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BGH - Entscheidung vom 10.05.2017

4 StR 167/17

Normen:
StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1

Fundstellen:
NStZ-RR 2018, 35
StV 2019, 106

BGH, Beschluss vom 10.05.2017 - Aktenzeichen 4 StR 167/17

DRsp Nr. 2017/7932

Überprüfung der Verurteilung wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung; Feststellungen zur Beschaffenheit der von dem Angeklagten bei Bedrohung des Erpressungsopfers eingesetzten Schreckschusswaffe; Zuordnung einer geladenen Schreckschusspistole zum Waffenbegriff

Eine Entscheidung ist revisionsrechtlich zu beanstanden, wenn es das Tatgericht unterlassen hat, nähere Feststellungen zur Beschaffenheit der von dem Angeklagten bei Bedrohung des Erpressungsopfers eingesetzten Schreckschusswaffe zu treffen. Eine geladene Schreckschusspistole unterfällt nur dann dem Waffenbegriff, wenn feststeht, dass beim Abfeuern der Waffe der Explosionsdruck nach vorn aus dem Lauf austritt und die Waffe deshalb nach ihrer Beschaffenheit geeignet ist, erhebliche Verletzungen hervorzurufen.

Tenor

1.

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Münster vom 3. Februar 2017 im Schuld- und Strafausspruch mit den Feststellungen zur Beschaffenheit der bei der Tat verwendeten Schreckschusswaffe aufgehoben; im Übrigen bleiben sämtliche Feststellungen bestehen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2.

Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Normenkette:

StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Die Anordnung einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt hat es abgelehnt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte ohne nähere Ausführungen die Verletzung sachlichen Rechts. Sein Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO .

Die Verurteilung wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Das Landgericht hat es rechtsfehlerhaft unterlassen, nähere Feststellungen zur Beschaffenheit der von dem Angeklagten bei Bedrohung des Erpressungsopfers eingesetzten Schreckschusswaffe zu treffen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterfällt eine geladene Schreckschusspistole nur dann dem Waffenbegriff des § 250 StGB , wenn feststeht, dass beim Abfeuern der Waffe der Explosionsdruck nach vorn aus dem Lauf austritt und die Waffe deshalb nach ihrer Beschaffenheit geeignet ist, erhebliche Verletzungen hervorzurufen (BGH, Beschluss vom 4. Februar 2003 - GSSt 2/02, BGHSt 48, 197 , 201; Beschluss vom 9. Februar 2010 - 3 StR 11/10, NStZ-RR 2010, 170 [Ls]). Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, werden diese Voraussetzungen des Qualifikationstatbestandes des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB vom Landgericht auch unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Urteilsgründe nicht belegt. Dem angefochtenen Urteil ist lediglich zu entnehmen, dass die Schreckschusswaffe mit "Knallpatronen" geladen war.

Danach kann der Senat nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen, dass der Angeklagte lediglich den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB verwirklicht und damit nur eine versuchte schwere räuberische Erpressung begangen hat.

Der Schuldspruch wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung gemäß §§ 255 , 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB und die dem nach § 23 Abs. 2 , § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 250 Abs. 2 StGB entnommene Strafe können deshalb nicht bestehen bleiben.

2. Von der Aufhebung werden aber nur die Feststellungen zur Beschaffenheit der Tatwaffe erfasst; hingegen können die Feststellungen im Übrigen bestehen bleiben, da sie von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Februar 2010 aaO). Mit Blick darauf kann auch die Entscheidung über die Ablehnung einer Unterbringungsanordnung von der Aufhebung ausgenommen werden. Diese weist auf der Grundlage der bindenden Feststellung keinen Rechtsfehler auf. Eine erneute Entscheidung ist daher wegen der insoweit eingetretenen (Teil-)Rechtskraft nicht mehr zu treffen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2017 - 4 StR 443/16).

Vorinstanz: LG Münster, vom 03.02.2017
Fundstellen
NStZ-RR 2018, 35
StV 2019, 106