Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BSG - Entscheidung vom 17.08.2017

B 14 AS 161/17 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2

BSG, Beschluss vom 17.08.2017 - Aktenzeichen B 14 AS 161/17 B

DRsp Nr. 2017/14658

Parallelentscheidung zu BSG - B 14 AS 160/16 B - v. 17.08.2017

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. März 2017 - L 3 AS 453/14 - wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2 ;

Gründe:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG vom 21.3.2017 - L 3 AS 453/14 - ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG ).

Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, ist nicht zulässig. Keinen der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe hat die Klägerin in der Begründung der Beschwerde schlüssig dargelegt oder bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG ).

Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11). Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Daher ist aufzuzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint (vgl Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 65 f). Es ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und die Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16).

Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Zwar lässt sich ihr noch entnehmen, dass als grundsätzlich klärungsbedürftig insbesondere die Frage erachtet wird, ob die Höhe der Regelbedarfe zusammen mit den Bedarfen für Unterkunft und Heizung die Menschenwürde zu sichern vermag. Dass und warum diese Frage für den nach der Beschwerdebegründung streitigen Zeitraum von Juni bis November 2011 noch grundsätzlich klärungsbedürftig ist ungeachtet der inzwischen vorliegenden Rechtsprechung des BVerfG (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12; BVerfG vom 23.7.2014 - 1 BvL 10/12 ua - BVerfGE 137, 34 ), kann der Beschwerdebegründung indes nicht entnommen werden. Darlegungen zur Klärungsfähigkeit dieser Frage enthält die Beschwerdebegründung nicht.

Für die Bezeichnung einer Abweichung (Divergenz) ist aufzuzeigen, mit welcher genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angefochtene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage des BVerfG oder BSG abweicht. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BVerfG oder BSG aufgestellt hat, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das LSG diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen vermag die Zulassung der Revision wegen Abweichung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss deshalb erkennen lassen, dass das LSG dem BVerfG oder BSG widersprochen und von den bezeichneten rechtlichen Aussagen des BVerfG oder BSG abweichende, dh mit diesen unvereinbare eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21 , 29, 54 und 67; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 196 mwN).

Diese Voraussetzungen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht, weil in ihr sich widersprechende entscheidungserhebliche rechtliche Aussagen im angefochtenen Urteil und in Entscheidungen des BVerfG oder BSG nicht bezeichnet werden. Auch ergibt sich aus ihr nicht, dass das LSG dem BVerfG oder BSG widersprochen und von rechtlichen Aussagen des BVerfG oder BSG abweichende, dh mit diesen unvereinbare rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Vielmehr lässt sich der Beschwerdebegründung entnehmen, dass das LSG "in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des BVerfG" die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin nicht geteilt hat.

Auch ein Verfahrensmangel ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen, auf dem iS des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann. Soweit eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG , § 62 SGG ) gerügt wird, lässt sich der Beschwerdebegründung nur entnehmen, dass das LSG dem Vorbringen der Klägerin nicht gefolgt ist. Zwar gehört zum Anspruch auf rechtliches Gehör auch, dass das Gericht Äußerungen der Beteiligten zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen muss. Insoweit ist indes grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Nur dann, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass ein Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist, ist Art 103 Abs 1 GG verletzt. Denn dieses Verfahrensgrundrecht schützt nicht davor, dass das Vorbringen eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts unberücksichtigt bleibt (zum Schutzbereich vgl BVerfG vom 27.5.2016 - 1 BvR 1890/15 - SozR 4-1100 Art 103 Nr 4 RdNr 13 ff; BVerfG vom 14.9.2016 - 1 BvR 1304/13 - juris RdNr 21 ff). Solche besonderen Umstände lassen sich der Beschwerdebegründung indes nicht entnehmen. Sie ergeben sich insbesondere nicht bereits aus der Behauptung, das LSG habe Textbausteine verwendet.

Soweit als Verfahrensmangel auch eine Verletzung des § 103 SGG (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) geltend gemacht sein soll, ist dieser nur schlüssig bezeichnet, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG ). Ein solcher Beweisantrag der vor dem LSG anwaltlich vertretenen Klägerin lässt sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen.

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183 , 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Rheinland-Pfalz, vom 21.03.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 3 AS 453/14
Vorinstanz: SG Speyer, vom 17.03.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 3 AS 1551/11