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BSG - Entscheidung vom 06.02.2017

B 9 V 79/16 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3
SGG § 160a Abs. 2 S. 3
SGG § 103

BSG, Beschluss vom 06.02.2017 - Aktenzeichen B 9 V 79/16 B

DRsp Nr. 2017/9710

Ansprüche nach dem Opferentschädigungsgesetz Verfahrensrüge Beweisantrag Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht

1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs. 2 Nr. 3 Hs. 1 SGG ), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs. 2 S. 3 SGG ) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. 2. Gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 3 Hs. 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. 3. Will die Beschwerde demnach einen Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht rügen (§ 103 SGG ), so muss sie einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags bezeichnen, dem das LSG nicht gefolgt ist.

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 29. September 2016 Prozesskostenhilfe zu gewähren und Rechtsanwalt H., S., beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ; SGG § 160a Abs. 2 S. 3; SGG § 103 ;

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten um Ansprüche aus dem Opferentschädigungsgesetz ( OEG ) iVm dem Bundesversorgungsgesetz .

Die 1988 geborene Klägerin beantragte im Jahr 2006 beim Beklagten Leistungen nach dem OEG wegen sexuellen Missbrauchs durch ihren Vater.

Der Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 12.6.2007, Widerspruchsbescheid vom 6.9.2007). Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft Braunschweig das Ermittlungsverfahren gegen den Vater der Klägerin nach umfangreichen Ermittlungen gemäß § 170 Abs 2 Strafprozessordnung eingestellt, weil sich die gegen ihn erhobenen Vorwürfe nicht nachweisen ließen.

Das SG hat die Klage der Klägerin abgewiesen und zur Begründung wesentlich auf ein von der Staatsanwaltschaft eingeholtes aussagepsychologisches Gutachten verwiesen. Danach ließ sich die Glaubhaftigkeit der Aussage der Klägerin mit aussagepsychologischen Methoden nicht belegen (Urteil vom 18.8.2009).

Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, weil es die Aussagen der Klägerin über den Missbrauch durch ihren Vater ebenfalls nicht als glaubhaft angesehen hat (Urteil vom 29.9.2016).

Mit ihrer gegen die Nichtzulassung der Revision durch das LSG erhobenen Beschwerde, für die sie zugleich die Gewährung von PKH beantragt hat, macht die Beschwerde geltend, das LSG habe seine Pflicht zur Amtsaufklärung verletzt, weil es Beweise falsch gewürdigt habe.

II

1. Der PKH-Antrag der Klägerin ist unbegründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 ZPO ). An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Denn die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil die geltend gemachte Verletzung der Aufklärungspflicht durch das LSG nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG ).

2. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde wie im Fall der Klägerin darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG ), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG ) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Will die Beschwerde demnach einen Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht rügen (§ 103 SGG ), so muss sie einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags bezeichnen, dem das LSG nicht gefolgt ist.

Diese Darlegungen enthält die Beschwerde nicht. Die Klägerin macht nicht einmal geltend, überhaupt einen Beweisantrag gestellt zu haben. Soweit sie sich ansonsten mit umfangreicher Begründung dagegen wendet, wie das LSG die Aussage ihrer Mutter in der mündlichen Berufungsverhandlung gewürdigt hat und daraus eine Verletzung von § 103 SGG ableiten will, kann dieser Vortrag ihrer Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Denn die Klägerin wendet sich damit gegen die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts, die § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG der Beurteilung durch das Revisionsgericht vollständig entzieht. Kraft der darin enthaltenen ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung kann die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts mit der Nichtzulassungsbeschwerde weder unmittelbar noch mittelbar angegriffen werden (Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG , 2014, § 160 RdNr 58 mwN).

Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG ).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG .

Vorinstanz: LSG Niedersachsen-Bremen, vom 29.09.2016 - Vorinstanzaktenzeichen L 10 VG 22/09
Vorinstanz: SG Braunschweig, - Vorinstanzaktenzeichen S 12 VG 44/07