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BGH - Entscheidung vom 12.10.2017

IX ZB 64/14

Normen:
Deutsch-israelischer Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag Art. 15 Abs. 1
Deutsch-israelischer Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag Art. 15 Abs. 1
Deutsch-israelischer Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag Art. 10
Deutsch-israelischer Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag Art. 15 Abs. 1
Deutsch-israelischer Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag Art. 16 Abs. 1

Fundstellen:
MDR 2018, 623
ZInsO 2017, 2766

BGH, Beschluss vom 12.10.2017 - Aktenzeichen IX ZB 64/14

DRsp Nr. 2017/16759

Zulassung eines israelischen Urteils zur Zwangsvollstreckung; Erforderlicher Nachweis zum Eintritt der Rechtskraft und zur Vollstreckbarkeit der Entscheidung; Beseitigung verfahrensrechtlicher Hindernisse bei der Vollstreckung ausländischer Urteile

a) Sind die von Art. 15 Abs. 1 des Vertrages geforderten formellen Nachweise nicht beigebracht, kann das Gericht allein deswegen die Zulassung eines israelischen Urteils zur Zwangsvollstreckung versagen.b) Im Beschwerdeverfahren kann das Gericht auch ohne Beibringung der von Art. 15 Abs. 1 des Vertrages geforderten formellen Nachweise eine israelische Entscheidung zur Zwangsvollstreckung zulassen, wenn es sich aufgrund anderweitiger tragfähiger Feststellungen die Überzeugung davon verschafft, dass die Zulassungsvoraussetzungen nach Art. 10 des Vertrages vorliegen.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 22. August 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 95.085 € festgesetzt.

Normenkette:

Deutsch-israelischer Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag Art. 10; Deutsch-israelischer Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag Art. 15 Abs. 1; Deutsch-israelischer Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag Art. 16 Abs. 1;

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Vollstreckbarerklärung eines Urteils des Amtsgerichts Tel Aviv-Jaffa vom 19. Oktober 2008 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 30. November 2008 nach dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 20. Juli 1977 (BGBl. 1980 II S. 925 , nachfolgend: Vertrag). Auf ihren zuletzt eingeschränkten Antrag hat das Landgericht eine Teilvollstreckungsklausel erteilt.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

Die gemäß Art. 11 des Vertrages in Verbindung mit § 15 Abs. 1 , § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d AVAG in der Fassung vom 3. Dezember 2009 (BGBl. 2009 I S. 3830 ff; im Folgenden: AVAG ), § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

1. Das Beschwerdegericht, dessen Beschluss in IPRspr. 2014, Nr. 245, S. 635 ff veröffentlicht ist, hat ausgeführt: Beachtliche Verstöße gegen die formellen Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 des Vertrages seien nicht gegeben. Selbst wenn bei der Erstellung der Nachweise - wie die Antragsgegnerin geltend mache - gegen Bestimmungen des israelischen Rechts verstoßen worden sei, bestehe jedenfalls kein Vollstreckungshindernis. Denn die Antragsgegnerin habe keine substantiierten Einwendungen gegen die Authentizität der Entscheidung, gegen deren Rechtskraft oder gegen deren Vollstreckbarkeit vorgebracht. Es liege auch kein durchgreifender Verstoß gegen Art. 15 Abs. 1 Nr. 5 des Vertrages vor. Die Kenntnis der Antragsgegnerin vom Inhalt der Entscheidung ergebe sich aus ihren Einlassungen und aus der erfolglosen Einlegung eines Rechtsmittels in Israel. Einwände mit Blick auf Art. 15 Abs. 1 Nr. 7 des Vertrages griffen ebenfalls nicht durch, denn die Richtigkeit der eingereichten Übersetzungen sei von einem in Israel zugelassenen Notar bescheinigt worden. Jedenfalls trage die Antragsgegnerin keine substantiierten Einwände gegen die Qualität der Übersetzung vor.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen belegen nicht, dass die Voraussetzungen für eine Vollstreckbarerklärung vorlagen.

