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BSG - Entscheidung vom 02.11.2017

B 14 AS 242/17 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 02.11.2017 - Aktenzeichen B 14 AS 242/17 B

DRsp Nr. 2018/606

Parallelentscheidung zu BSG - B 14 AS 241/17 B - v. 02.11.2017

Die Beschwerden der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 11. April 2017 - L 10 AS 566/14 - werden als unzulässig verworfen.

Die Anträge der Kläger, ihnen für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundessozialgericht Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin M zu bewilligen, werden abgelehnt.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

Die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung sind als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG ), weil die zu ihrer Begründung angeführten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) und der Divergenz der Entscheidung des LSG von der Rechtsprechung des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) nicht gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 SGG schlüssig dargelegt sind.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Nach den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG sich ergebenden Anforderungen muss ein Beschwerdeführer dazu anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Frage sich stellt, dass diese Rechtsfrage noch nicht geklärt ist, weshalb deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung dieser Rechtsfragen erwarten lässt (vgl Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX, RdNr 56 ff).

Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Als grundsätzlich bedeutsam erachtet sie in einem Rechtsstreit um Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum von Juli bis Dezember 2006 zunächst die Frage:

"Ist die Anrechnung der Erziehungsbeträge für Dauer- und Bereitschaftspflegekinder überhaupt und wenn ja, mit einem Durchschnittsbetrag, als Einkommen der Kläger zulässig für den Zeitraum vor dem 01.01.2007?"

Weiterhin formuliert sie die Frage: "Sind vom Einkommen aus Erziehungsbeiträge für die Pflegekinder weitere Absetzungsbeträge nach § 11 SGB II abzuziehen?"

Inwiefern diesen Fragen grundsätzliche Bedeutung noch zukommt bzw sie grundsätzlich klärungsfähig sind, zeigt die Beschwerde nicht auf. Wie sie selbst ausführt, hat insoweit die Rechtslage mehrfach gewechselt. Während seit dem 1.1.2007 im Wesentlichen mit der heutigen Vorschrift des § 11a Abs 3 Satz 2 SGB II übereinstimmende ausdrückliche Regelungen zur Anrechnung von für den erzieherischen Einsatz erbrachten Leistungen nach § 39 SGB VIII als Einkommen nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II gelten - nämlich iS einer Einkommensanrechnung für das dritte Pflegekind zu 75 % und für das vierte und jedes weitere Pflegekind zu 100 % - existierte eine vergleichbare Bestimmung bis dahin nicht (vgl im Einzelnen BSG vom 29.3.2007 - B 7b AS 12/06 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 3 RdNr 16). Vor diesem Hintergrund hätte es besonderer Ausführungen dazu bedurft, inwiefern der Klärung von Fragen zur damaligen Rechtslage Bedeutung zukommt auch für die Auslegung des aktuell geltenden Rechts oder sie trotz des ausgelaufenen Rechts noch Relevanz haben für eine große Zahl offener Verfahren bzw inwiefern auf dieser Grundlage Fragen zur Einkommensbereinigung nach neuer Rechtslage zu klären sein können, woran es indes fehlt.

Auch eine Abweichung (Revisionszulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) ist nicht formgerecht bezeichnet. Dazu hat die Beschwerdebegründung einen Widerspruch im Grundsätzlichen oder ein Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze in der Entscheidung des LSG einerseits und in einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG andererseits aufzuzeigen und die in Bezug genommene Entscheidung so zu kennzeichnen, dass sie ohne Weiteres aufzufinden ist ( BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 67 ; SozR 4-1500 § 160 Nr 13). Dabei muss die Beschwerdebegründung deutlich machen, dass in der angefochtenen Entscheidung eine sie tragende Rechtsansicht entwickelt und nicht etwa nur ungenaue oder unzutreffende Rechtsausführungen oder ein Rechtsirrtum im Einzelfall die Entscheidung bestimmen ( BSG SozR 1500 § 160a Nr 67). Ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das Revisionsgericht die obergerichtliche Rechtsprechung im Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird ( BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21 , 29, 54 und 67).

Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Zwar benennen die Kläger Entscheidungen des BSG , deren Maßstäbe das LSG nicht beachtet habe, nämlich das zitierte Urteil vom 29.3.2007 sowie das Urteil vom 1.7.2009 (B 4 AS 9/09 R - juris). Jedoch sind der Beschwerde keine Rechtssätze zu entnehmen, auf die das LSG seine Entscheidung tragend gestützt hat und die in Widerspruch zu ebenfalls ausdrücklich bezeichneten Rechtssätzen des BSG in diesen Entscheidungen stehen. Vielmehr rügen sie mit ihrem Vorbringen allenfalls eine fehlerhafte Anwendung revisionsgerichtlich aufgestellter Maßstäbe, nicht aber eine bewusste Abweichung in dem dargelegten Sinne. Nötig wäre dazu die Herausarbeitung und Benennung abstrakter Rechtssätze, die sich im Grundsätzlichen widersprechen; auf die Würdigung des Einzelfalls bezogene Aussagen reichen dazu nicht (vgl Leitherer in MeyerLadewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG , 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 13 mwN). Einen solchen Widerspruch hat die Beschwerdebegründung nicht benannt.

PKH gemäß § 73a SGG iVm § 114 ZPO ist nicht zu bewilligen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung nach den obigen Ausführungen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Der Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwaltes (§ 73a SGG iVm § 121 ZPO ) ist abzulehnen, weil kein Anspruch auf PKH besteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183 , 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Mecklenburg-Vorpommern, vom 11.04.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 10 AS 566/14
Vorinstanz: SG Schwerin, vom 23.09.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 18 AS 1138/14