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BSG - Entscheidung vom 29.11.2017

B 8 SO 21/17 B

Normen:
SGB I § 48 Abs. 1
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3
SGG § 55 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4

BSG, Beschluss vom 29.11.2017 - Aktenzeichen B 8 SO 21/17 B

DRsp Nr. 2018/1047

Abzweigung von laufenden Ansprüchen auf Arbeitslosenhilfe Verfahrensrüge Feststellungsklage Hinweispflicht des Gerichts

Allein die Behauptung, eine Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG anstelle der vom LSG geprüften Klage nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 SGG hätte Erfolg gehabt, genügt noch nicht zur Begründung einer Hinweispflicht des Gerichts.

Die Beschwerde des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Februar 2017 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGB I § 48 Abs. 1 ; SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ; SGG § 55 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 ;

Gründe:

I

Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer behördlichen Verfahrenshandlung.

Die Beklagte hat am 6.3.2002 bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) die Abzweigung von laufenden Ansprüchen des Klägers auf Arbeitslosenhilfe mit der Begründung beantragt, er komme seinen Unterhaltspflichten gegenüber seiner Ehefrau und seinen Kindern nicht nach (§ 48 Abs 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil [SGB I]). Der Kläger, der den daraufhin von der BA erlassenen Abzweigungsbescheid (vom 26.9.2002) mit Erfolg angefochten hat (Urteil des Sozialgerichts [SG] Dortmund vom 16.10.2006), wendet sich nunmehr noch gegen die Beklagte, weil er sich durch deren Verwaltungshandeln gegenüber der BA diskriminiert und beleidigt sieht. Die Klage hat keinen Erfolg gehabt (Urteil des SG vom 4.3.2016; Urteil des Landessozialgerichts [LSG] Nordrhein-Westfalen vom 16.2.2017). Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, es verstehe das Vorbringen des Klägers als Klage auf Feststellung bzw Erklärung der Nichtigkeit des Abzweigungsantrags der Beklagten vom 6.3.2002 und auf Feststellung, dass die Beklagte ihn mit der behördlichen Maßnahme vom 6.3.2002 in seinen Rechten verletzt habe. Die Klage sei aber schon unzulässig, weil der Antrag der Beklagten auf Abzweigung nicht als Verwaltungsakt zu qualifizieren sei; die Feststellung der Nichtigkeit einer unselbständigen behördlichen Verfahrenshandlung sei rechtlich nicht möglich.

Mit seiner Beschwerde macht der Kläger einen Verfahrensfehler geltend; das LSG habe gegen die ihm obliegenden Hinweispflichten (§ 106 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) verstoßen.

II

Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Bezeichnung eines Verfahrensfehlers.

Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24 , 36). Diesen Anforderungen genügt das Vorbingen des Klägers nicht.

Den Verfahrensfehler, das LSG hätte darauf hinwirken müssen, dass der Kläger einen Feststellungsantrag nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG stelle (§ 106 Abs 1 SGG ; vgl dazu Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 585 ff), hat der Kläger nicht ausreichend bezeichnet. Allein die Behauptung, eine Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG anstelle der vom LSG geprüften Klage nach § 55 Abs 1 Nr 4 SGG hätte Erfolg gehabt, genügt noch nicht zur Begründung einer Hinweispflicht des Gerichts. Ausgehend von der für das Vorliegen eines Verfahrensmangels allein maßgebenden Auffassung des LSG, der Abzweigungsantrag stelle keine Regelung der Beklagten gegenüber dem Kläger dar und unterliege als unselbstständige Verfahrenshandlung nicht der isolierten Anfechtung, hätte es eingehender Darlegungen dazu bedurft, weshalb sich aus Sicht des LSG der Hinweis an den Kläger hätte aufdrängen müssen, es sei ein Rechtsverhältnis iS des § 55 Abs 1 Nr 1 SGG betroffen. Nähere Ausführungen dazu, um welche (vergangene) Rechtsbeziehung im Verhältnis der Beklagten zum Kläger es sich hier hätte handeln sollen, fehlen aber. Soweit der Kläger ausführt, mit seiner Auslegung von § 56a SGG verstoße das LSG gegen das Gebot des effektiven Rechtsschutzes aus Art 19 Abs 4 Grundgesetz ( GG ), rügt er im Kern lediglich die Fehlerhaftigkeit der Entscheidung im Ergebnis, nicht aber das Zustandekommen dieser Entscheidung in verfahrensfehlerhafter Weise.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Nordrhein-Westfalen, vom 16.02.2017 - Vorinstanzaktenzeichen L 9 SO 197/16
Vorinstanz: SG Dortmund, vom 04.03.2016 - Vorinstanzaktenzeichen S 41 SO 3/15