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BSG - Entscheidung vom 26.01.2017

B 5 RE 26/16 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2

BSG, Beschluss vom 26.01.2017 - Aktenzeichen B 5 RE 26/16 B

DRsp Nr. 2017/9706

Beendigung einer Antragspflichtversicherung Divergenzrüge Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen Darstellung des Entscheidungskontextes

1. Divergenz i.S. von § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. 2. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. 3. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. 4. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. 5. Es genügt nicht, isoliert einzelne Sätze aus den Entscheidungen des Berufungs- und des Revisionsgerichts zu zitieren; vielmehr ist der Kontext darzustellen, in dem die angeblich divergierenden Rechtssätze jeweils stehen.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 31. August 2016 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2 ;

Gründe:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte ihre frühere Feststellung, dass die Antragspflichtversicherung des Klägers als Selbstständiger in der gesetzlichen Rentenversicherung mit Ablauf des 31.1.2007 endete, aufheben durfte. Mit Beschluss vom 31.8.2016 hat das LSG Baden-Württemberg die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des SG Heilbronn vom 31.1.2014 zurückgewiesen.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Mit seinem Vortrag, das LSG weiche von Entscheidungen des BSG ab, macht er sinngemäß eine Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG geltend.

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ),

- das Urteil von einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder

- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass der angefochtene Beschluss auf der Abweichung beruht. Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet das vorstehend Gesagte, dass die Beschwerdebegründung erkennen lassen muss, welcher abstrakte Rechtssatz in der höchstrichterlichen Entscheidung enthalten ist und welcher im Beschluss des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht; ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das Revisionsgericht die oberstgerichtliche Rechtsprechung in einem künftigen Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 mwN). Diesen Darlegungserfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Der Kläger trägt vor, die Entscheidung des LSG beruhe auf dem Rechtssatz:

"Wer in Angelegenheiten der Rentenversicherung nicht einen Fachkundigen, sondern allein seinen Steuerberater, heranzieht und auf dessen Angaben vertraut, handelt grob fahrlässig."

Das LSG habe als weiteren Rechtssatz aufgestellt,

"dass grob fahrlässig auch der handelt, der in Zuziehung der Rentenangelegenheit nicht eine Beratungsstelle aufsucht."

Dem stellt der Kläger zunächst als Rechtssatz des BSG (der Kläger zitiert BSG SozR 4-2500 § 240 Nr 9 RdNr 30) gegenüber,

"dass grob fahrlässig der handelt, der sich auf Auskünfte allenfalls peripher einschlägig befasster Personen, z.B. auf einen Steuerberater beruft"

und als weiteren Rechtssatz ( BSG SozR 3-1300 § 45 Nr 38 S 122),

"dass die grobe Fahrlässigkeit schon deshalb entfällt, wenn die wesentliche Ursache der Unrichtigkeit des Verwaltungsaktes bei der Behörde liegt".

Aus der Beschwerdebegründung geht bereits nicht hervor, dass das BSG in den herangezogenen Entscheidungen auf der Grundlage der darin angeblich aufgestellten Rechtssätze eine Fallkonstellation, die mit derjenigen des Klägers vergleichbar ist, anders entschieden hat als das LSG im angegriffenen Beschluss. Dafür genügt es nicht, isoliert einzelne Sätze aus den Entscheidungen des Berufungs- und des Revisionsgerichts zu zitieren. Vielmehr ist der Kontext darzustellen, in dem die angeblich divergierenden Rechtssätze jeweils stehen (vgl hierzu zB Senatsbeschluss vom 13.12.2012 - B 5 R 254/12 B - BeckRS 2013, 65382 RdNr 9 sowie BSG Beschluss vom 7.2.2007 - B 6 KA 56/06 B - BeckRS 2007, 41946 RdNr 10 mwN). Zum Kontext der Entscheidungen ist der Beschwerdebegründung aber schon deshalb nichts zu entnehmen, weil sie nicht darlegt, welcher Sachverhalt den Entscheidungen des BSG jeweils zugrunde liegt, um beurteilen zu können, welche rechtlichen Aussagen das BSG wirklich getroffen hat. Eine konkrete Sachverhaltsdarstellung der Entscheidung des LSG und der beiden Entscheidungen des BSG gehört aber zu den Mindestvoraussetzungen, um die Entscheidungserheblichkeit der Divergenzrüge prüfen zu können. Ein Widerspruch in der Rechtsprechung ist nur möglich, wenn sich zwei Rechtssätze auf zumindest vergleichbare Sachverhalte beziehen und diese unterschiedlich regeln ( BSG Beschluss vom 13.2.2013 - B 5 R 398/12 B - RdNr 8). Den der zitierten Rechtsprechung des BSG zugrunde liegenden Sachverhalt schildert der Kläger jedoch nicht.

Die Beschwerdebegründung versäumt es darüber hinaus aufzuzeigen, dass der Beschluss des LSG auf der geltend gemachten Divergenz beruht, dh eine entscheidungserhebliche Divergenz vorliegt (vgl Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 82). Der Kläger bezeichnet eine Divergenz ausschließlich im Hinblick auf den vom LSG verneinten Vertrauensschutz nach § 45 Abs 2 S 3 Nr 3 SGB X wegen grob fahrlässiger Unkenntnis der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts. Ausführungen dazu, dass das LSG darüber hinaus einen Vertrauensschutz des Klägers auch nach § 45 Abs 2 S 3 Nr 2 SGB X aufgrund von grob fahrlässig gemachten unvollständigen Angaben abgelehnt hat, enthält die Beschwerdebegründung nicht.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG .

Vorinstanz: LSG Baden-Württemberg, vom 31.08.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 13 R 3120/14
Vorinstanz: SG Heilbronn, - Vorinstanzaktenzeichen 2 R 1493/12