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BSG - Entscheidung vom 10.05.2017

B 10 EG 14/16 B

Normen:
BEEG § 2 Abs. 9 S. 1
EStG § 7g Abs. 3
EStG § 15
AlgIIV (2008) § 2a Abs. 1 S. 1
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2
SGG § 160a Abs. 2 S. 3

BSG, Beschluss vom 10.05.2017 - Aktenzeichen B 10 EG 14/16 B

DRsp Nr. 2017/13118

Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren Bezeichnung einer Divergenz Keine Vergleichbarkeit von Gewinnermittlungsvorschriften im Elterngeld- und Grundsicherungsrecht

Divergenz im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Wer eine Rechtsprechungsdivergenz substantiiert darlegen will, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze in der Entscheidung des Berufungsgerichts einerseits und in der herangezogenen höchstrichterlichen Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG andererseits gegenüberstellen und dazu ausführen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen. Die Rechtssätze, die miteinander verglichen werden sollen, müssen dieselbe Rechtsfrage und im entscheidungserheblichen Kern inhaltsgleiche Rechtsvorschriften betreffen. Zudem müssen die Fallkonstellationen, über die Bundes- und Instanzgerichte entschieden haben, gleich, vergleichbar oder zumindest gleich gelagert sein und dieselben oder jedenfalls vergleichbare Rechtsaussagen enthalten (hier verneint für Rechtssätze aus Gewinnermittlungsvorschriften im Elterngeld- und Grundsicherungsrecht).

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. September 2016 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Normenkette:

BEEG § 2 Abs. 9 S. 1; EStG § 7g Abs. 3 ; EStG § 15 ; AlgIIV (2008) § 2a Abs. 1 S. 1; SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2 ; SGG § 160a Abs. 2 S. 3;

Gründe:

I

Der Kläger ist als selbstständiger Rechtsanwalt tätig und begehrt höheres Elterngeld für den 8. und 14. Lebensmonat seiner am 30.11.2007 geborenen Tochter.

Das LSG hat seinen Anspruch wie vor ihm das SG und die Beklagte abgelehnt. § 2 Abs 9 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes ( BEEG ) idF vom 5.12.2006 verweise auf den steuerrechtlichen Gewinn, wie er sich aus dem Einkommensteuerbescheid ergebe und nehme damit auf die steuerrechtlichen Gewinnermittlungsvorschriften Bezug. Anders als der Kläger meine, habe daher die von ihm nach § 7g Abs 3 Einkommensteuergesetz ( EStG ) gebildete Ansparabschreibung im maßgeblichen Steuerjahr 2006 seinen Gewinn steuerrechtlich gemindert. Die Rücklage werde durch finanzielle Mittel gebildet, die dem Selbstständigen nach seiner eigenen unternehmerischen Entscheidung im Bemessungszeitraum gerade nicht für seinen Lebensunterhalt zur Verfügung stehen sollten und daher auch nicht durch das Elterngeld zu ersetzen seien. Sie sei daher nicht dem für die Ermittlung des Elterngelds maßgeblichen Einkommen hinzuzurechnen (Urteil vom 20.9.2016).

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt. Das LSG sei von der Rechtsprechung des BSG abgewichen und habe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verkannt.

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil weder die behauptete Abweichung von der Rechtsprechung des BSG (1.) noch die angebliche grundsätzliche Bedeutung (2.) ordnungsgemäß dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG ).

1. Die Beschwerde hat die behauptete Divergenz der Entscheidung des LSG von der Entscheidung des BSG vom 21.6.2011 - B 4 AS 21/10 R - zum Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht hinreichend substantiiert dargetan.

Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Wer eine Rechtsprechungsdivergenz substantiiert darlegen will, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze in der Entscheidung des Berufungsgerichts einerseits und in der herangezogenen höchstrichterlichen Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG andererseits gegenüberstellen und dazu ausführen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen (vgl zB BSG Beschluss vom 28.7.2009 - B 1 KR 31/09 B - RdNr 4; BSG Beschluss vom 28.6.2010 - B 1 KR 26/10 B - RdNr 4; BSG Beschluss vom 22.12.2010 - B 1 KR 100/10 B - Juris RdNr 4 mwN). Die Rechtssätze, die miteinander verglichen werden sollen, müssen dieselbe Rechtsfrage und im entscheidungserheblichen Kern inhaltsgleiche Rechtsvorschriften betreffen. Zudem müssen die Fallkonstellationen, über die Bundes- und Instanzgerichte entschieden haben, gleich, vergleichbar oder zumindest gleich gelagert sein und dieselben oder jedenfalls vergleichbare Rechtsaussagen enthalten (vgl Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG , 2014, § 160a RdNr 76 mwN).

