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BSG - Entscheidung vom 30.01.2017

B 12 KR 46/16 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 30.01.2017 - Aktenzeichen B 12 KR 46/16 B

DRsp Nr. 2017/9880

Parallelentscheidung zu BSG - B 12 KR 22/16 B - v. 30.01.2017

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. März 2016 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

I

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über die Bemessung der Beiträge des Klägers zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).

Der Kläger ist als pflichtversicherter Rentner Mitglied der Beklagten. Neben dem Rentenbezug führt er in freiberuflicher Tätigkeit Seminare durch. Aufgrund des hieraus erzielten Arbeitseinkommens setzte die Beklagte Beiträge zur GKV zunächst vorläufig (Bescheide vom 7.11.2011 und 22.1.2014) und während des Berufungsverfahrens nochmals vorläufig (Bescheid vom 16.4.2014) für die Zeit vom September bis Dezember 2011 auch endgültig fest (Bescheid vom 12.5.2014). Den Widerspruch des Klägers, mit dem dieser sich gegen die Beitragsbemessung aufgrund der Entgelte aus der freiberuflichen Tätigkeit wandte, wies die Beklagte zurück.

Die Klage, mit der der Kläger sein Ziel weiterverfolgt hat, hatte ebenso wie die Berufung keinen Erfolg. Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision durch das BSG , nachdem das LSG Berlin-Brandenburg diese im Urteil vom 24.3.2016 nicht zugelassen hatte.

II

Die Beschwerde des Klägers ist in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder

- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder

- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).

Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).

1. Der Kläger beruft sich in seiner Beschwerdebegründung vom 14.6.2016 ausschließlich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ). Die Beschwerdebegründung genügt jedoch nicht den Anforderungen an die Darlegung dieses Zulassungsgrundes.

Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist ( BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; vgl auch BVerwG NJW 1999, 304 und BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll ( BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Zur Darlegung verfassungsrechtlicher Bedenken gegen Regelungen, auf die das Berufungsgericht seine Entscheidung stützt, genügt die bloße Behauptung der Verfassungswidrigkeit nicht. Vielmehr muss unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung, insbesondere des BVerfG, aber auch des BSG , im Einzelnen aufgezeigt werden, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (vgl BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; vgl auch BSG Beschluss vom 2.6.2009 - B 12 KR 65/08 B).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig, "ob die Beitragspflicht der Rentner überhaupt mit dem Grundgesetz in der derzeitigen Form vereinbar ist", sowie "ob eine vom Steuerberater eingereichte Steuererklärung bzw. Einnahmen-Überschussrechnung ausreicht oder lediglich die Einkommenssteuerbescheide der Finanzämter Bemessungsgrundlage sein können".

Hierzu erläutert er, der Rechtsauffassung des LSG, wonach das gesamte Arbeitseinkommen eines Rentenbeziehers der vollen Beitragspflicht unterliege, wenn "der monatliche Beitrag" (zutreffend: die monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen) 1/20 der Bezugsgröße nach § 18 Abs 1 SGB IV übersteige, stehe der Wortlaut des § 226 Abs 2 SGB V entgegen. Die volle Berücksichtigung des Arbeitseinkommens sei zudem eine Ungleichbehandlung gegenüber Rentenbeziehern mit einem diese Grenze nicht übersteigenden Arbeitseinkommen. Auch verstoße es gegen Art 3 Abs 1 GG , wenn für Rentner durch § 247 SGB V für Beiträge aus Renten der gesetzlichen Rentenversicherung der allgemeine Beitragssatz nach § 241 SGB V und nicht der ermäßigte Beitragssatz nach § 243 SGB V Anwendung finde, obwohl sie keinen Anspruch auf Krankengeld hätten.

Es kann unerörtert bleiben, ob der Kläger damit hinreichend konkrete Rechtsfragen zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG ) mit höherrangigem Recht aufgeworfen und in den folgenden Ausführungen den vom Revisionsgericht erwarteten klärenden Schritt ausreichend konkret dargelegt hat. Jedenfalls hat er - die Qualität als Rechtsfrage jeweils unterstellt - die Klärungsbedürftigkeit dieser Fragen nicht den nach § 160a Abs 2 S 3 SGG diesbezüglich geltenden Anforderungen genügend dargelegt.

Anders als danach zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage erforderlich, versäumt es der Kläger die einschlägige Rechtsprechung des BSG oder BVerfG darauf zu untersuchen, ob die von ihm formulierten Fragen durch diese Rechtsprechung bereits beantwortet sind oder ob diese ggf ausreichende Hinweise für die Beantwortung der Fragen enthält. Denn auch wenn das BSG oder BVerfG diese Frage noch nicht ausdrücklich entschieden haben, so ist eine Rechtsfrage doch auch dann als höchstrichterlich geklärt anzusehen, wenn schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17 sowie SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6). Deshalb hätte sich der Kläger jedenfalls mit der bereits vom LSG zitierten Rechtsprechung des BSG zum Nachweis von Arbeitseinkommen und des BVerfG zur Anwendung des allgemeinen Beitragssatzes auf Renten auseinandersetzen und darlegen müssen, dass sich die von ihm formulierten Fragen nicht bereits auf Grundlage der darin entwickelten Rechtssätze beantworten lassen oder dass insoweit erneut Klärungsbedarf aufgetreten ist (zu den diesbezüglichen Anforderungen vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 13). Dies unterlässt der Kläger vollständig; in seinen Ausführungen werden keinerlei Entscheidungen des BSG oder BVerfG erwähnt. Die oben dargestellten Anforderungen an die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit und insbesondere der Verfassungswidrigkeit einer Norm werden bereits hierdurch verfehlt.

2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Berlin-Brandenburg, vom 24.03.2016 - Vorinstanzaktenzeichen L 1 KR 122/14
Vorinstanz: SG Berlin, - Vorinstanzaktenzeichen S 72 KR 612/12