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BSG - Entscheidung vom 21.08.2017

B 9 SB 27/17 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3

BSG, Beschluss vom 21.08.2017 - Aktenzeichen B 9 SB 27/17 B

DRsp Nr. 2017/14456

Feststellung eines Grades der Behinderung Verfahrensrüge Merkmale eines hinreichend substantiierten Beweisantrags Unbestimmte Beweisanträge

1. Ein Antrag, Befundberichte einer bestimmten Ärztin beizuziehen, bezeichnet keinen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag. 2. Dafür muss aufgezeigt werden, über welche im Einzelnen bezeichneten Punkte Beweis erhoben werden soll; denn Merkmal eines substantiierten Beweisantrags ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache. 3. Dafür ist die behauptete Tatsache möglichst präzise und bestimmt zu behaupten und zumindest hypothetisch zu umreißen, was die Beweisaufnahme ergeben hätte. 4. Nur dies versetzt die Vorinstanz in die Lage, die Entscheidungserheblichkeit eines Antrags zu prüfen und gegebenenfalls seine Ablehnung i.S. des § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG ausreichend zu begründen. 5. Unbestimmte bzw. unsubstantiierte Beweisanträge brauchen dem Gericht dagegen keine Beweisaufnahme nahezulegen

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 21. Februar 2017 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ;

Gründe:

I

Der Kläger begehrt die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB).

Der Beklagte stellte beim Kläger zuletzt einen GdB von 30 fest wegen einer seelischen Störung und orthopädischer Leiden (Bescheid vom 22.11.2012, Widerspruchsbescheid vom 7.5.2013).

Das vom Kläger angerufene SG hat den Beklagten nach medizinischen Ermittlungen verurteilt, beim Kläger einen GdB von 40 anzuerkennen und die darüber hinausgehende Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 17.7.2014).

Das LSG hat die auf Feststellung eines GdB von mindestens 50 gerichtete Berufung des Klägers nach weiteren medizinischen Ermittlungen zurückgewiesen. Insbesondere die psychische Störung des Klägers rechtfertige keine höhere GdB-Bewertung (Urteil vom 21.2.2017).

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt. Das LSG habe einen Verfahrensfehler begangen, weil es einem Beweisantrag des Klägers ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt sei.

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der behauptete Verfahrensmangel nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG ).

1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde wie im Fall des Klägers darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG ), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG ) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Will die Beschwerde demnach einen Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht rügen (§ 103 SGG ), so muss sie einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, dem das LSG nicht gefolgt ist. Ein anwaltlich vertretener Beteiligter kann zudem nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags iS von § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in seinem Urteil wiedergibt (stRspr, vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN).

Daran fehlt es hier. Der Kläger trägt zwar vor, er habe mit Schreiben vom 26.1.2016 und 5.12.2016 beantragt, Befundberichte der behandelnden Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie beizuziehen. Indes legt er nicht dar, diesen Antrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zumindest durch entsprechende Hinweise zu Protokoll aufrechterhalten zu haben. Ebenso wenig gibt das LSG in seinem Urteil einen Beweisantrag des Klägers wieder.

Unabhängig davon bezeichnet allein der von der Beschwerde zitierte Antrag, Befundberichte einer bestimmten Ärztin beizuziehen, keinen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag. Dafür hätte aufgezeigt werden müssen, über welche im Einzelnen bezeichneten Punkte Beweis erhoben werden sollte. Denn Merkmal eines substantiierten Beweisantrags ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6 mwN). Dafür ist die behauptete Tatsache möglichst präzise und bestimmt zu behaupten und zumindest hypothetisch zu umreißen, was die Beweisaufnahme ergeben hätte. Nur dies versetzt die Vorinstanz in die Lage, die Entscheidungserheblichkeit eines Antrags zu prüfen und gegebenenfalls seine Ablehnung iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ausreichend zu begründen (Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG , 2014, § 160a RdNr 96 mwN). Unbestimmte bzw unsubstantiierte Beweisanträge brauchen dem Gericht dagegen keine Beweisaufnahme nahezulegen (vgl BSG Urteil vom 19.10.2011 - B 13 R 33/11 R - NZS 2012, 230 , Juris; BSG Beschluss vom 19.11.2009 - B 13 R 303/09 B - BeckRS 2010, 65789 = Juris RdNr 12).

Der von dem Kläger zitierte Antrag zeigt demgegenüber weder ein genaues Beweisthema noch das voraussichtliche Beweisergebnis auf.

Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG ).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG .

Vorinstanz: LSG Sachsen, vom 21.02.2017 - Vorinstanzaktenzeichen L 9 SB 195/14
Vorinstanz: SG Chemnitz, vom 17.07.2014 - Vorinstanzaktenzeichen S 32 SB 270/13