Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BSG - Entscheidung vom 11.08.2017

B 13 R 173/17 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3

BSG, Beschluss vom 11.08.2017 - Aktenzeichen B 13 R 173/17 B

DRsp Nr. 2017/13823

Nichtzulassungsbeschwerde Verfahrensrüge Substantiierungspflicht Error in procedendo

1. Wird die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels begehrt, muss in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde die bundesrechtliche Verfahrensnorm, die das Berufungsgericht verletzt haben soll, hinreichend genau bezeichnet sein. 2. Zudem müssen die tatsächlichen Umstände, welche den Verstoß begründen sollen, substantiiert dargetan und darüber hinaus muss dargestellt werden, inwiefern die angefochtene Entscheidung auf diesem Verfahrensmangel beruhen kann. 3. Ein Verfahrensmangel i.S. des § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG ist nur ein Verstoß des Berufungsgerichts im Rahmen seines prozessualen Vorgehens auf dem Weg zum Urteil ("error in procedendo").

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. April 2017 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ;

Gründe:

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde an das BSG gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 26.4.2017. Sie rügt eine aus ihrer Sicht fehlerhafte Anwendung von § 45 SGB X bzw § 48 SGB X durch das Berufungsgericht.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, denn sie ist nicht formgerecht begründet (§ 160a Abs 2 S 3 SGG ).

Die Klägerin versäumt es bereits, den Sachverhalt mitzuteilen, der dem angefochtenen Urteil des LSG zugrunde liegt; ihren Schilderungen können allenfalls Fragmente der entscheidungserheblichen Tatsachen entnommen werden. Eine zusammenhängende, auf den tatsächlichen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG ) beruhende Sachverhaltsschilderung gehört jedoch zu den Mindestvoraussetzungen der Darlegung bzw der Bezeichnung des Revisionszulassungsgrundes. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, sich im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens die maßgeblichen Tatsachen aus dem angegriffenen Urteil oder den Akten selbst herauszusuchen (stRspr, zB Senatsbeschluss vom 9.10.2014 - B 13 R 157/14 B - Juris RdNr 10).

Aber auch darüber hinaus erfüllt der Beschwerdevortrag der Klägerin nicht die Darlegungsanforderungen für einen der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe. Die Klägerin rügt eine "Verletzung von Verfahrensrecht" durch eine - vermeintlich - fehlerhafte Anwendung von § 45 SGB X bzw § 48 SGB X . Damit hat sie jedoch keinen Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG bezeichnet.

Wird die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels begehrt, muss in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde die bundesrechtliche Verfahrensnorm, die das Berufungsgericht verletzt haben soll, hinreichend genau bezeichnet sein. Zudem müssen die tatsächlichen Umstände, welche den Verstoß begründen sollen, substantiiert dargetan und darüber hinaus muss dargestellt werden, inwiefern die angefochtene Entscheidung auf diesem Verfahrensmangel beruhen kann (Senatsbeschluss vom 30.5.2017 - B 13 R 79/17 B - Juris RdNr 4). Dabei ist zu beachten, dass ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG gestützt werden kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Teils 2 SGG ) und dass die Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 103 SGG nur statthaft ist, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 Teils 3 SGG ).

Diesen Anforderungen wird das Vorbringen der Klägerin bereits im Ansatz nicht gerecht. Sie verkennt schon, dass ein Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG nur ein Verstoß des Berufungsgerichts im Rahmen seines prozessualen Vorgehens auf dem Weg zum Urteil ("error in procedendo") ist (stRspr, zB Senatsbeschluss vom 6.7.2017 - B 13 R 143/17 B - Juris RdNr 8). Die Klägerin wendet sich hingegen gegen die - vermeintliche - inhaltliche Unrichtigkeit der Berufungsentscheidung in ihrem Einzelfall, indem das LSG nach Ansicht der Klägerin zu Unrecht die Einhaltung der Frist nach § 48 Abs 4 iVm § 45 Abs 4 S 2 SGB X bejaht und das Vorliegen eines "atypischen Falls" verneint habe. Hierauf - dh auf einen Fehler in der materiellen Rechtsanwendung ("error in iudicando") - kann jedoch eine Nichtzulassungsbeschwerde in Gestalt einer Verfahrensrüge von vornherein nicht gestützt werden (stRspr, zB Senatsbeschluss vom 20.5.2016 - B 13 R 74/16 B - Juris RdNr 8 mwN).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt nach § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Baden-Württemberg, vom 26.04.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 10 R 929/14
Vorinstanz: SG Freiburg, vom 18.11.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 18 R 5312/12