a) Entscheidungen israelischer Gerichte sind gemäß Art. 10 des Vertrages in Deutschland zur Zwangsvollstreckung zuzulassen, wenn sie in Israel vollstreckbar und in Deutschland nach den Bestimmungen des zweiten Abschnitts des Vertrages anzuerkennen sind. Nach Art. 3 des Vertrages werden die in Zivil- und Handelssachen über Ansprüche der Parteien ergangenen Entscheidungen, die nicht mehr mit einem ordentlichen Rechtsmittel angefochten werden können, anerkannt. Entscheidungen, die noch nicht rechtskräftig sind, werden zwar ebenfalls zur Zwangsvollstreckung zugelassen, jedoch sind nur solche Maßnahmen zulässig, die der Sicherung des betreibenden Gläubigers dienen (Art. 21 des Vertrages).

b) Bei der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung der Zwangsvollstreckung hat sich das angerufene Gericht gemäß Art. 16 Abs. 1 des Vertrages auf die Prüfung zu beschränken, ob die nach Art. 15 des Vertrages erforderlichen Urkunden beigebracht sind und ob einer der in Art. 5 oder 6 Abs. 2 des Vertrages genannten Versagungsgründe vorliegt. Liegen keine Versagungsgründe vor und sind die erforderlichen Urkunden beigebracht, darf die Vollstreckbarerklärung folglich nicht versagt werden. Der Entscheidung des Beschwerdegerichts lässt sich indes nicht entnehmen, dass die in Art. 15 des Vertrages genannten Unterlagen vorlagen.

aa) Soweit die Antragsgegnerin allerdings das Fehlen eines Zustellungsnachweises im Sinne von Art. 15 Abs. 1 Nr. 5 des Vertrages beanstandet, kann sie nicht durchdringen. Zwar ist nicht festgestellt, dass die Antragstellerin eine Urkunde über die Zustellung des Urteils nach israelischem Recht vorgelegt hat. Aber das Urteil, für das die Antragstellerin die Zulassung der Zwangsvollstreckung begehrt, wurde der Antragsgegnerin ausweislich der Postzustellungsurkunde am 6. August 2013 gemäß § 10 Abs. 1 AVAG jedenfalls gemeinsam mit dem die Vollstreckbarkeit anordnenden Beschluss des Landgerichts zugestellt. Ihr stand zwischen der Zustellung und der Entscheidung des Beschwerdegerichts vom 22. August 2014 ausreichend Zeit für eine freiwillige Erfüllung des titulierten Anspruchs zur Verfügung. Dies genügt den formellen Anforderungen des Vertrages.

Die Zustellung soll gewährleisten, dass die Zulassung zur Zwangsvollstreckung nur beantragt werden kann, wenn der Schuldner von dem Urteil Kenntnis erlangt und vor der Vollstreckung Gelegenheit hatte, dem Urteil freiwillig nachzukommen (Denkschrift zum Vertrag, BT-Drucks. 8/3866, S. 17 zu Art. 15). Dieser - mit Art. 47 Nr. 1 Fall 2 EuGVÜ übereinstimmende - Zweck des Zustellungsnachweises wird sowohl durch eine Zustellung nach dem Recht des Entscheidungsstaats, etwa zum Zwecke der verfahrensabschließenden Bekanntgabe der Entscheidung, als auch durch eine Zustellung nach dem Recht des Vollstreckungsstaats erreicht. Weil das deutsche Beschwerderecht es dem Gläubiger erlaubt, die beizubringende Urkunde über die Zustellung der zu vollstreckenden Entscheidung noch im Rechtsbehelfsverfahren vorzulegen (vgl. zum EuGVÜ EuGH, Urteil vom 14. März 1996, C-275/94, Van der Linden, Slg. 1996, I-1393 Rn. 14, 16 und 19), bleibt eine Beschwerde des Schuldners erfolglos, wenn diesem der Titel gemeinsam mit dem die Vollstreckbarkeit anordnenden Beschluss zugestellt wird (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2004 - IX ZB 53/03, NJW-RR 2005, 295 , 296). Das gilt wegen der inhaltlichen Orientierung der Vertragsregelungen am EuGVÜ (vgl. BGH, Beschluss vom 18. September 2001 - IX ZB 75/99, WM 2001, 2121 , 2123; vom 9. Oktober 2014 - IX ZB 46/13, IPRspr 2014, Nr. 237b, 604 Rn. 8) vorliegend in gleicher Weise. Ein Zustellungsnachweis im Sinne von Art. 15 Abs. 1 Nr. 5 des Vertrages ist damit als geführt anzusehen.

bb) Ob indes die weiteren Nachweise im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 und Nr. 7 des Vertrages beigebracht sind, lässt das Beschwerdegericht offen. Von deren Vorliegen kann der Senat nicht ausgehen.

