr 10; BSG Beschluss vom 16.11.2000 - B 4 RA 122/99 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 33 S 56 ff). Einen Verstoß gegen Art 103 Abs 1 GG kann jedoch nicht geltend machen, wer es selbst versäumt hat, sich vor Gericht durch die zumutbare Ausschöpfung der vom Prozessrecht eröffneten Möglichkeiten Gehör zu verschaffen (stRspr - s BVerfG [Kammer] Beschluss vom 18.8.2010 - 1 BvR 3268/07 - BVerfGK 17, 479 = Juris RdNr 28).

Der Kläger hat in seiner Beschwerdebegründung nicht aufgezeigt, dass er einen begründeten Verlegungsantrag gestellt hat. Allein der mitgeteilte Hinweis auf die Witterungsverhältnisse reicht nicht aus, um einen erheblichen Hinderungsgrund darzulegen; darzubringen wäre zumindest gewesen, dass er sowohl auf deren Ausmaß als auch auf die konkreten Auswirkungen auf die Situation des Klägers im Rahmen des Verlegungsantrags hingewiesen habe. Soweit der Kläger seiner Beschwerdebegründung - wenig aussagekräftige - Wetterinformationen beigefügt hat, die zum Teil das Erstellungsdatum 9.2.2017 tragen, ergibt sich hieraus nicht, ob und wenn ja welche Unterlagen bereits dem LSG vorgelegt worden sind.

Darüber hinaus fehlen Darlegungen, warum sich der Kläger nicht durch seinen Prozessbevollmächtigten Gehör verschaffen konnte. Bleibt bei einer Verhinderung des Klägers auch der Bevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung aus, so liegt kein Verlegungsgrund vor, wenn dieser nicht sicher mit der Verlegung rechnen durfte ( BSG Beschluss vom 17.1.1994 - 9 BV 118/93 - Juris RdNr 2; BSG Beschluss vom 14.11.2005 - B 13 RJ 245/05 B - Juris RdNr 8) oder keine eigenen Gründe für eine Terminsverlegung geltend gemacht hat. Was der Prozessbevollmächtigte insoweit gegenüber dem LSG mitgeteilt hat, bleibt offen.

Die Rüge des Klägers, das LSG habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil es seinen Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 109 SGG nicht beachtet habe, ist von vornherein nicht geeignet, einen für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren beachtlichen Verfahrensmangel aufzuzeigen. Denn nach ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung in § 160 Abs 2 Nr 3 Teils 2 SGG kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung des § 109 SGG gestützt werden. Dieser Ausschluss gilt uneingeschränkt für jede fehlerhafte Anwendung des § 109 SGG ; er kann nicht dadurch umgangen werden, dass zugleich eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend gemacht wird ( BSG Beschluss vom 12.7.2012 - B 13 R 463/11 B - Juris RdNr 12 mwN; BSG Beschluss vom 8.6.2015 - B 9 SB 25/15 B - Juris RdNr 4 f).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Sachsen, vom 10.01.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 4 R 984/15
Vorinstanz: SG Dresden, vom 09.10.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 24 R 1738/13