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BSG - Entscheidung vom 02.05.2017

B 13 R 70/17 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3

BSG, Beschluss vom 02.05.2017 - Aktenzeichen B 13 R 70/17 B

DRsp Nr. 2017/13767

Altersrente Berücksichtigung von in der UdSSR und Kasachstan zurückgelegten Beitragszeiten nach dem FRG Verletzung rechtlichen Gehörs Übergehen von Vorbringen eines Beteiligten Unerhebliches Vorbringen

1. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt insbesondere dann vor, wenn das Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen, nicht nachgekommen ist oder sein Urteil auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützt, zu denen sich die Beteiligten nicht haben äußern können. 2. Das Gebot der Wahrung des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht regelmäßig nur dazu, die Ausführungen von Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. 3. Es ist erst verletzt, wenn sich klar ergibt, dass das Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung gar nicht erwogen worden ist. 4. Andererseits muss sich ein Gericht nicht ausdrücklich mit jedem Beteiligtenvorbringen auseinandersetzen, wenn sich aus der Entscheidung zweifelsfrei ergibt, dass es das Vorbringen auch ohne explizite Erwähnung für unerheblich gehalten hat.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. Januar 2017 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ;

Gründe:

Das LSG Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 26.1.2017 den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf höhere Altersrente unter Berücksichtigung von in der UdSSR und Kasachstan zurückgelegten Beitragszeiten nach dem FRG verneint.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf Verfahrensmängel.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Begründung des Klägers vom 31.3.2017 genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht, weil er den allein geltend gemachten Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) nicht ordnungsgemäß bezeichnet hat (§ 160a Abs 2 S 3 SGG ).

Wird die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels begehrt, muss in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde die bundesrechtliche Verfahrensnorm, die das Berufungsgericht verletzt haben soll, hinreichend genau bezeichnet sein. Zudem müssen die tatsächlichen Umstände, welche den Verstoß begründen sollen, substantiiert dargetan und darüber hinaus dargestellt werden, inwieweit die angefochtene Entscheidung auf diesem Verfahrensmangel beruhen kann (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 4). Dabei ist zu beachten, dass ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG gestützt werden kann und dass die Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 103 SGG nur statthaft ist, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG ).

Der Kläger rügt die Verletzung seines rechtlichen Gehörs. Eine solche Verletzung liegt insbesondere dann vor, wenn das Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen, nicht nachgekommen ist (vgl BVerfGE 25, 137 , 140; 34, 344, 347) oder sein Urteil auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützt, zu denen sich die Beteiligten nicht haben äußern können (vgl Senatsbeschlüsse vom 4.8.2004 - B 13 RJ 167/03 B - Juris RdNr 8; vom 20.8.2008 - B 13 R 217/08 B - Juris RdNr 5). Das Gebot der Wahrung des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht regelmäßig nur dazu, die Ausführungen von Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Es ist erst verletzt, wenn sich klar ergibt, dass das Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung gar nicht erwogen worden ist (vgl BVerfGE 65, 293 , 295 f mwN = SozR 1100 Art 103 Nr 5 S 3 f; BSG Beschluss vom 16.1.2007 - B 1 KR 133/06 B - Juris RdNr 4 mwN). Andererseits muss sich ein Gericht nicht ausdrücklich mit jedem Beteiligtenvorbringen auseinandersetzen, wenn sich aus der Entscheidung zweifelsfrei ergibt, dass es das Vorbringen auch ohne explizite Erwähnung für unerheblich gehalten hat (vgl BSG Beschluss vom 16.1.2007 - B 1 KR 133/06 B - Juris RdNr 4; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG , 11. Aufl 2014, § 136 RdNr 7a mwN).

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe hat der Kläger eine Gehörsrüge nicht hinreichend bezeichnet, wenn er vorträgt, das LSG habe sich nicht mit dem von ihm "geltend gemachten Status" auseinandergesetzt. Es habe sich allein mit "dem angeblichen Vertriebenenstatus des Klägers im Sinne des § 1 BVFG befasst", ohne dabei zu beachten, dass er "nicht einen originären Vertriebenenstatus" geltend mache, "sondern den sogenannten 'Gilt-Vertriebenen'-Status". Mit diesem Vorbringen rügt der Kläger im Kern jedoch die vermeintlich fehlerhafte Rechtsanwendung des LSG, die darin liegen soll, dass das Berufungsgericht seiner Ansicht nach versäumt habe, seinen Vertriebenenstatus - umfassend - zu prüfen. Hierauf kann jedoch eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden. Ungeachtet dessen ist dem Senat eine weitere Prüfung, ob das Urteil auf dem behaupteten Verfahrensmangel beruht, bereits deshalb nicht möglich, weil der Kläger die Tatsachenfeststellungen des LSG nicht in nachvollziehbarer und verständlicher Weise darlegt, sondern allenfalls bruchstückhaft Teile des festgestellten Sachverhalts wiedergibt. Die Beschwerdebegründung lässt daher eine Überprüfung der Entscheidungserheblichkeit des behaupteten Verfahrensfehlers nicht zu.

Soweit der Kläger ausführt, das "Gericht wäre verpflichtet gewesen, die Sache von Amts wegen insoweit aufzuklären", erfüllt sein Vortrag die Darlegungsanforderungen für eine Sachaufklärungsrüge (s hierzu BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5) schon deshalb nicht, weil er in der Beschwerdebegründung bereits keinen bis zuletzt vor dem LSG aufrechterhaltenen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag bezeichnet hat.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

Die nicht formgerecht begründete Beschwerde ist gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Baden-Württemberg, vom 26.01.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 7 R 3329/16
Vorinstanz: SG Freiburg, vom 12.08.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 11 R 243/16