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BSG - Entscheidung vom 10.03.2017

B 13 R 3/17 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2

BSG, Beschluss vom 10.03.2017 - Aktenzeichen B 13 R 3/17 B

DRsp Nr. 2017/10517

Erwerbsminderungsrente Divergenzrüge Begriff der Abweichung Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen

1. Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. 2. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG aufgestellt hat. 3. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. 4. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. 5. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass der angefochtene Beschluss auf der Abweichung beruht.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21. November 2016 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2 ;

Gründe:

Mit Beschluss vom 21.11.2016 hat das Bayerische Landessozialgericht einen Anspruch des Klägers auf Weitergewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung verneint.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er macht eine Rechtsprechungsabweichung geltend.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung vom 2.3.2017 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, weil der Kläger den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) nicht ordnungsgemäß bezeichnet hat (§ 160a Abs 2 S 3 SGG ).

Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass der angefochtene Beschluss auf der Abweichung beruht (vgl Senatsbeschluss vom 20.5.2014 - B 13 R 49/14 B - Juris RdNr 10).

Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet das vorstehend Gesagte, dass die Beschwerdebegründung erkennen lassen muss, welcher abstrakte Rechtssatz in der höchstrichterlichen Entscheidung enthalten ist und welcher im Beschluss des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht; ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das Revisionsgericht die oberstgerichtliche Rechtsprechung in einem künftigen Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (zum Ganzen vgl BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 mwN).

Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Aus ihr wird kein Widerspruch von tragenden abstrakten Rechtssätzen erkennbar.

Der Kläger benennt zwar Urteile des BSG und entnimmt diesen den Rechtssatz, wonach "der Arbeitsmarkt trotz an sich mindestens sechsstündiger bis vollschichtiger Erwerbsfähigkeit praktisch als verschlossen gilt, wenn schwere spezifische Leistungseinschränkungen oder eine Häufung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliegen, weil dann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für an sich mögliche Vollzeittätigkeiten eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen gibt." In diesen Fällen seien nach der Rechtsprechung des BSG konkrete Verweisungstätigkeiten zu benennen.

Er stellt jedoch nicht dar, dass das LSG diesen Entscheidungen des BSG einen tragenden Rechtssatz entgegengestellt hätte. Er behauptet zwar, dass der angefochtene Beschluss auf folgendem Rechtssatz beruhe:

"Trotz schwerer spezifischer Leistungseinschränkungen oder trotz überdurchschnittlich starker Leistungsminderung durch eine Vielzahl ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen gilt der Arbeitsmarkt nicht als verschlossen."

Er zeigt jedoch nicht auf, dass der Beschluss des LSG einen solchen abstrakten Rechtssatz tatsächlich enthält, sondern leitet diesen vielmehr aus dem zuvor geschilderten Sachverhalt ab ("somit"). Aus der Schilderung des Klägers ergibt sich aber, dass das SG , dessen Entscheidungsgründen sich das LSG angeschlossen habe, Gründe für die ausnahmsweise Benennungspflicht einer Verweisungstätigkeit unter der Voraussetzung geprüft und verneint hat, ob "der Kläger an einer schweren spezifischen Leistungseinschränkungen (z.B. Einarmigkeit) leidet, oder sein Leistungsvermögen durch eine Vielzahl ("Summierung") ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen geprägt ist."

Der Kläger rügt daher nicht die Abweichung abstrakter Rechtssätze, sondern wendet sich im Kern gegen das Ergebnis der Beweiswürdigung und die Subsumtion des Berufungsgerichts. Die vermeintliche inhaltliche Unrichtigkeit der Berufungsentscheidung kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde aber nicht angegriffen werden ( BSG SozR 1500 § 160a Nr 7). Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG kann eine Nichtzulassungsbeschwerde auch nicht auf eine Verletzung von § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien Beweiswürdigung) gestützt werden.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Bayern, vom 21.11.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 14 R 553/16
Vorinstanz: SG Augsburg, - Vorinstanzaktenzeichen 1 R 106/15