Nach Art. 15 Abs. 1 Nr. 1 des Vertrages ist eine von dem Gericht des Entscheidungsstaates hergestellte beglaubigte Abschrift der Entscheidung beizubringen. Hieraus ergibt sich, dass die beglaubigte Abschrift in der in Israel vorgeschriebenen Form einzureichen ist (vgl. Denkschrift zum Vertrag, aaO S. 16 zu Art. 15; Grundsatz des locus regit actum). Die israelischen Rechtsvorschriften bestimmen auch, wie der gemäß Art. 15 Abs. 1 Nr. 2 und 3 des Vertrages erforderliche Nachweis zum Eintritt der Rechtskraft und zur Vollstreckbarkeit der Entscheidung zu erbringen ist. Denn aus diesen Vorschriften ergibt sich, ob die Entscheidung in Israel als Entscheidungsstaat nicht mehr mit ordentlichen Rechtsmitteln anfechtbar (Art. 10 Nr. 2, Art. 3 des Vertrages) und ob sie dort vollstreckbar ist (Art. 10 Nr. 1, Art. 15 Abs. 1 Nr. 3 des Vertrages). Hierzu verhält sich die Beschwerdeentscheidung nicht. Die Antragsgegnerin hat eine Verletzung der für die Herstellung dieser Urkunden maßgeblichen israelischen Verfahrensvorschriften unter Vorlage einer gutachterlichen Stellungnahme gerügt. Diese hat das Beschwerdegericht für nicht maßgeblich erachtet, Feststellungen zum Inhalt und zur Einhaltung des relevanten israelischen Rechts hat es nicht getroffen. Unklar bleibt auch, ob die vorgelegten Übersetzungen von einem israelischen Notar als richtig bescheinigt wurden, der - wie es Art. 15 Abs. 1 Nr. 7 des Vertrages erfordert - nach israelischem Recht dazu befugt war.

c) Das Beschwerdegericht war entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde allerdings nicht gehindert, auch ohne Beibringung der von Art. 15 Abs. 1 des Vertrages geforderten formalen Nachweise die Vollstreckung einer israelischen Entscheidung zuzulassen. Dies setzt jedoch anderweitige Feststellungen zum Vorliegen der maßgeblichen Voraussetzungen nach Art. 10 des Vertrages voraus. Die vom Beschwerdegericht gegebene Begründung genügt hierfür nicht.

aa) Die Beibringung der von Art. 15 Abs. 1 des Vertrages geforderten Nachweise ist keine Voraussetzung dafür, dass eine israelische Gerichtsentscheidung zur Zwangsvollstreckung zugelassen werden kann.

(1) Die Voraussetzungen, unter denen israelische Entscheidungen zur Zwangsvollstreckung zugelassen werden, legt Art. 10 des Vertrages fest (vgl. Denkschrift BT-Drucks. 8/3866 S. 16). Es muss sich um die Entscheidung eines Gerichts (im Sinne der Art. 1 und Art. 2 des Vertrages) handeln, diese Entscheidung muss im Urteilsstaat vollstreckbar sein (Art. 10 Nr. 1 des Vertrages) und sie muss in Deutschland anzuerkennen (im Sinne der Art. 3 bis 7 des Vertrages) sein. Aus Art. 9 des Vertrages ergibt sich, dass die Anerkennung automatisch und ohne besonderes Verfahren erfolgt, aus Art. 8 des Vertrages, dass die Anerkennung nur aus genau bestimmten, nämlich den in Art. 5 und Art. 6 Abs. 2 des Vertrages genannten Gründen, versagt werden darf.

(2) Die in Art. 15 Abs. 1 des Vertrages statuierte Beibringungspflicht rechnet damit nicht zu den stets notwendigen Voraussetzungen einer Vollstreckbarerklärung. Dies zeigt sich auch daran, dass zwar nach Art. 15 Abs. 1 Nr. 2 des Vertrages der Nachweis beizubringen ist, dass die Entscheidung, die zur Zwangsvollstreckung zugelassen werden soll, rechtskräftig ist. Die Rechtskraft einer Entscheidung ist indes keine Voraussetzung für die Zulassung der Zwangsvollstreckung. Vielmehr ergibt sich aus Art. 21 des Vertrages, dass auch bei nicht rechtskräftigen Entscheidungen eine - wenn auch im Umfang beschränkte - Zwangsvollstreckung zugelassen werden kann. Soweit nach Art. 15 Abs. 1 Nr. 6 des Vertrages ein Zustellungsnachweis bezüglich des verfahrenseinleitenden Schriftstücks zu erbringen ist, bezieht sich dies auf den Versagungsgrund nach Art. 5 Abs. 2 des Vertrages. Diesen Versagungsgrund darf das Gericht aber gemäß Art. 16 Abs. 1 des Vertrages uneingeschränkt prüfen. Es ist insoweit durch den formalen Zustellungsnachweis nicht gebunden.

(3) Aus der in Art. 16 Abs. 1 des Vertrages formulierten Beschränkung des Prüfungsumfangs ergibt sich nichts anderes. Ausgangspunkt ist auch insoweit der im Vertrag zum Ausdruck kommende Grundsatz, dass die gerichtlichen Entscheidungen im jeweils anderen Vertragsstaat regelmäßig zur Zwangsvollstreckung zuzulassen sind. Hinsichtlich des Verfahrensrechts für die Zulassungsentscheidung verweist Art. 11 des Vertrags ausdrücklich auf das Recht des Vollstreckungsstaates (vgl. auch BT-Drucks. 8/3867 S. 11 zum deutschen Ausführungsgesetz).

(a) Israel und Deutschland strebten mit dem Vertrag eine Verbesserung der gegenseitigen Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen gegenüber den bis dahin allein maßgeblichen innerstaatlichen Vorschriften an (vgl. Denkschrift zum Vertrag, BT-Drucks. 8/3866, S. 11). Israelischen Titelgläubigern stand zuvor nur das Klageverfahren nach den §§ 722 f ZPO zur Verfügung, das auf einen zweiten Prozess über mehrere Instanzen hinauslief, der sich nicht zuletzt wegen der Zulässigkeit aller Beweismittel als kostspielig, zeitraubend und damit wenig praxistauglich erwiesen hatte (vgl. Denkschrift zum EuGVÜ-Ausführungsgesetz, BT-Drucks. VI/1973, S. 49; Begründung zum AVAG , BT-Drucks. 11/351 S. 16; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 7. Aufl., Rn. 3125; Zöller/Geimer, ZPO , 31. Aufl., § 722 Rn. 36). Das israelische Vollstreckungsgesetz vom 10. Februar 1958 (in deutscher Übersetzung abgedruckt in JMBl. NRW 1959, S. 6 f) sah zwar ein Verfahren zur Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel vor. Dennoch erklärten israelische Gerichte nur vereinzelt deutsche Entscheidungen für vollstreckbar, was die Vertragsstaaten gleichfalls als unbefriedigend empfanden (Denkschrift zum Vertrag, aaO S. 11).

(b) Vor diesem Hintergrund dienen Art. 15, 16 Abs. 1 des Vertrages dazu, das Gericht bei seiner Entscheidung, ob die Zwangsvollstreckung zuzulassen ist, von der Prüfung zu entlasten, ob die in Art. 10 des Vertrages genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Entscheidung zur Zwangsvollstreckung tatsächlich vorliegen. Dem mit dem Antrag befassten Gericht wird die Grundlage für eine zügige und in einem vereinfachten Verfahren zu erlassende Entscheidung gegeben. Eine sachliche Nachprüfung der zu vollstreckenden Entscheidung soll nicht stattfinden. Insoweit greift die Regelung des Art. 16 Abs. 1 des Vertrages diese auch in Art. 8 Abs. 1 des Vertrages für die Anerkennung enthaltene vertragliche Grundregel (vgl. Denkschrift zum Vertrag, aaO S. 15 zu Art. 8, S. 17 zu Art. 16) auf. Das Gericht kann einerseits eine Vollstreckbarerklärung allein unter Hinweis auf nicht erbrachte Nachweise ablehnen. Umgekehrt - und dies bringt Art. 16 Abs. 1 des Vertrages zum Ausdruck (vgl. auch die Begründung zu § 7 des Ausführungsgesetzes, BT-Drucks. 8/3867 S. 12: "Die Prüfung ... darf sich ... nur darauf erstrecken ...") - wird die Prüfungskompetenz des Gerichts insofern beschränkt, als ohne Vorliegen von Anerkennungsversagungsgründen (Art. 5, 6 Abs. 1 des Vertrages) die Zulassung zur Zwangsvollstreckung nicht versagt werden darf, wenn die von Art. 15 Abs. 1 des Vertrages geforderten Nachweise erbracht sind.

(c) Art. 16 Abs. 1 des Vertrages schließt es nicht aus, dass Deutschland die Vollstreckung einer israelischen Entscheidung auch dann zulässt, wenn es hierzu durch den Vertrag nicht verpflichtet ist. Das entspricht einem allgemeinen völkerrechtlichen Grundsatz (vgl. Begründung zu § 1 AVAG BT-Drucks. 11/351, S. 18; bezogen auf ausländische Schiedssprüche Stein/Jonas/Schlosser, ZPO , 23. Aufl., Anhang zu § 1061 Rn. 134; für die Urteilsanerkennung BGH, Urteil vom 18. März 1987 - IVb ZR 24/86, NJW 1987, 3083 , 3084 unter 2. c) mwN). Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge zielen nicht auf eine Erschwerung, sondern auf eine Erleichterung der Anerkennung und Vollstreckung (BGH, aaO; BT-Drucks. 11/351, aaO) und auf die Beseitigung verfahrensrechtlicher Hindernisse bei der Vollstreckung ausländischer Urteil ab.

Das nach Art. 11 des Vertrages anzuwendende deutsche Verfahrensrecht ermöglicht es dem Beschwerdegericht, die Vollstreckungsvoraussetzungen und Versagungsgründe auf Betreiben und unter Beteiligung des Antragsgegners umfassend zu prüfen (vgl. zu § 13 des Ausführungsgesetzes zum Vertrag BT-Drucks. 8/3867, S. 14; Denkschrift zum Ausführungsgesetz zum EuGVÜ, BT-Drucks. VI/1973, S. 51; Begründung zu § 13 AVAG BT-Drucks. 11/351 S. 22). Das Beschwerdeverfahren ist als volle Tatsacheninstanz ausgestaltet (MünchKomm-ZPO/Lipp, 5. Aufl., § 572 Rn. 20 f mwN; Zöller/Heßler, ZPO , 31. Aufl., § 571 Rn. 2). Die Beteiligten haben die Möglichkeit, Tatsachen und Beweismittel umfassend vorzubringen (MünchKomm-ZPO/Lipp, aaO Rn. 21). Dem entspricht, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung dem Beschwerdegericht freigestellt ist und bei nicht einfach gelagerten Fällen mit gewissen Problemen (so zu § 13 des Ausführungsgesetzes zum Vertrag, BT-Drucks. 8/3867, S. 14) in Betracht kommen kann. Das Beschlussverfahren ist dann einem regulären Zivilprozess angenähert, wie sich auch in der Verpflichtung der Parteien zeigt, sich ab der Anordnung der mündlichen Verhandlung von einem Rechtsanwalt vertreten zu lassen (§ 13 Abs. 2 AVAG ).

bb) Hiervon ausgehend ist es dem Beschwerdegericht möglich, seine Überzeugung vom Vorliegen der - vom Antragsteller gegebenenfalls zu beweisenden - Zulassungsvoraussetzungen im Sinne von Art. 10 des Vertrages nach dem Maßstab des § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO in freier Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen zu gewinnen und die notwendigen Feststellungen zum Inhalt des israelischen Rechts zu treffen. Diesem Maßstab wird die Entscheidung des Beschwerdegerichts nicht gerecht.

(1) Verzichtet das Beschwerdegericht - wie hier - auf das Vorliegen der Nachweise des Art. 15 Abs. 1 des Vertrages, muss es aus anderen Quellen die volle richterliche Überzeugung davon gewinnen, dass eine Entscheidung eines israelischen Gerichts (im Sinne der Art. 1 und Art. 2 des Vertrages) mit dem behaupteten Inhalt existiert und - soweit für den Umfang der Zwangsvollstreckung von Bedeutung - rechtskräftig ist. Es muss ferner die Überzeugung gewinnen, dass diese Entscheidung in Israel nach dortigem Recht vollstreckbar ist, mithin die dort geltenden Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen erfüllt sind (Art. 10 Nr. 1 des Vertrages). Hierfür werden regelmäßig Feststellungen zum Inhalt des israelischen Rechts zu treffen sein (§ 293 ZPO ).

Die Beschwerdeentscheidung genügt diesem Prüfungsmaßstab nicht und erweist sich als lückenhaft. Die Überzeugung vom Vorliegen eines zur Zwangsvollstreckung zuzulassenden israelischen Urteils wird allein darauf gestützt, dass die von der Antragsgegnerin erhobenen Einwände im Hinblick auf das Beibringungserfordernis nach Art. 15 Abs. 1 des Vertrages lediglich formaler Art seien. Feststellungen zum israelischen Recht fehlen. Damit verabsäumt es das Beschwerdegericht, Feststellungen zum behaupteten Urteil und insbesondere zu den Voraussetzungen einer Vollstreckbarkeit gerichtlicher Entscheidungen in Israel zu treffen. Es nimmt nicht in den Blick, dass die erhobenen Einwände - etwa dazu, dass der Rechtskraftvermerk von einer hierfür unzuständigen Person angebracht worden sei - auch die Voraussetzungen nach Art. 10 Abs. 1 des Vertrages berühren können.

3. Der angefochtene Beschluss kann deshalb keinen Bestand haben und ist aufzuheben (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO ). Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil noch weitere Feststellungen zu treffen sind.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin: Will das Beschwerdegericht prüfen, ob die Antragstellerin die nach Art. 15 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Vertrages erforderlichen Urkunden beigebracht hat, wird es die Frage einer ordnungsgemäßen Errichtung der Urkunden nach dem israelischen Recht, gegebenenfalls unter Einholung eines Rechtsgutachtens, zu klären haben. Der Antragstellerin ist es indes unbenommen, unter Beachtung des Art. 15 Abs. 1 Nr. 7 des Vertrages neue Urkunden einzureichen, welche den von der Antragsgegnerin geäußerten Bedenken Rechnung tragen. Art. 15 Abs. 1 des Vertrages formuliert kein unnachholbares Antragserfordernis, maßgeblich ist vielmehr, ob zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung oder zum Schluss einer gegebenenfalls anberaumten mündlichen Verhandlung der von Art. 15 Abs. 1 des Vertrages geforderte Nachweis zur Überzeugung des Gerichts erbracht ist.

Will sich das Berufungsgericht die Überzeugung vom Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 10 des Vertrages verschaffen, ohne den Einwänden der Antragsgegnerin, soweit sie sich gegen die von der Antragstellerin erbrachten Nachweise gemäß Art. 15 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 und 7 des Vertrages richten, nachzugehen, bedarf es hierzu anderweitiger tragfähiger Feststellungen. Insbesondere wird dann zu prüfen sein, ob die von der Antragstellerin vorgelegte Entscheidung tatsächlich so existiert, vollstreckbar und gegebenenfalls rechtskräftig ist.

Vorinstanz: LG Karlsruhe, vom 18.07.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 11 O 54/12
Vorinstanz: OLG Karlsruhe, vom 22.08.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 8 W 64/13
Fundstellen
MDR 2018, 623
ZInsO 2017, 2766