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BSG - Entscheidung vom 25.04.2017

B 9 V 5/17 B

Normen:
BVG § 41 Abs. 3 S. 1
EStG § 20
GG Art. 3 Abs. 1
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1
SGG § 160a Abs. 2 S. 3

BSG, Beschluss vom 25.04.2017 - Aktenzeichen B 9 V 5/17 B

DRsp Nr. 2017/11934

Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache Berücksichtigung von Vorjahresverlusten aus Kapitalvermögen bei der Berechnung einer Witwenausgleichsrente im sozialen Entschädigungsrecht

Eine Rechtssache hat dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung erforderlich ist, und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1.) eine bestimmte Rechtsfrage, (2.) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3.) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4.) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (hier verneint für die Frage, ob die im Steuerrecht geregelte Verrechnung von Verlusten aus Kapitalvermögen mit Einkünften aus Kapitalvermögen in folgenden Veranlagungszeiträumen auch bei der Berechnung einer Ausgleichsrente nach dem Bundeversorgungsgesetz anzuwenden ist oder sich § 11 AusglV ausschließlich auf positive Einkünfte aus Kapitalvermögen bezieht).

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 19. Dezember 2016 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Normenkette:

BVG § 41 Abs. 3 S. 1; EStG § 20 ; GG Art. 3 Abs. 1 ; SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ; SGG § 160a Abs. 2 S. 3;

Gründe:

I. Mit Urteil vom 19.12.2016 hat das Bayerische LSG einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer höheren Ausgleichsrente nach dem Bundesversorgungsgesetz ( BVG ) für das Jahr 2013 unter Berücksichtigung der im Jahr 2011 erlittenen Verluste aus Kapitalvermögen ua verneint, weil die versorgungsrechtlichen Vorschriften nach ihrem eindeutigen Wortlaut eine Berücksichtigung von negativen Einkünften aus Kapitalvermögen und erst recht eine Verrechnung mit Einkünften aus Kapitalvermögen in einem nachfolgenden Jahr nicht zuließen. Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin beim BSG Beschwerde eingelegt, die sie mit dem Bestehen einer grundsätzlichen Bedeutung begründet.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen (§ 160a Abs 2 S 3 SGG ). Keiner der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe ist ordnungsgemäß dargetan worden.

1. Eine Rechtssache hat dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung erforderlich ist, und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17; BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 13 , 31, 59, 65). Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1.) eine bestimmte Rechtsfrage, (2.) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3.) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4.) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung. Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht.

a) Die Klägerin hält es für eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung,

"ob die gemäß § 20 Abs. 6 S. 2 EStG im Steuerrecht geregelte Verrechnung von Verlusten aus Kapitalvermögen mit Einkünften aus Kapitalvermögen in folgenden Veranlagungszeiträumen auch bei der Berechnung einer Ausgleichsrente nach dem Bundeversorgungsgesetz ( BVG ) angesichts des Verweises in § 11 AusglV auf § 20 EStG anzuwenden ist oder sich § 11 AusglV ausschließlich auf positive Einkünfte aus Kapitalvermögen bezieht."

