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BGH - Entscheidung vom 13.07.2017

I ZR 19/17

Normen:
ZPO § 78b Abs. 1

BGH, Beschluss vom 13.07.2017 - Aktenzeichen I ZR 19/17

DRsp Nr. 2017/12282

Voraussetzungen für die Beiordnung eines Notanwalts; Scheitern der Vertretungsbereitschaft eines beim Bundesgerichtshof (BGH) zugelassenen Rechtsanwalts an der unterbliebenen Zahlung des Vorschusses durch den Mandanten; Bestellung eines Notanwalts im Falle einer späteren Mandatsniederlegung

Tenor

Der Antrag der Beklagten, ihr zur Wahrnehmung ihrer Rechte gemäß § 78b ZPO einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 1. Dezember 2016 wird auf Kosten der Beklagten verworfen.

Streitwert: 50.000 €.

Normenkette:

ZPO § 78b Abs. 1 ;

Gründe

I. Die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Notanwalts gemäß § 78b Abs. 1 ZPO sind nicht erfüllt.

Nach der genannten Vorschrift kann einer Partei ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Voraussetzung hierfür ist zunächst, dass die Partei trotz zumutbarer Anstrengungen einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht gefunden und ihre entsprechenen Bemühungen dem Gericht substantiiert dargelegt und nachgewiesen hat (BGH, Beschluss vom 22. August 2011 - IV ZR 77/11, [...] Rn. 5; Beschluss vom 19. Oktober 2011 - I ZR 98/11, [...] Rn. 2). Scheitert die Vertretungsbereitschaft eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts an der unterbliebenen Zahlung des Vorschusses durch den Mandanten, so kommt die Bestellung eines Notanwalts nicht in Betracht (BGH, Beschluss vom 13. April 1994 - XII ZR 222/93 - BGHR ZPO § 78 b Vertretungsbereitschaft 1; Beschluss vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 219/99, [...] Rn. 2). Die Vorschrift des § 78b ZPO hat nicht den Sinn, einer Partei die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts ohne Vorschusszahlung oder sonstige Honorarsicherung zu ermöglichen (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Oktober 2012 - XI ZR 216/12, [...] Rn. 2). Hat eine Partei zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden und entsprechend mandatiert, so kommt im Falle einer späteren Mandatsniederlegung die Bestellung eines Notanwalts nur dann in Betracht, wenn die Partei die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Februar 2017 - IX ZR 113/16, ZInsO 2017, 968 Rn. 4).

Die Beklagte hatte zunächst die Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof Dr. M. und Dr. R. mit der Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde beauftragt. Diese haben mittlerweile das Mandat niedergelegt. Die Beklagte hat mitgeteilt, dass Grund für die Mandatsniederlegung die nicht rechtzeitige vollständige Gebührenzahlung war. Unter diesen Umständen fehlt es an einer die Bestellung eines Notanwalts rechtfertigenden Notlage. Vielmehr hat die Beklagte die Mandatsbeendigung zu vertreten.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist auf Kosten der Beklagten als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht innerhalb der Frist des § 544 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO ) begründet worden ist.

Die durch die Beklagte am 11. Mai 2017 selbst erklärte Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde ist unwirksam. Die Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde unterliegt als Prozesshandlung dem Anwaltszwang des § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO (vgl. BGH, Beschluss vom 17. November 2016 - IX ZR 215/15, [...] Rn. 2; Beschluss vom 8. Mai 2012 - XI ZR 481/11, [...] Rn. 2).

Vorinstanz: LG Münster, vom 16.06.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 25 O 133/13
Vorinstanz: OLG Hamm, vom 01.12.2016 - Vorinstanzaktenzeichen I-4 U 92/15