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BSG - Entscheidung vom 10.10.2017

B 13 R 234/17 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3

BSG, Beschluss vom 10.10.2017 - Aktenzeichen B 13 R 234/17 B

DRsp Nr. 2017/15336

Nichtzulassungsbeschwerde Verfahrensrüge Mindestanforderungen an die Darlegung bzw. Bezeichnung eines Revisionszulassungsgrundes Verständliche Sachverhaltsschilderung Error in iudicando

1. Eine verständliche Sachverhaltsschilderung gehört zu den Mindestanforderungen an die Darlegung bzw. Bezeichnung eines Revisionszulassungsgrundes; denn es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, sich im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens die maßgeblichen Tatsachen aus dem angegriffenen Urteil selbst herauszusuchen. 2. Die Rüge, eine Norm "fehlerhaft ausgelegt" zu haben, bezeichnet keinen Verfahrensmangel i.S. des § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG ; denn damit wird kein Verfahrensfehler im Hinblick auf das prozessuale Vorgehen des LSG auf dem Weg zur Entscheidung geltend gemacht (sog. "error in procedendo"), sondern ein Fehler in der materiellen Rechtsanwendung ("error in iudicando") gerügt, der als solcher nicht geeignet ist, die Revisionszulassung zu eröffnen. 3. Die Nichtzulassungsbeschwerde bietet keinen Rechtsschutz gegen eine aus Sicht eines Beteiligten "unrichtige" Rechtsanwendung.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Juni 2017 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ;

Gründe:

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 21.6.2017. Sie rügt einen Verfahrensmangel.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung vom 28.9.2017 genügt nicht der vorgeschriebenen Form, denn der von der Klägerin geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) ist nicht formgerecht bezeichnet (§ 160a Abs 2 S 3 SGG ).

Die Klägerin hat bereits den Sachverhalt, der dem angefochtenen Urteil des LSG zugrunde liegt, nicht hinreichend mitgeteilt. Ihren Schilderungen können allenfalls Fragmente der entscheidungserheblichen Tatsachen entnommen werden. Eine verständliche Sachverhaltsschilderung gehört jedoch zu den Mindestanforderungen an die Darlegung bzw Bezeichnung eines Revisionszulassungsgrundes; denn es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, sich im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens die maßgeblichen Tatsachen aus dem angegriffenen Urteil selbst herauszusuchen (stRspr, zB Senatsbeschluss vom 12.6.2017 - B 13 R 144/17 B - Juris RdNr 9 mwN).

Unabhängig davon genügt die Beschwerdebegründung aber auch im Weiteren nicht den gesetzlichen Formerfordernissen des geltend gemachten Zulassungsgrundes:

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen zur ordnungsgemäßen Bezeichnung (§ 160a Abs 2 S 3 SGG ) die den Verfahrensfehler (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung der Klägerin nicht gerecht.

Sofern die Klägerin rügt, das LSG habe die "Zugangsfiktion des § 37 SGB X " zu Unrecht "als gegeben" angesehen, in dem es diese Norm "fehlerhaft ausgelegt" habe, bezeichnet sie bereits keinen Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG . Denn damit macht sie keinen Verfahrensfehler im Hinblick auf das prozessuale Vorgehen des LSG auf dem Weg zur Entscheidung geltend (sog "error in procedendo"), sondern rügt einen Fehler in der materiellen Rechtsanwendung ("error in iudicando"), der als solcher nicht geeignet ist, die Revisionszulassung zu eröffnen (vgl stRspr, zB Senatsbeschluss vom 23.2.2010 - B 13 R 457/09 B - Juris RdNr 10; zuletzt vom 11.8.2017 - B 13 R 173/17 B - Juris RdNr 6). Denn eine Nichtzulassungsbeschwerde bietet keinen Rechtsschutz gegen eine aus Sicht eines Beteiligten "unrichtige" Rechtsanwendung (vgl stRspr, zB Senatsbeschluss vom 14.2.2007 - B 13 R 477/06 B - Juris RdNr 15; BVerfG [Kammer] Beschluss vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN). Auch der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistet nur, dass die Klägerin mit ihrem Vortrag "gehört", nicht jedoch "erhört" wird. Die Gerichte werden durch Art 103 Abs 1 GG nicht dazu verpflichtet, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen (Senatsbeschluss vom 18.12.2012 - B 13 R 305/11 B - Juris RdNr 8 mwN). Auch ein Verstoß gegen Art 19 Abs 4 GG liegt darin nicht.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Baden-Württemberg, vom 21.06.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 2 R 3773/16
Vorinstanz: SG Freiburg, vom 05.10.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 4 R 6080/15