Die Erfüllung dieser Voraussetzungen hat die Beschwerde nicht dargelegt. Die von ihr in Bezug genommene Entscheidung des BSG betrifft keine Vorschriften des BEEG , sondern beschäftigt sich in einem vollständig anderen tatsächlichen und rechtlichen Kontext mit der Abgrenzung von Einkommen und Vermögen nach §§ 11 , 12 SGB II sowie der Alg II-V und in diesem Zusammenhang mit dem im Grundsicherungsrecht maßgeblichen Zufluss bereiter Mittel. Mit diesen maßgeblichen Unterschieden setzt sich die Beschwerde nicht auseinander.

Insbesondere geht sie nicht auf den unterschiedlichen Wortlaut der beiden Vorschriften ein. Während § 2a Abs 1 S 1 Alg II-V iVm § 15 EStG anordnete, bei der Einkommensermittlung im Grundsicherungsrecht lediglich von den Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts auszugehen (vgl BSG Urteil vom 21.6.2011 - B 4 AS 21/10 R - BSGE 108, 258 = SozR 4-4200 § 11 Nr 39, RdNr 27), galt nach § 2 Abs 9 S 1 BEEG aF als elterngeldrechtlich relevantes Einkommen ausdrücklich der durchschnittlich monatlich erzielte Gewinn, wie er sich aus dem für den Veranlagungszeitraum ergangenen Steuerbescheid ergab.

2. Noch weniger dargetan ist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Eine solche hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn sie höchstrichterlich weder tragend entschieden noch präjudiziert ist und die Antwort nicht von vornherein praktisch außer Zweifel steht, so gut wie unbestritten ist oder sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit, muss sich der Beschwerdeführer daher regelmäßig mit dem entscheidungserheblichen Gesetz (dem Wortlaut der Norm, ihrem gesetzlichen Kontext den Gesetzesmaterialien), der vorinstanzlichen Entscheidung der einschlägigen rechtlichen Literatur sowie der höchstrichterlichen Rechtsprechung auseinandersetzen (Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG , 2014, § 160a RdNr 50 mwN).

Daran fehlt es hier. Die Beschwerde sieht Klärungsbedarf im Zusammenhang der Absetzbarkeit von Beträgen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung sowie von Rentenbeiträgen zum Versorgungswerk für Rechtsanwälte vom Einkommen im Bezugszeitraum im Sinne des Elterngeldrechts. Allerdings hat sie insoweit bereits weder eine konkrete Rechtsfrage formuliert, noch hat sie sich mit dem Wortlaut der einschlägigen Norm und der dazu ergangenen Rechtsprechung des BSG näher auseinandergesetzt, auf die das LSG sein Urteil zutreffend gestützt hat (vgl BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 15/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 17; BSG Urteil vom 5.4.2012 - B 10 EG 6/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 15 dazu: Röhl, jurisPR-SozR 1/2013 Anm 4). Insoweit fehlt es insbesondere an der Darlegung, warum in diesem Zusammenhang weiter Klärungsbedarf bestehen sollte, obwohl das LSG, wie die Beschwerde selbst einräumt, die Rechtsfrage gestützt auf die bisherige Rechtsprechung des BSG beurteilt hat und es sich zudem um auslaufendes Recht handelt (vgl BSG Beschluss vom 7.10.2014 - B 10 EG 13/14 B - Juris).

Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG ).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG .

Vorinstanz: LSG Baden-Württemberg, vom 20.09.2016 - Vorinstanzaktenzeichen L 11 EG 3402/15
Vorinstanz: SG Stuttgart, vom 28.05.2015 - Vorinstanzaktenzeichen S 9 EG 1760/13