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BSG - Entscheidung vom 31.07.2017

B 11 AL 25/17 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3

BSG, Beschluss vom 31.07.2017 - Aktenzeichen B 11 AL 25/17 B

DRsp Nr. 2017/14039

Nichtzulassungsbeschwerde Verfahrensrüge Verletzung rechtlichen Gehörs Zumutbare prozessrechtliche Möglichkeiten

1. Wird das Vorliegen eines Verfahrensmangels gerügt, so müssen bei dessen Bezeichnung wie bei einer Verfahrensrüge innerhalb einer zugelassenen Revision zunächst die diesen Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargelegt werden. 2. Bei der Rüge einer Gehörsverletzung ist insbesondere zu verlangen, dass der Beschwerdeführer aufzeigt, seinerseits alles getan zu haben, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen. 3. Zu den zumutbaren prozessrechtlichen Möglichkeiten, sich rechtliches Gehör zu verschaffen, gehört insbesondere ein Antrag auf Vertagung der mündlichen Verhandlung, wenn neuer Vortrag zur Sach- und Rechtslage im Hinblick auf das Ergebnis der mündlichen Verhandlung für erforderlich gehalten wird.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 21. Oktober 2016 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ;

Gründe:

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Kläger den allein geltend gemachten Zulassungsgrund eines Verfahrensfehlers, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, nicht in der gebotenen Weise bezeichnet hat (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG ). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 SGG ).

Wird das Vorliegen eines Verfahrensmangels gerügt, so müssen bei dessen Bezeichnung wie bei einer Verfahrensrüge innerhalb einer zugelassenen Revision zunächst die diesen Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargelegt werden (vgl nur BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 und 36 ; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG , 12. Aufl 2017, § 160a RdNr 16 mwN). Bei der Rüge einer Gehörsverletzung ist insbesondere zu verlangen, dass der Beschwerdeführer aufzeigt, seinerseits alles getan zu haben, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen ( BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 22 S 35; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG , 12. Aufl 2017, § 160a RdNr 16d mwN). Zu den zumutbaren prozessrechtlichen Möglichkeiten, sich rechtliches Gehör zu verschaffen, gehört insbesondere ein Antrag auf Vertagung der mündlichen Verhandlung, wenn neuer Vortrag zur Sach- und Rechtslage im Hinblick auf das Ergebnis der mündlichen Verhandlung für erforderlich gehalten wird (BVerfG vom 18.8.2010 - 1 BvR 3268/07 - BVerfGK 17, 479 RdNr 28 ff).

Die Beschwerdebegründung des Klägers wird diesen Darlegungserfordernissen nicht gerecht. Er macht geltend, das LSG habe durch eine Überraschungsentscheidung seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, also eine Entscheidung getroffen, mit der ein sorgfältiger Beteiligter nicht rechnen konnte. Es habe seine Entscheidung zum einen damit begründet, dass die Anwartschaftszeit zum Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung vom 6.3.2014 nicht mehr erfüllt gewesen sei, und zum anderen ausgeführt, dass auch die Arbeitslosmeldung im August 2013 und der Antrag vom 14.10.2013 nicht zu einem Anspruch auf Alg führen könnten, weil durchgehend seit dem 3.1.2013 Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe und Arbeitsfähigkeit nicht nachgewiesen sei. Auf die nicht erfüllte Anwartschaftszeit habe das LSG erst zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung schriftlich hingewiesen, zu den anderen Gesichtspunkten habe lediglich in der mündlichen Verhandlung Stellung genommen werden können.

Damit hat der Kläger, obgleich der Fall durchaus schwierige rechtliche und tatsächliche Fragen aufwirft, eine Überraschungsentscheidung schon deshalb nicht schlüssig dargetan, weil, wie er selbst einräumt, die für die Entscheidung des LSG bedeutsamen rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte spätestens in der mündlichen Verhandlung erörtert wurden. Soweit er darüber hinaus geltend macht, die Zeit zur Vorbereitung bzw Stellungnahme sei nicht ausreichend gewesen und trotzdem habe das LSG auf der Grundlage der mündlichen Verhandlung entschieden, fehlt die Darlegung, dass er alle prozessrechtlichen Möglichkeiten genutzt hat, sich rechtliches Gehör zu verschaffen. So trägt er nicht vor, einen Vertagungsantrag gestellt zu haben, und auch nicht, dass und warum die Nutzung dieser prozessualen Möglichkeit unzumutbar gewesen sein sollte.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Hessen, vom 21.10.2016 - Vorinstanzaktenzeichen L 7 AL 20/15
Vorinstanz: SG Frankfurt/Main, vom 09.02.2015 - Vorinstanzaktenzeichen S 15 AL 132/14