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BSG - Entscheidung vom 02.08.2017

B 14 AS 89/17 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2

BSG, Beschluss vom 02.08.2017 - Aktenzeichen B 14 AS 89/17 B

DRsp Nr. 2017/14661

Nichtzulassungsbeschwerde Divergenzrüge Begriff der Abweichung Formgerechte Darlegung einer Divergenz Behauptete Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall

1. Für die Bezeichnung einer Abweichung (Divergenz) ist aufzuzeigen, mit welcher genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angefochtene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage des BSG oder des BVerfG abweicht. 2. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG oder das BVerfG aufgestellt hat, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt. 3. Erforderlich ist vielmehr, dass das LSG diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. 4. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen vermag die Zulassung der Revision wegen Abweichung zu begründen. 5. Die Beschwerdebegründung muss deshalb erkennen lassen, dass das LSG dem BSG oder dem BVerfG widersprochen und von den bezeichneten rechtlichen Aussagen des BSG oder des BVerfG abweichende, d.h. mit diesen unvereinbare eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. Januar 2017 - L 9 AS 459/15 - wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2 ;

Gründe:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Beschluss des LSG ist ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG ), weil er den vorliegend allein geltend gemachten Zulassungsgrund der Abweichung des LSG von Entscheidungen des BSG und des BVerfG, auf der der Beschluss beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ), in der Begründung seiner Beschwerde nicht schlüssig bezeichnet hat (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG ).

Für die Bezeichnung einer Abweichung (Divergenz) ist aufzuzeigen, mit welcher genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angefochtene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage des BSG oder des BVerfG abweicht. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG oder das BVerfG aufgestellt hat, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das LSG diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen vermag die Zulassung der Revision wegen Abweichung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss deshalb erkennen lassen, dass das LSG dem BSG oder dem BVerfG widersprochen und von den bezeichneten rechtlichen Aussagen des BSG oder des BVerfG abweichende, dh mit diesen unvereinbare eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21 , 29, 54 und 67; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 196 mwN).

Diese Voraussetzungen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht. Soweit mit ihr eine Abweichung des LSG von einer Entscheidung des BSG gerügt wird ( BSG vom 29.11.2012 - B 14 AS 161/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 66), ergibt sich aus der Beschwerdebegründung nicht, dass das LSG dem BSG widersprochen und von den bezeichneten rechtlichen Aussagen des BSG abweichende, dh mit diesen unvereinbare rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Vielmehr ist der Begründung zu entnehmen, dass die in ihr bezeichneten Rechtssätze des BSG und des LSG zu unterschiedlichen Rechtsfragen ergangen sind, denn während sich der Rechtssatz des BSG auf die bedarfsmindernde Berücksichtigung nur einer tatsächlich zufließenden Untermiete als Einkommen bezieht, betrifft der Rechtssatz des LSG die kopfanteilige Berücksichtigung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung bei mehreren Nutzern einer Wohnung (vgl zu dieser Unterscheidung BSG aaO RdNr 16 einerseits und RdNr 17 ff andererseits). Warum das LSG dennoch unvereinbare rechtliche Maßstäbe entwickelt haben soll, obwohl sein bezeichneter Rechtssatz die Bestimmung des Bedarfs und nicht die Berücksichtigung von Bedarfsdeckungsmöglichkeiten zum Inhalt hat, lässt sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen.

Soweit eine Abweichung des LSG von einer Entscheidung des BVerfG gerügt wird (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12), ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen, dass das LSG dem bezeichneten Rechtssatz des BVerfG, dass jedem Hilfebedürftigen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art 1 Abs 1 GG in Verbindung mit Art 20 Abs 1 GG eine individuelle Bedarfsdeckung gewährleistet, zu der auch Bedarfe für Unterkunft und Heizung gehören, widersprochen hat. Die Entwicklung eines hiermit unvereinbaren rechtlichen Maßstabs durch das LSG lässt sich nicht mit dessen bezeichneten Rechtssatz begründen, dass es für die kopfanteilige Berücksichtigung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung bei mehreren Nutzern einer Wohnung nicht auf die tatsächliche Zahlung eines Kopfteils durch einen Mitnutzer ankommt; denn diese Bestimmung des auf der Grundlage von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II zu deckenden Bedarfs lässt die verfassungsrechtliche Grundlegung der Existenzsicherung durch das SGB II unberührt.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183 , 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Hessen, vom 25.01.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 9 AS 459/15
Vorinstanz: SG Darmstadt, vom 29.04.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 17 AS 737/13