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BSG - Entscheidung vom 02.06.2017

B 8 SO 10/17 B

Normen:
BSHG § 89
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 02.06.2017 - Aktenzeichen B 8 SO 10/17 B

DRsp Nr. 2017/9892

Darlehen nach dem BSHG Grundsatzrüge Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung Klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage

1. Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG ) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. 2. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung - ggf. sogar des Schrifttums - angeben, welche Rechtsfrage sich stellt, dass diese noch nicht geklärt ist, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfrage aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. 3. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer eine konkrete Frage formulieren, deren (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit und (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie deren über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung (Breitenwirkung) darlegen.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 12. Januar 2017 wird als unzulässig verworfen.

Die Anträge der Kläger, ihnen zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem bezeichneten Urteil Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt F. beizuordnen, werden abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

BSHG § 89 ; SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

I

Die Kläger und Beschwerdeführer machen als Rechtsnachfolger des während des Beschwerdeverfahrens verstorbenen früheren Klägers J -H H (H) von der Beklagten die Zahlung von 28 000 Euro geltend.

H lebte ua von 1999 bis 2004 mit seiner Ehefrau und seinem Sohn (seinen Rechtsnachfolgern) im Stadtgebiet der Beklagten. Er schloss mit der Beklagten im Jahr 1999 einen Vertrag über ein Darlehen nach § 89 Bundessozialhilfegesetz ( BSHG ) ab. Die Ehefrau und der Sohn bezogen im Anschluss daran bis zum 31.12.2004 Leistungen nach dem BSHG ; H war nach Abschluss des Vertrags wegen anderen Einkommens nicht mehr bedürftig. In der Folge nahm die Beklagte, der von H ein Grundpfandrecht an einem Grundstück eingeräumt worden war, Zugriff auf den auf ihn entfallenden Anteil aus dem Erlös dieses Grundstücks in Höhe von . H erhob beim Sozialgericht ( SG ) für das Saarland Leistungsklage auf Zahlung von ..., weil er selbst nach Abschluss des Darlehensvertrags keine Leistungen nach dem BSHG bezogen habe. Die Klage blieb ohne Erfolg (Gerichtsbescheid des SG vom 7.5.2015; Urteil des Landessozialgerichts [LSG] für das Saarland vom 12.1.2017).

Nach dem Tod des H führen die Rechtsnachfolger den Rechtsstreit fort. Sie machen die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend sowie eine Divergenz. Es stelle sich die klärungsbedürftige Rechtsfrage, ob ein zwischen zwei Parteien abgeschlossener Darlehensvertrag ausschließlich Rechtswirkungen zwischen den vertragsschließenden Parteien entfalte auch dann, wenn der Vertragsschließende Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft sei. Im Übrigen habe das LSG das Wesen der Bedarfsgemeinschaft und die Folgen daraus verkannt; es liege eine Divergenz zur Entscheidung des Bundessozialgerichts ( BSG ) vom 7.11.2006 (B 7b AS 8/06 R) vor. Die Kläger beantragen zudem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt F .

II

Die Beschwerde ist unzulässig, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise dargelegt bzw bezeichnet sind. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG iVm § 169 Satz 3 SGG entscheiden.

Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung - ggf sogar des Schrifttums - angeben, welche Rechtsfrage sich stellt, dass diese noch nicht geklärt ist, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfrage aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt ( BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59 und 65). Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer eine konkrete Frage formulieren, deren (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit und (konkrete) Klärungsfähigkeit (= Entscheidungserheblichkeit) sowie deren über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung (Breitenwirkung) darlegen.

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht. Es fehlt schon an einer nachvollziehbar formulierten Rechtsfrage, die sich im Anwendungsbereich des zum 31.12.2004 ausgelaufenen Rechts des BSHG noch stellen sollte. Aus dem nur schwer verständlichen Begründungssatz, der der Rechtsfrage folgt, lässt sich nur schließen, dass die Kläger der Auffassung sind, ein Einsatz des Vermögens des H im Anschluss an die seinen Familienmitgliedern (darlehensweise) gewährten Leistungen nach dem BSHG sei nicht zulässig; es fehlt aber an jeden rechtlichen Ausführungen insoweit. Die Kläger legen nicht einmal dar, nach welchen Vorschriften sich der Einsatz von Einkommen und Vermögen im BSHG richtete und welche Rechtsfragen sich daraus im Anwendungsbereich des § 89 BSHG ergeben sollten. Die Argumentation mit Vorschriften des Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - ( SGB II ), die denen des BSHG nicht entsprechen, vermag Rechtsfragen im Anwendungsbereich des BSHG nicht zu begründen.

Soweit die Kläger eine Divergenz zu einer Entscheidung des BSG behaupten, genügt ihr Vorbringen ebenfalls nicht den gesetzlichen Anforderungen. Eine Divergenz läge nur vor, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem tragenden abstrakten Rechtssatz des BSG aufgestellt hätte; eine Abweichung wäre aber erst dann zu bejahen, wenn das LSG diesen Kriterien - wenn auch unter Umständen unbewusst - widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hätte ( BSG SozR 1500 § 160a Nr 67). Die Kläger formulieren aber weder einen tragenden abstrakten Rechtssatz des LSG noch einen (davon abweichenden) abstrakten Rechtssatz des BSG , sondern verweisen nur auf ihre Auffassung, dass sich nach der Rechtsprechung auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende (auf Grundlage der dortigen Gesetzeslage) ein abweichendes Ergebnis ergebe. Dies genügt für die Darlegungen einer Divergenz nicht. Es hätte herausgearbeitet werden müssen, weshalb ein solcher Rechtssatz für das BSHG überhaupt in gleicher Weise anwendbar ist und inwieweit das LSG sich dazu mit einem Rechtssatz in Widerspruch setzt.

Da die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den dargelegten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs 1 SGG , § 114 Abs 1 Zivilprozessordnung [ZPO]) bietet, ist den Klägern auch keine PKH zu bewilligen. Mit der Ablehnung von PKH entfällt auch die Beiordnung des Rechtsanwalts (§ 121 ZPO ).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Saarland, vom 12.01.2017 - Vorinstanzaktenzeichen L 11 SO 4/15
Vorinstanz: SG Saarbrücken, vom 07.05.2015 - Vorinstanzaktenzeichen S 25 SO 122/13