Zwar hat die Klägerin mit der Frage, ob Verluste aus Kapitalvermögen von Einkünften aus Kapitalvermögen bei der Berechnung der Ausgleichsrente abgezogen werden dürfen, eine bestimmte Rechtsfrage aufgeworfen. Sie hat indes deren höchstrichterliche Klärungsbedürftigkeit nur behauptet, nicht jedoch dargelegt. Hierzu hätte sie im Einzelnen darstellen müssen, inwiefern die Rechtsfrage vom BSG noch nicht entschieden ist (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 51; BSG SozR 1500 § 160a Nr 13 und 65) und warum sich für die Beantwortung der Frage nicht bereits ausreichende Anhaltspunkte in vorliegenden Entscheidungen finden lassen (vgl BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2 und § 160 Nr 8). Insbesondere fehlt es an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit der von der Klägerin und dem LSG in der angefochtenen Entscheidung genannten Rechtsprechung des BSG zur Berechnung einer Versorgungsrente unter Berücksichtigung von Einnahmen aus Kapitalvermögen. Insoweit hat das BSG bereits entschieden, dass es nicht gegen den Gleichheitssatz verstößt, dass der steuerrechtlich berücksichtigte Abzug von Verlusten aus Vorjahren bei der Feststellung des Bruttoeinkommens nach dem BVG unberücksichtigt bleibt ( BSG Urteil vom 11.11.1976 - 10 RV 209/75 - SozR 3100 § 40a Nr 5). Soweit die Klägerin gegen die Berücksichtigung dieser Entscheidung anführt, dass es dort um Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft für die Ermittlung des Gewinns und nicht um Einkünfte aus Kapitalvermögen gegangen sei, zeigt sie jedoch nicht auf, weshalb sich die von ihr aufgeworfene Frage nicht anhand dieser bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung beantworten lassen soll. Insbesondere beschäftigt sie sich nicht damit, dass § 11 Ausgleichsrentenverordnung (AusglV) dezidiert nur den Überschuss über die Werbungskosten in Bezug nimmt. Es genügt nicht, darauf hinzuweisen, dass eine bestimmte Frage höchstrichterlich noch nicht entschieden worden sei oder ein anderer Sachverhalt zugrunde liege. Denn in der genannten Entscheidung hat das BSG auch ausgeführt, dass Zweck der einkommensabhängigen Leistungen des Versorgungsrechts ist, den unmittelbaren Lebensunterhalt der Beschädigten bzw ihrer Hinterbliebenen zu sichern. Das geschieht nach der gesetzlichen Regelung jeweils in bestimmten Zeitabschnitten, weshalb es auf die Einkommensverhältnisse in diesen Zeitabschnitten anzukommen hat. Es würde über die Unterhaltsersatzfunktion der einkommensabhängigen Leistungen hinausgehen und praktisch einem damit nicht bezweckten Vermögensverlustausgleich dienen, wenn Ausgleichsrente und Berufsschadensausgleich trotz relativ hoher Gewinne in dem zu beurteilenden Zeitraum allein zum Ausgleich des Verlustes in einem früheren Zeitraum gewährt würden, dessen versorgungsrechtliche Regelung diesem Ergebnis bereits Rechnung getragen hat. Nach der Zweckbestimmung der einkommensabhängigen Leistungen erweist sich somit die versorgungsrechtliche Nichtberücksichtigung in den Vorjahren entstandener Verluste, die steuerrechtlich abzugsfähig sind, nicht als eine Verletzung des Gleichheitssatzes, sondern als die aus ihm folgende Notwendigkeit gleicher Behandlung aller von schädigungsbedingten Einkommensverlusten - nicht Vermögensverlusten - betroffenen Beschädigten und ihrer Hinterbliebenen (vgl BSG , aaO, SozR 3100 § 40a Nr 5 S 15). Damit ist die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage entsprechend den Ausführungen des LSG in der angefochtenen Entscheidung bereits beantwortet. Des Weiteren hat der Senat mit Entscheidung vom 14.11.2013 ( B 9 V 5/12 R - SozR 4-3100 § 48 Nr 1) ausgeführt, dass für die Ermittlung der Höhe der anrechenbaren Einkünfte aus Kapitalvermögen, also für die Prüfung, ob und in welcher Höhe die Einnahmen die Werbungskosten übersteigen (§ 11 Abs 2 AusglV), grundsätzlich eine jährliche Betrachtungsweise gilt. Nach dieser Regelung sind also sämtliche Einkünfte aus Kapitalvermögen, die im Laufe eines Jahres erzielt werden, zu addieren, von der Summe ist der Freibetrag von 307 Euro zu subtrahieren; nur die Differenz darf als Einkommen berücksichtigt werden ( BSG , aaO, RdNr 30-35). Zu diesen Ausführungen des BSG trägt die Klägerin in ihrer Beschwerde gleichfalls nicht vor. Die selektive, der eigenen Sichtweise dienende Darstellung dieses Urteils im Rahmen der Beschwerde mit der Aussage, dass das BSG lediglich ausgeführt habe, dass die Fragestellung, ob Einkünfte aus Kapitalvermögen vorlägen und wie hoch diese seien, sich nach einkommensteuerrechtlichen Regelungen richte, genügt den Darstellungsanforderungen nicht. Tatsächlich kritisiert die Klägerin im Rahmen ihrer Beschwerde lediglich die Rechtsanwendung durch das LSG im Einzelfall, die aber nicht zulässigerweise zum Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde gemacht werden kann (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10).

b) Schließlich behauptet die Klägerin lediglich das Vorliegen einer Breitenwirkung, ohne diese substantiiert darzulegen. Rechtsfragen haben nur dann übergreifende Relevanz, wenn sie über den Einzelfall hinaus in weiteren Fällen streitig und maßgeblich für eine Vielzahl bereits anhängiger oder konkret zu erwartender gleichgelagerter Prozesse sind und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berühren ( BSG SozR 1500 § 160a Nr 39; BSG SozR 1500 § 160 Nr 53 sowie BAG Beschluss vom 5.10.2010 - 5 AZN 666/10 - NJW 2011, 1099 ). Hierfür hätte die Klägerin substantiiert aufzeigen müssen, dass der aufgezeigten Frage über den konkreten Einzelfall hinaus noch Bedeutung für eine Mehrzahl ähnlich gelagerter Prozesse zukommen könnte. Keinesfalls genügt es, pauschal zu behaupten, dass die Rechtsfrage "einen größeren Personenkreis betrifft, der dem Risiko ausgesetzt ist, dass Verluste aus Kapitalvermögen hinzunehmen sind".

2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

3. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG ).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG .