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BGH - Entscheidung vom 30.01.2017

AnwZ (Brfg) 61/16

Normen:
VwGO § 124 Abs. 2
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7
ZPO § 882b

BGH, Beschluss vom 30.01.2017 - Aktenzeichen AnwZ (Brfg) 61/16

DRsp Nr. 2017/2419

Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls; Eintragung des Rechtsanwalts in das Schuldnerverzeichnis

Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens abzustellen. Die Beurteilung danach eingetretener Entwicklungen ist einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten. Befand sich der Rechtsanwalt zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids in Vermögensverfall, ist der Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht zu beanstanden.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 17. Oktober 2016 an Verkündungs statt zugestellte Urteil des II. Senats des Anwaltsgerichtshofs Baden-Württemberg wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Normenkette:

VwGO § 124 Abs. 2 ; BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7 ; ZPO § 882b;

Gründe

I.

Der Kläger ist seit dem 18. Dezember 1995 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom 15. Oktober 2015 widerrief die Beklagte die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ). Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Widerspruchsabteilung der Beklagten mit dem Kläger am 4. Februar 2016 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2016 zurück. Die gegen den Widerrufsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids gerichtete Klage hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen. Der Kläger beantragt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO ist nicht gegeben (vgl. § 112e Satz 2 BRAO , § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO ). Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht (§ 112e Satz 2 BRAO , § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ). Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2011 - AnwZ (Brfg) 30/11, NJW-RR 2012, 189 Rn. 5 mwN). Daran fehlt es.

Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist nach der mit Wirkung ab 1. September 2009 erfolgten Änderung des Verfahrensrechts allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens, also auf den Erlass des Widerspruchsbescheids oder - wenn das nach neuem Recht grundsätzlich vorgeschriebene Vorverfahren entbehrlich ist - auf den Ausspruch der Widerrufsverfügung abzustellen; die Beurteilung danach eingetretener Entwicklungen ist einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 9 ff. und vom 10. März 2014 - AnwZ (Brfg) 77/13, [...] Rn. 3 mwN).

Der Kläger hat sich zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids vom 2. Februar 2016 in Vermögensverfall befunden. Zu diesem Zeitpunkt bestanden nach den Feststellungen des Anwaltsgerichtshofs in dem vom Vollstreckungsgericht zu führenden Verzeichnis (§ 882b ZPO ) sieben den Kläger betreffende Eintragungen mit der Folge, dass der Eintritt des Vermögensverfalls vermutet wird (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ). Ein Rechtsanwalt, der im Schuldnerverzeichnis eingetragen ist, muss zur Widerlegung der Vermutung des Vermögensverfalls ein vollständiges und detailliertes Verzeichnis seiner Gläubiger und Verbindlichkeiten vorlegen und konkret darlegen, dass seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse nachhaltig geordnet sind (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 14. Oktober 2014 - AnwZ (Brfg) 22/14, [...] Rn. 5 und vom 6. Februar 2014 - AnwZ (Brfg) 83/13, BRAK-Mitt. 2014, 164 Rn. 5; jeweils mwN).

Dies hat der Kläger nicht getan. Insbesondere hat er kein vollständiges Verzeichnis seiner Verbindlichkeiten vorgelegt. Dementsprechend kann nicht beurteilt werden, ob - wie der Kläger vorträgt - die Forderungen, derentwegen die Eintragungen in das Schuldnerverzeichnis erfolgten, "verhältnismäßig geringfügig" sind. Im Übrigen spricht der Umstand, dass es der Kläger sogar wegen vergleichsweise geringer Verbindlichkeiten zu Zwangsvollstreckungsmaßnahmen hat kommen lassen, nicht gegen, sondern für einen Vermögensverfall (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 27. Juli 2015 - AnwZ (Brfg) 26/15, [...] Rn. 3 mwN). Gerade auch deshalb war es - entgegen der Auffassung des Klägers seitens der Beklagten veranlasst und keineswegs unverhältnismäßig, den Kläger nicht nur zu den der Beklagten bekannten Forderungen anzuhören, sondern ihn - wie mit Schreiben vom 10. August 2015 und 22. September 2015 geschehen - zu einer detaillierten Darlegung seiner Vermögenssituation einschließlich des Standes seiner Verbindlichkeiten aufzufordern.

Bei dem streitgegenständlichen Widerruf handelt es sich nicht um eine Ermessensentscheidung der Beklagten. Da die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO vorlagen, musste die Beklagte die Zulassung des Klägers widerrufen. Der Kläger erkennt insofern zutreffend, dass er, sollten seine Vermögensverhältnisse nach dem maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2016 wieder geordnet sein, den Weg des Wiederzulassungsverfahrens zu beschreiten hat.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO , § 154 Abs. 2 VwGO , die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO .

Vorinstanz: AnwGH Baden-Württemberg, vom 17.10.2016 - Vorinstanzaktenzeichen AGH 2/16 II