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BSG - Entscheidung vom 04.08.2017

B 1 KR 20/17 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 04.08.2017 - Aktenzeichen B 1 KR 20/17 B

DRsp Nr. 2017/13955

Krankenversicherung Nichtzulassungsbeschwerde Grundsatzrüge Klärungsfähigkeit einer Rechtsfrage

1. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG ) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist. 2. Ob eine Rechtsfrage klärungsfähig ist, hängt davon ab, ob das Revisionsgericht über die betreffende Frage konkret sachlich entscheiden kann.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. März 2017 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

I

Die bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin ist mit ihrem Überprüfungsbegehren (§ 44 Abs 1 SGB X ) auf Erstattung von 2451,85 Euro Kosten für sieben, zur "off label"-Behandlung ihrer Neovaskularisation selbstbeschaffte intravitreale Injektionen des Arzneimittels Avastin bei der Beklagten und in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das LSG hat ua ausgeführt, die Klägerin habe keinen unaufschiebbaren Behandlungsbedarf gehabt, der vor der ablehnenden Entscheidung (Bescheid vom 18.10.2010) sofort hätte befriedigt werden müssen. Der Klägerin seien die Kosten - auch für die vier Injektionen ab Dezember 2010 - zudem nicht dadurch entstanden, dass die Beklagte die Versorgung der Klägerin rechtswidrig abgelehnt habe (§ 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V ). Denn die Klägerin habe sich unabhängig von der Entscheidung der Beklagten fest entschlossen, die Injektionen als Privatbehandlung in Anspruch zu nehmen (Urteil vom 9.3.2017).

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.

II

Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung bzw Bezeichnung des geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung.

1. Wer sich - wie hier die Klägerin - auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; s auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Die Klägerin richtet ihr Vorbringen hieran nicht aus.

Die Klägerin formuliert als Rechtsfrage,

"ob ein gesetzlich Versicherter, der sich hinsichtlich einer akuten Erkrankung aus der Not der Situation heraus zunächst für eine privatärztliche Behandlung entschieden hat, an diese Entscheidung auch dann für die weitere Behandlung der Erkrankung dauerhaft gebunden ist, wenn sich diese getrennt abrechnen ließe".

Zwar habe sich die Klägerin nach den Feststellungen des LSG von vornherein auf die privatärztliche Behandlung festgelegt gehabt. Die Klägerin habe aber eine Fortsetzung der zunächst privatärztlich begonnenen als vertragsärztliche Behandlung angestrebt.

Es bedarf keiner Vertiefung, ob die Klägerin damit eine Rechtsfrage klar formuliert, insbesondere, inwiefern überhaupt von einer dauerhaften rechtlichen Bindung an eine Entscheidung zur Privatbehandlung auszugehen sein soll. Die Klägerin zeigt jedenfalls die Entscheidungserheblichkeit der Frage nicht auf. Sie legt nicht dar, wieso es bei tatsächlicher Festlegung auf Privatbehandlung auf eine rechtliche Bindung an diese getroffene Entscheidung ankommen soll. Eine Rechtsfrage ist vom Revisionsgericht klärungsfähig, wenn sie sich ihm auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz stellt. Ob eine Rechtsfrage klärungsfähig ist, hängt davon ab, ob das Revisionsgericht über die betreffende Frage konkret sachlich entscheiden kann (vgl BSG SozR 3-2200 § 550 Nr 7 S 22 f; BSG Beschluss vom 24.6.1998 - B 9 VG 2/98 B - Juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 20.2.2017 - B 1 KR 91/16 B - Juris RdNr 9; ebenso zB Pietzner/Buchheister in Schoch/Schneider/Bier, VwGO , Stand Oktober 2016, § 132 RdNr 44). Daran fehlt es, wie dargelegt.

Nur ergänzend weist der erkennende Senat darauf hin, dass die Klägerin auch nicht darlegt, wieso nach der Senats-Rspr (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 16 RdNr 17) noch Klärungsbedarf bestehen soll.

2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Berlin-Brandenburg, vom 09.03.2017 - Vorinstanzaktenzeichen L 1 KR 27/15
Vorinstanz: SG Berlin, vom 09.12.2014 - Vorinstanzaktenzeichen S 76 KR 1548/11